Dachau:Der Bus nach Himmelreich kommt gut an

Seit Jahren wünschen sich die Anwohner eine Anbindung an Bahnhof und Altstadt. Jetzt hat Dachau die Linie 718 eingerichtet.

Von Maximilian Böttcher

Auf großen Anklang stößt die neue Buslinie 718, die seit Ende vergangenen Jahres ihre Runde vom Dachauer Bahnhof, über den Stadtweiher und wieder zurück dreht. Seit Jahren wünschen sich die Anwohner des Stadtteils Himmelreich eine öffentliche Anbindung an den Bahnhof und die Altstadt. Noch ist der "Himmelreich-Bus" nur auf Probe unterwegs. Innerhalb der nächsten vier Jahre soll sich zeigen, ob die Linie wirtschaftlich genug ist, also ob ausreichend Fahrgäste den Bus frequentieren. Nach der Probezeit wird entschieden, ob die Linie 718 weiterhin bestehen bleibt. Außerdem können während des Probebetriebs noch einzelne Korrekturen, wie etwaige Verlegungen von Haltestellen, vorgenommen werden.

Bisher zeigen sich die Dachauer jedoch hellauf begeistert. Besonders für viele der etwa 3000 Einwohner des Stadtteils Himmelreich stellt die neue Nahverkehrsanbindung eine Bereicherung dar.

Zufriedene Stimmen

Kathleen Capuccini zum Beispiel muss jeden Tag vom Dachauer Bahnhof mit der S-Bahn zu ihrem Arbeitsplatz fahren. Sie wohnt aber im Himmelreichweg. Von dort aus fuhr früher nur ein Bus, der sie zwar zum Bahnhof brachte, aber eigentlich viel zu früh. Inzwischen hält der Bus mehr oder weniger direkt vor ihrer Haustür. Und wenn sie den ersten verpasst, bringt sie der nächste auch noch pünktlich ans Ziel. Sie könne sich außerdem gut vorstellen am Wochenende "öfters mal" mit dem 718-Bus in Richtung Altstadt zu fahren. Auch die Schüler Sophia und Markus freuen sich über die neue Linie. "Früher musste meine Mutter mich immer mit dem Auto zur Haltestelle fahren, aber jetzt kann ich einfach schnell zum Bus laufen", erzählt Markus. Und für Sophia gestaltet sich der Schulweg nun unkomplizierter.

Doch die fast 320 000 Euro, so viel kostet der Betrieb der Linie jährlich, kommen nicht nur den Bewohnern des Himmelreichs zugute. Für alle Dachauer, die den öffentlichen Nahverkehr nutzen, erschließt sich durch den 718-Bus auch das Naherholungsgebiet Schinderkreppe rund um den Stadtweiher. Besonders bei schönem Wetter laden die Wiesen und Wälder dort zu einem ausgedehnten Spaziergang in Dachau Süd ein.

Aus diesem Grund sitzen auch die zwei Rentnerinnen Anne-Marie Mielke und Christl Kirste im Bus. Sie nutzen die "Himmelreichlinie" in die umgekehrte Richtung. Sie wollen nicht aus dem Stadtteil raus, sondern kommen extra mit dem Bus, um am Stadtweiher spazieren zu gehen. "Das ist ideal mit der neuen Linie, dadurch bekommen wir Zugang zu ganz neuen Teilen von Dachau", schwärmt Anne-Marie Mielke. Für viele Bewohner des Himmelreichs ist der neue Bus jedoch nicht nur ein Sahnehäubchen, sondern Notwendigkeit. Sie fühlten sich lange Zeit abgehängt und abgeschnitten vom Dachauer Stadtkern.

Der Bus fährt im 40-Minuten-Takt

Durch die neue Linie 718 ergeben sich auch für Anwohnerin Beata Gillner-Piontek neue Möglichkeiten. Sie muss jeden Tag mit der S-Bahn zur Arbeit fahren, hat aber kein Auto, um zum Bahnhof zu gelangen. Hinzu kommt, dass sie noch ihren Sohn zur Schule bringen muss. Schon für jemanden, der nicht in so einem abgeschiedenen Stadtteil wie Himmelreich wohnt, wäre es schwierig, das alles unter einen Hut zu bringen. Lieber wäre es ihr natürlich, der Bus käme nicht nur alle 40 Minuten, sondern alle 20. Und sie hat noch einen Kritikpunkt: "Es ist schon vorgekommen, dass die Busse an der Haltestelle einfach nicht gehalten haben und man auf den nächsten Bus warten musste. Das ist natürlich ärgerlich, aber das sind bestimmt nur Anlaufschwierigkeiten. Die Fahrer müssen sich ja auch erst an die neue Strecke gewöhnen." Die "Himmelreicher" freuen sich so sehr über ihren neuen Bus, dass sie sogar Verständnis dafür haben, wenn sie einmal nicht mitgenommen werden. Die Stadtwerke Dachau stellten für den Betrieb der neuen Linie extra drei neue Busfahrer ein. Dass da zu Beginn dem ein oder anderen mal ein kleines Missgeschick unterläuft, scheint verzeihbar.

Auch Anneliese Haas möchte die Linie 718 in Zukunft öfters nutzen. "Die Lage der Haltestellen gefällt mir ausgesprochen gut", berichtet sie zufrieden. Sie wohnt am Stadtweiher und schafft es von dort aus in weniger als zehn Minuten zum Bahnhof. Einen Wunsch hat sie dann doch: "Ich würde mich sehr über ein kleines Licht an der Haltestelle freuen. Abends ist es dort stockfinster." Doch solche Kleinigkeiten sollten sich ja während des Probebetriebs noch beheben lassen.

Der jahrelange Kampf für die neue Buslinie scheint sich gelohnt zu haben. Nicht nur, dass es zu Stoßzeiten proppenvoll ist, nein, die Linie stößt auch durch die Bank auf breite Anerkennung.

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