Kultur in Dachau:Unterhaltsames Plädoyer für das Nachbarland Polen

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Matthias Kneip, Slawist, Polen-Kenner und Autor mehrere Bücher über das Land, las im Rahmen der Deutsch-Polnischen Kulturtage in der Dachauer Stadtbibliothek aus "111 Gründe Polen zu lieben". (Foto: Niels P. Jørgensen)

So viele Interessierte kommen in die Dachauer Stadtbücherei zur Lesung von Matthias Kneip, dass die Plätze ausgehen. Wer dabei ist, kommt in den Genuss eines lehrreichen und unterhaltsamen Abends.

Von Renate Zauscher, Dachau

Polen: Für viele Deutsche ist unser Nachbar im Osten Terra Incognita - ein weitgehend fremdes, unbekanntes Land. Einer, der das ändern will, ist Matthias Kneip: Der Slawist und Mitarbeiter am Polen-Institut in Darmstadt hat eine Reihe von Büchern zu dem Land verfasst, darunter eines mit dem Titel 111 Gründe Polen zu lieben. Im Rahmen der Deutsch-Polnischen Kulturtage, ein Projekt der Landkreispartnerschaft Dachau- Oswiecim, die heuer zum dritten Mal stattfanden, stellte Kneip sein Buch am vergangenen Freitag in der Stadtbücherei Dachau vor.

Das Interesse an der Veranstaltung war so groß, dass ein halbes Dutzend Besucher aus Platzmangel wieder heimgeschickt werden musste - zum großen Bedauern von Autor wie Veranstaltern. Diejenigen, die dabei sein konnten, durften sich glücklich schätzen: Der Abend mit Matthias Kneip war nicht nur höchst informativ, sondern auch ausgesprochen unterhaltsam. Das begann schon beim Einstieg ins Thema, als Kneip von seiner ersten Begegnung mit der polnischen Sprache erzählte. Die nämlich fand im Elternhaus statt. Wenn Vater und Mutter etwas besprechen wollten, was vor den Kindern geheim gehalten werden sollte, dann sprachen sie Polnisch - was Matthias Kneip und seine Geschwister allerdings lange für eine ihnen unverständliche Form des Bairischen hielten. Die Eltern waren beide deutsche Oberschlesier, die als Kinder im Zuge eines staatlichen Verbots, deutsch zu sprechen, polonisiert worden waren und nach ihrer Ausreise nach Bayern die eigene, offenbar problematisch erlebte Zweisprachigkeit nicht an die Kinder weitergeben wollten.

Für den Titel wurde Autor Matthias Kneip anfangs ausgelacht

Kneip, der unter anderem Russisch studiert und sich Polnisch später selber beigebracht hat, arbeitete zeitweise an der Universität Oppeln und ist heute ein ausgewiesener Kenner des Landes, mit dem er sich in verschiedensten Publikationen beschäftigt hat. "111 Gründe Polen zu lieben"? Ein polnischer Freund lachte ihn aus, als Kneip ihm von seinem Projekt erzählte. Dabei, schreibt der Autor, in seinem 2015 erstmals erschienenen, inzwischen erweiterten und auch ins Polnische übersetzten Buch, lägen diese Gründe doch "überall herum" - für jeden sichtbar, der das Land einmal besucht habe. Die formvollendete Höflichkeit der Polen etwa, die enorme Gastfreundschaft, die Bereitschaft, auch einem völlig Fremden bei der Lösung eines Problems behilflich zu sein - um nur einige wenige Beispiele aus Kneips Buch zu nennen.

In Ergänzung der vorgetragenen Textstellen erzählte Matthias Kneip immer wieder sehr lebendig von persönlichen Eindrücken und Erlebnissen. Er sei überzeugt, sagte er, dass man anderen ein Land sehr viel besser über humorvolle Detailschilderungen näherbringen könne, als nur mit dem Blick auf Fakten oder auch auf die Politik. Letztere sparte Kneip denn auch weitestgehend in seiner Lesung aus. Auf die Nachfrage aus dem Publikum, wie er zur nationalkonservativen Regierungspartei Prawo i Sprawiedliwość (Kurzbezeichnung PiS) stehe, antwortete Kneip zurückhaltend. Gleichwohl wurde seine Kritik an der Partei deutlich. Warum die PiS in Teilen der polnischen Bevölkerung nach wie vor Zuspruch erfährt, begründete er vor allem mit deren Sozialreformen.

Vor allem das Polen-Bild der jüngeren Generation möchte Kneip ändern

Sein Ziel sei, so Kneip, dass die Menschen nach einer Lesung mit ihm "mit einem Lächeln nach Hause gehen" und sich fragten, warum sie nicht schon längst selber einmal nach Polen gereist seien. Nicht nur in den Köpfen der Lesungsbesucher aber will der begeisterte Polen-Freund Kneip etwas ändern, sondern vor allem auch in denen der jungen Generation. Das will Kneip mit verschiedensten Projekten des Polen-Instituts erreichen: Mit einem "Polen-Mobil" etwa, das, für die Nutzer kostenfrei, in ganz Deutschland Schulen anfährt und dort spielerisch über das Land informiert, mit Vorträgen an Schulen und mit Informationsmaterial für Lehrer. Noch sei die Nachfrage im Raum München und Dachau gering, bedauert Kneip: Er würde sich sehr freuen über verstärktes Interesse seitens der Schulen.

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