Weihnachten und Naturschutz:Christbaumplantage statt Wald

Weihnachten und Naturschutz: Eine Weihnachtsbaumplantage im Dachauer Land nach der Pestizidbehandlung.

Eine Weihnachtsbaumplantage im Dachauer Land nach der Pestizidbehandlung.

(Foto: LBV Dachau)

30 Hektar Wald mussten allein im Landkreis Dachau für Christbaum-Plantagen weichen. Das zeigt eine Recherche des Bund Naturschutz. Das Gesetz erlaubt zwar eine solche Umnutzung. Doch damit gelangen Pestizide in bisher verschonte Naturgebiete.

Von Alexandra Vettori, Dachau

Der Endspurt beim Christbaumverkauf läuft. Doch ein Appell von Naturschützern stört die Freude auf Lichterglanz und Tannenduft: Sie raten, sich nicht den erstbesten Nadelbaum ins Wohnzimmer zu stellen, sondern auf Herkunft und Produktionsweise zu achten. Denn viele Bäume sind mit Pestiziden und anderen Chemikalien behandelt, die die Umwelt belasten. Hinzu kommt: In Bayern und konkret auch im Landkreis Dachau wird für Christbaum-Plantagen extra Wald gerodet. Das jedenfalls zeigt eine aktuelle Recherche des Bayerischen Bund Naturschutz (BN).

"Das ist nicht alles illegitim, aber es ist trotzdem grundfalsch", sagt Roderich Zauscher, der Dachauer BN-Kreisvorsitzende. Belegt mit Zeitbildreihen präsentierte der Umweltverband kürzlich konkrete Beispiele dafür, dass in Bayerns Wäldern regelmäßig Kahlschläge durchgeführt werden, um Christbaum-Plantagen anzulegen. Auch im Landkreis Dachau ist das passiert, auf drei Flächen mit insgesamt 30 Hektar. Sie liegen bei Röhrmoos, Sigmertshausen und Eisenhofen. Das an die 50 Jahre alte Waldgesetz verbiete das nicht. "An so einen Blödsinn hat nie jemand gedacht", so Zauscher. Jetzt aber fordert der BN eine Gesetzesänderung. Die Beispiele seien nur Stichproben, ließen aber auf gängige Praxis schließen, so der Umweltschutzverband.

"Intensive Plantagenwirtschaft hat im Wald nichts zu suchen", findet Roderich Zauscher, sie gefährde die Artenvielfalt, die Grundwasserbildung und die Naherholung, abgesehen von den Störungen durch das flächenmäßige Befahren mit schwerem Gerät und den Zäunen. Dazu würden in konventionellen Christbaum-Plantagen nicht nur regelmäßig Pestizide und Mineraldünger eingesetzt, sondern auch Wuchshemmer. Wuchshemmer, hat auch Zauscher jetzt erst gelernt, bringen manche Plantagen-Besitzer aus, um möglichst buschige Christbäume zu erhalten.

Dass die Rodung von Wald für Christbaumplantagen tatsächlich vom Waldgesetz gedeckt ist, bestätigt Stefan Warsönke, Bereichsleiter Forst im Fürstenfeldbrucker Amt für Landwirtschaft und Forsten, das auch für das Dachauer Land zuständig ist. Das Waldgesetz stamme von 1975, damals habe es noch keine Christbaum-Plantagen gegeben. Somit gelten diese rechtlich als Wald, und es ist keine waldrechtliche Genehmigung für sie erforderlich, auch nicht, wenn Waldbäume dafür gefällt werden. Zwar gelten die Vorgaben des Waldgesetzes auch für die Plantagen. Dass sie anders bewirtschaftet werden, sieht jedoch auch ein Laie. Man beobachte die Entwicklung seit vielen Jahren, doch "es besteht keine waldgesetzliche Handhabe, diese Form der Waldnutzung einzuschränken", so Warsönke. Immerhin kontrolliere das Forstamt den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und gehe bei Verstößen entsprechend vor.

Regional heißt nicht automatisch umweltfreundlich

Natürlich seien Bäume aus regionaler Herkunft der Importware vorzuziehen, schreibt auch der Dachauer Landesbund für Vogelschutz (LBV) in einer Mitteilung zum Thema. Die aktuellen Beispiele zeigten aber, dass die Bezeichnung "regional" keine Garantie für Umweltschutz sei. "Viele Weihnachtsbaumkulturen werden auch bei uns mit kostbarem Grund- oder Oberflächenwasser künstlich bewässert und mit Pestiziden und anderen Chemikalien behandelt", so Cyrus Mahmoudi, LBV-Vorsitzender in Dachau.

Er betont, man wende sich nicht gegen Christbaumerzeuger generell, es dürften aber keine Wälder dafür geopfert werden. Das Waldgesetz müsse nachgebessert werden, um Rodungen zu verhindern, und mit schärferen Vorgaben zur Bewirtschaftung ergänzt werden. "Diese Vorschriften sind in Bayern sehr lasch formuliert", sagt Mahmoudi. So gebe es kein striktes Kahlschlagverbot wie in anderen Bundesländern, kein flächiges Befahrungsverbot, kein Verbot von Mineraldüngern und Pestiziden und keine ausreichende Vorgabe für einen Mindestanteil heimischer Baumarten. Entsprechend schwer täten sich Behörden, gegen Christbaum-Plantagen im Wald vorzugehen.

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