Konzert im Dachauer Schloss:Auch Joseph Haydn hätte es gefallen

Konzert im Dachauer Schloss: Am Sonntag lud die Chorgemeinschaft Dachau in den Festsaal des Dachauer Schlosses, aufgeführt wurde "Die Schöpfung" von Joseph Haydn.

Am Sonntag lud die Chorgemeinschaft Dachau in den Festsaal des Dachauer Schlosses, aufgeführt wurde "Die Schöpfung" von Joseph Haydn.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Chorgemeinschaft Dachau und die Musiker des Sinfonieorchesters des Bayerischen Rundfunks begeistern mit der "Schöpfung" im Dachauer Schlosssaal.

Von Adolf Karl Gottwald, Dachau

Am 30. April 1798 wurde Joseph Haydns Oratorium "Die Schöpfung" zum ersten Male aufgeführt. Es war ein Ereignis, das Musikgeschichte machte, denn Haydns "Schöpfung" wurde sogleich nach dem Erscheinen der Partitur im Jahre 1800 buchstäblich in aller Welt aufgeführt und als das bedeutendste Oratorium neben Händels "Messias" erkannt und bejubelt. (Die Werke von Johann Sebastian Bach wurden erst später für den Konzertbetrieb entdeckt.)

Jetzt hat der Dachauer Musiker und Dirigent der "Chorgemeinschaft Dachau", Rudi Forche, nach der erfolgreichen Aufführung des "Messias" im vergangenen Jahr Joseph Haydns "Schöpfung" in einer denkwürdigen, weil in jeder Beziehung idealen, Aufführung gewürdigt. Mit dieser Aufführung wäre Joseph Haydn selbst zumindest hoch zufrieden gewesen. Das ist freilich leicht gesagt, aber schwer zu beweisen; denn Haydn kann man seit über 200 Jahren nicht mehr befragen. Es sei trotzdem versucht.

Rudi Forche hat seinen Chor optimal vorbereitet

Joseph Haydn sagte: "Meine Komposition ist groß geschrieben, sie wird daher auch nur bei einem zahlreichen und wohlgeübten Orchester ihr Glück und den gehörigen Effekt machen." Die Chorgemeinschaft Dachau trat mit nahezu 80 Sängerinnen und Sängern stark besetzt auf, und Haydns Vorstellung von einem "wohlgeübten Orchester" dürfte bei Mitgliedern des Sinfonieorchesters des Bayerischen Rundfunks voll erfüllt oder sogar übertroffen sein. Die Chöre sind die Säulen in der Partitur der "Schöpfung". Und für diese sehr große Aufgabe hat Rudi Forche seinen Chor stimmlich wie musikalisch optimal vorbereitet.

Joseph Haydn wird als Dirigent "mit dem Taktstock in der Hand, mit beiden Händen dirigierend" dargestellt, wobei von "allen seinen, nichts weniger als übertriebenen Bewegungen" gesprochen wurde. Genau das kann man auch von Rudi Forches Dirigieren sagen. Er führte Chor und Orchester ruhig und souverän durch das prachtvolle Werk. Die große Frage jeder musikalischen Aufführung ist die Wahl der Tempi. Heutzutage sind sehr schnelle, oft rekordverdächtige Tempi "in". Rudi Forche aber hielt sich an Haydn, der der Überlieferung nach eher gemäßigte Tempi nahm und keine Temposchwankungen zuließ.

Die Sopranpartie ist eine virtuose Belcanto-Arie

Zuletzt zum Sologesang: Die Partitur der "Schöpfung" nennt als solistisch singende Personen im ersten und zweiten Teil die drei Erzengel Raphael (Bass), Gabriel (Sopran) und Uriel (Tenor) sowie im dritten Teil Adam (Bass) und Eva (Sopran). Haydn behandelte nur die Sopranpartie auch virtuos. Bereits beim ersten Sopransolo gibt er der Sängerin etwa mit einer Tonleiter bis hinauf zum hohen c als Spitzenton Gelegenheit, ihre Fähigkeit zu zeigen, und die erste eigentliche Sopranarie "Nun beut die Flur das frische Grün dem Auge zur Ergötzung dar" ist mit Koloraturen und Haltetönen in hoher Lage eine virtuose Belcanto-Arie. Insgesamt aber ist die Partie doch mehr lyrisch als bravourös.

Joseph Haydn war bei der Besetzung der Solistin recht heikel. Er bevorzugte eine 17-jährige Sängerin, von der man ihre "äußerst schöne Figur", ihre "liebliche, reine Silberstimme, "ihren lieblichen schmelzenden Vortrag und ihre reine Intonation, die wohlklingende, in allen Tönen gleiche und angenehme Stimme" sowie "äußerste Korrektheit ihrer Deklamation..." rühmte. Das alles darf man auch von Forches Sopranistin Anna-Lena Elbert sagen, die somit also auch Joseph Haydns Ideal entsprochen hätte. Von einer anderen Sopranistin sagte Haydn als höchstes Lob: "... sie spricht singend". Das ist selbst für den Vortrag eines Schubert-Liedes das Ideal, und dem entsprachen beide Männerstimme, der Dachauer Tenor Bernhard Schneider und Bernhard Spingler - mehr Bariton als tiefer Bass - voll.

Wir schließen mit einer Feststellung, der Joseph Haydns erster Biograph (Georg August Griesinger) bereits 1801 traf und die auch heute gilt: "Es ist zu spät, jetzt noch ein Wort zu dem Lobe der Schöpfung hinzuzusetzen. Europa hat darüber entschieden."

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