Süddeutsche Zeitung

Hoftheater Bergkirchen:Herzschmerz beim Staubsaugen

Drei von der Frauenwelt bitterlich enttäuschte Männer ziehen unter ein Dach. Kann das gut gehen? In der erotisch aufgeladenen Komödie "Butterbrot" im Hoftheater bekommt das Publikum viel zu lachen.

Von Dorothea Friedrich, Bergkirchen

Auf der kleinen Hoftheater-Bühne geht am Freitagabend die Post ab. Zur Musik von "Sexbomb" schwingt ein junger Kerl den Staubsauger um seine Hüften, wie es Tom Jones in längst vergangenen Zeiten nicht lustvoller gekonnt hat. Das ist der vielversprechende, aufreizende Auftakt zur jüngsten Premiere im Hoftheater Bergkirchen: "Butterbrot" von Gabriel Barylli. Der Titel lässt jedoch ahnen, dass es nicht bei solch erotisch-aufgeladenen Amüsements bleibt. Es geht vielmehr um drei von der Frauenwelt enttäuschte Männer, die sich zu einer Zweck-WG zusammengeschlossen haben und der Liebe (erst einmal) den Laufpass gegeben haben. Wer nun denkt, "das hatten wir doch schon mal", liegt richtig. "Honigmond" hieß es in der vergangenen Spielzeit. Da waren es drei Frauen, die Autor Barylli in einer Single-WG versammelt hatte. Allerdings war "Honigmond", das davor gespielte Stück, nur eine Adadption von "Butterbrot". Anders als die 1988 erstmals aufgeführte Kommödie hatte "Honigmond" nicht denselben Tiefgang wie "Butterbrot".

Doch was treibt dieses staubsaugenden Mannsbild namens Stefan? Er ist, wie sich schnell herauskristallisiert, einerseits der perfekt-pingelige Hausmann, andererseits der Schöngeist einer Zweier-WG, ein unterbeschäftigter Schauspieler und Möchtegern-Theaterautor. Julian Brodacz spielt diesen selbstverliebten, leicht durchgeknallten Typen so hinreißend, dass man schon gespannt wartet, was ihm als nächstes in den Sinn kommt, auf dass man weiter lachen oder sich wundern kann. Sein Mitbewohner Martin ist das genaue Gegenteil. Ein bisschen schlampig, gelassen, freundlich und hilfsbereit. Stefans Überdrehtheit und Philosophiererei in Sachen Selbstverwirklichung kommentiert er mit "Aha" und "Hmm" in allen Tonlagen und sagt damit mehr als mit tausend Worten. Tobias Zeitz ist diese in sich ruhende Persönlichkeit. Das ändert sich aber bald. Denn Martin hat - nach viel zu langer Abstinenz - Maria getroffen und schwärmt in den höchsten Tönen von ihr. Der in sich ruhenden Buddha mutiert zum schwer verliebter Romeo mit Samtstimme. Doch ins erträumte Glück platzt Freund Peter, auf dessen Frau Lilli Schauspieler Stefan ein Auge geworfen hat. Doch Lilli erscheint nicht, und Peter ist total von der Rolle. Hat er doch sein angeblich treu sorgendes Weib in flagranti mit einem "fremden Panther" von Mann erwischt. Das geht in den Augen dieses Schnösels im feinen Zwirn nun gar nicht. Schließlich führt er seine Ehe nach der Devise "Das Weibchen will immer spüren, dass der Mann weiß, wo's langgeht." Und doch schreit er mit trotziger Verzweiflung: "Ich bin frei, ich bin frei."

"Ich kaufe ihr ein Tweed-Kostüm, und alles ist wieder gut"

Patrick Brenner spielt diesen Mann der uralten Schule mit solcher Intensität, dass man bei seinen Sottisen bisweilen am liebsten laut aufschreien möchte. Doch ebenso wie Julian Brodacz und Tobias Zeitz hat er immer ein Zwinkern im Blick, eine Geste oder ein Mundzucken, die zeigen, welchen Spaß das fabelhafte Schauspieler-Trio in dieser Komödie hat. Dieses Eintauchen in eine absurde - und doch so reale - Welt steigert sich von Szene zu Szene und findet seinen fulminanten Höhepunkt in einem die Bauchmuskeln strapazierenden Tanz zu "I Wanna Be Like You (The Monkey Song)" aus dem "Dschungelbuch"-Film.

Doch damit nicht genug. Der betrogene Ehemann Peter schmiedet völlig unrealistische Pläne zur Wiedergewinnung seiner Gattin bei einem Treffen im Café: "Einmal ist keinmal. Ich kaufe ihr ein Tweed-Kostüm, und alles ist wieder gut". Damit scheitert er grandios und zieht in die WG ein. Dort hat sich der staatsschauspielernde Stefan mit einer grandiosen Publikumsbeschimpfung gerade um seinen Job gebracht. Währenddessen wandelt Martin sehr, sehr vorsichtig auf Freiersfüßen, nähert sich peu à peu seiner Maria und informiert seine Mitbewohner detailliert über seinen Gemütszustand. Das ist nicht nur romantisch und von Tobias Zeitz glaubhaft gespielt. Es entlarvt zugleich die Selbsttäuschungen, mit denen die drei leben. Egal, wie sich drehen und wenden, im Grunde will jeder von ihnen "den Kopf in den Schoß einer Frau legen, und man ist nicht mehr allein". Diverse Songs aus dem Off sorgen dafür, dass die Komödie an dieser Stelle nicht kippt, vielmehr zu einem stimmigen Ende kommt.

Regisseur Ansgar Wilk hat im amüsanten Bühnenbild von Ulrike Beckers "Butterbrot" leichtfüßig und prickelnd inszeniert, dass es eine wahre Freude ist. Da sitzt jede Szene, jeder Charakter "passt" den drei Helden auf der Bühne wie angegossen. Es gibt kein Abrutschen ins Kitschige, aber viel Ironisches, viel Gelächter im begeisterten Publikum, aber auch Momente, in denen das Lachen im Hals stecken bleibt. Kurzum: "Man muss mit allem rechnen, auch mit dem Schönen", wie es zum guten Schluss von "Butterbrot" heißt, das im Hoftheater-Fall ein echtes Sahnetörtchen ist.

Weitere Aufführungen: Samstag, 14. Mai, um 20 Uhr, Sonntag, 15. Mai, um 17 Uhr, Mittwoch, 25. Mai, um 20 Uhr, Donnerstag, 26. Mai, um 20 Uhr, Freitag, 24. Juni, um 20 Uhr und am Samstag, 25. Juni, um 20.00 Uhr im Rahmen des Komödientages.

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