Dachau:Der Sultan kehrt zurück

Es gibt Süßigkeiten für die Kinder und ehrerbietige Gesten für die Alten: Seit Sonntag feiern Muslime auf der ganze Welt das Ende der Fastenzeit mit dem Zuckerfest. Auch in Dachau.

Yasmin Öztürk

Ein Sultan und elf Untertanen: Im islamischen Mondkalender hat der Fastenmonat eine beherrschende Bedeutung. Er ist sozusagen der Sultan aller Monate. So empfinden es gläubige Muslime, die den Fastenmonat in großer Vorfreude, teilweise schon drei Monate vorher fastend entgegenfiebern. Dementsprechend wird dem Monat eine in der muslimischen Welt sehr große Heiligkeit zugesprochen, die in dem dreitägigen Ramadanfest mündet und das Ende der Fastenzeit markiert. Ein Besuch bei feiernden türkisch-muslimischen Jugendlichen in Dachau.

Dachau: Reine Männersache: das Abendgebet des Türkisch-Islamischen Vereins zum Fastenbrechen.

Reine Männersache: das Abendgebet des Türkisch-Islamischen Vereins zum Fastenbrechen.

(Foto: © joergensen.com)

Seit Sonntag wird in der muslimischen Welt das Ende der Fastenzeit, das dreitägige Ramadanfest, auch Zuckerfest genannt, gefeiert. Es ist vor allem ein Fest der Freude und der Geselligkeit, aber auch eines der Besinnung und Verpflichtung. "Das sogenannte Bayram ist die feierliche Verabschiedung des Ramadan", erklärt der 19-jährige Birkan Zabun. Die Zurückhaltung und das Maßhalten, das man während des Fastens erlernt hat, solle darin fortgeführt und erhalten werden. Wie auch die Bezeichnung nahe legt, wird das Fest in unmittelbarer Anlehnung an das Fasten gefeiert, also als das Fest des Fastenbrechens: "Das Fest bedeutet für mich eine Art Belohnung für das 30-tägige Fasten", sagt Yasin Çelik, der mit dem Fest die Gemeinsamkeit des Fastens aller Feierenden in den Mittelpunkt stellt.

Am Sonntag pünktlich um 7.01 Uhr in der Früh kamen in Dachau, wie auch überall auf der ganzen Welt, Gläubige zum Feiertagsgebet in die Moschee zusammen, womit auch der Beginn des Bayram eingeläutet wird. Die Uhrzeit des Gebets ist exakt nach Ort und Zeit festgelegt und orientiert sich am Sonnenaufgang. Das Gebet verrichten dürfen nur die Männer, die sich im Anschluss daran zum Feiertag beglückwünschen. Danach machen sie sich auf, um mit ihren Familien zu feiern. Denn das Fest ist in erster Linie ein Familienfest.

Das heißt vor allem den älteren und alten Mitgliedern der Familie sowie den Kindern wird eine große Bedeutung beigemessen: "Es ist die Freude, die man mit Älteren aber auch mit bedürftigen Menschen teilt, während man sie besucht", erklärt der 19-jährige Yasin Çelik, der gerade eine Ausbildung zum Informatikkaufmann macht. Auch die 20-jährige Nilüfer Denel betont, wie wichtig das "gegenseitige Besuchen", das "Beisammensein" und das "gemeinsame Essen" als wichtiger soziale Bestandteil des Festes sei.

Der Respekt vor dem Alter ist für alle drei Jugendlichen ein hohes Gut, denn es ist ein ungeschriebenes Gesetz und eine Selbstverständlichkeit für sie, dass die Jungen die alten Menschen zu Hause beehren, und ihnen zum Feiertag die Hand küssen. Seiner anderen Bezeichnung, der des Zuckerfestes, wird die Feier gerecht, durch die süßen Speisen und Süßigkeiten gerecht. In vielen Familien wird beispielsweise Baklava, ein in Sirup getränktes Blätterteiggebäck, gereicht und die Kinder mit reichlich viel Süßigkeiten beschenkt. Auch wenn es durch die zunehmende Anonymisierung in größeren Städten abnimmt, so hat es doch lange Tradition, dass Kinder am ersten Feiertag von Haustür zu Haustür gehen, um Süßigkeiten und Geldgeschenken einzusammeln.

Neben dem Miteinander ist auch die Versöhnung ein wichtiger Aspekt des Fests: "Jugendliche, die sich möglicherweise von der eigenen Familie entfernt haben, sollten den Festtag als Anlass zur Wiederannäherung nehmen", sowie auch die gute Gelegenheit nutzen, "sich wieder miteinander zu vertragen", meint die angehende Studentin der Soziologie, Nilüfer Denel.

Das Fasten stellt eines der Fünf Säulen des Islam dar, die die unabdingbaren Pflichten eines guten Muslims darstellen. Mit dem Beginn des Ramadanfestes wird auch zur nächsten Säule übergeleitet, nämlich der Abgabe der obligatorischen Almosensteuer an Bedürftige, die sich nach Verdienst und Vermögen des Einzelnen errechnet. Die weiteren drei Gebote beziehen sich generell auf das Leben eines guten Muslims, der sein Gebet verrichtet, sich zu seinem Glauben bekennt und auf Pilgerfahrt geht. Nach Eindruck der Jugendlichen akzeptiert die nichtmuslimische Mehrheit der Gesellschaft ihre religiösen Gepflogenheiten. Sie selber handhaben es umgekehrt genauso: "Wir sind offen für jede Art von Annäherung", betont Berufsoberschüler Birkan Zabun. "Unser Fest für jeden zugänglich, der mit uns mitfeiern möchte."

Dabei ist den drei Jugendlichen durchaus bewusst, dass es noch ein weiter Weg ist zu einem offenen Austausch. Aufklärungsarbeit und ein echter Dialog aller Akteure der Gesellschaft sei Voraussetzung dafür, dass das friedliche und tolerante Miteinander verschiedener Kulturen und Religionen glückt. Nilüfer, Yasin und Birkan tragen, so wie viele ihrer Altersgruppe, schon jetzt ihren Teil dazu bei.

Das Fest wird am Dienstag seinen Abschluss finden.

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