Einzelhandel:Altstadt-Supermarkt in Existenznot

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Dem einzigen Supermarkt in der Dachauer Altstadt droht schon nach zwei Jahren das Aus. Ende des Jahres soll die finale Entscheidung über die Zukunft des Nahversorgers fallen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Erst vor zwei Jahren hat der Nahversorger "Bonus" eröffnet. Nun beklagen die Betreiber hohe Umsatzeinbußen. Dem Markt droht das Aus.

Von Anna Schwarz und Eva Waltl, Dachau

Jahrelang gab es keinen Nahversorger in der Dachauer Altstadt, nachdem der Lebensmittelladen des Franziskuswerks am Widerstandsplatz wegen eines finanziellen Defizits vor etwa sieben Jahren schließen musste. Die Freude bei vielen Altstadtbewohnern war also groß, als der Bonus-Markt im Juni 2021 eröffnete. Doch vor rund drei Wochen dann schickt die Supermarkt-Kette ein Alarmsignal an den Vermieter Franz Scherm aus Dachau: Die Umsatzlage sei sehr schwierig.

Karsten Fischer, der Geschäftsführer der gemeinnützigen GmbH "Berufliche Orientierung, Nachbarschaftsmärkte und Service" (Bonus) mit Sitz in Stuttgart, schreibt dazu auf Nachfrage: "Trotz der attraktiven Lage in der historischen Altstadt von Dachau steht der Bonus-Markt vor ernsthaften Schwierigkeiten und droht möglicherweise, vor dem Aus zu stehen."

Eine Entscheidung darüber, ob der Supermarkt schließen muss oder in einer anderen Form weiterbestehen kann, will Fischer erst Ende des Jahres treffen. Er beklagt hohe Umsatzeinbußen und stark gestiegene Energiekosten für den Supermarkt. Zudem habe die mangelnde Akzeptanz des Ladens bei den Dachauerinnen und Dachauern dazu geführt, dass sich der Nahversorger in dieser prekären Situation wiederfinde. Wegen der geringen Kundenfrequenz steht für Fischer fest: "Wir können den Markt nur retten, wenn wir die Ladenfläche verkleinern." Er würde sich eine Halbierung der Ladenfläche wünschen, um dann auch nur die Hälfte der Miete zahlen zu müssen, so Fischer.

Nicht immer sind die Regale so gut gefüllt, wie auf diesem Foto. Deshalb erledigen viele Dachauerinnen und Dachauer ihre Wocheneinkäufe anderswo. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Franz Scherm vermietet die rund 600 Quadratmeter große Ladenfläche an die Supermarkt-Kette. Diese Fläche zu halbieren sei für ihn der falsche Weg: "Wenn die Warenauswahl weiter heruntergeschraubt wird, gehen die Leute doch gleich woanders hin." Trotzdem will er eine mögliche Schließung des Bonus nicht einfach so hinnehmen. Sein Bauunternehmen hat das ehemalige Hörhammer-Kaufhaus vor einigen Jahren saniert. Ihm sei es damals ein großes Anliegen gewesen, dass dann wieder ein Supermarkt in die Altstadt einzieht, sagt Scherm. Dass der Nahversorger nun doch nicht so gut laufe, liege vor allem an den ständigen Lücken im Sortiment, kritisiert er.

"Wir sind als Gesellschaft verwöhnt und schätzen eine große Warenauswahl"

In den vergangenen Monaten bekam Scherm immer wieder mit, dass Bonus-Kunden vor leeren Regalreihen standen. Auch seine Tochter berichtete ihm davon: "Wenn sie sechs Joghurts für die Woche braucht, aber es nur zwei im Bonus gibt, kauft sie halt gleich woanders ein." So hätten sich wohl auch andere Dachauer einen Alternativmarkt gesucht, glaubt Scherm.

Auch die Vorsitzende des Gewerbevereins "Dachau handelt", Isabel Seeber, sieht eine "logische Konsequenz" in einer eventuellen Schließung des Supermarktes, denn: "Wir sind als Gesellschaft sehr verwöhnt und schätzen beim Lebensmitteleinkauf eine große Auswahl."

Zu den Vorwürfen, dass es immer wieder Lücken im Warensortiment gebe, sagt Bonus-Geschäftsführer Fischer: "Es ist tatsächlich vorgekommen, dass einige Regalreihen in unserem Supermarkt leer geblieben sind und bestimmte Produkte nicht verfügbar waren." Schuld an der Situation sei ein Streik in den Lagern des Lebensmitteleinzelhändlers Rewe, der auch den Bonus-Markt in Dachau beliefert. Karsten Fischer bedauert, dass die Kunden deshalb nicht durchgehend auf das volle Sortiment zugreifen konnten. "Es liegt auf der Hand, dass diese Probleme dazu geführt haben, dass Kunden anderswo einkaufen."

Franz Scherm will die Hoffnung noch nicht aufgeben

Auch der Dachauer Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) hat in den vergangenen Monaten beobachtet, dass die Bürger das Angebot in der Altstadt weniger nutzen und ihren Einkauf in den großen Märkten am Stadtrand erledigen. Deshalb appelliert er an die Dachauerinnen und Dachauer, die Zukunft des Nahversorgers liege auch in ihren Händen. Er sieht den Lebensmittelladen als "absolute Bereicherung für die Dachauer Altstadt" - würden mehr Kunden dort einkaufen, gäbe es eine Chance, eine Schließung doch noch zu verhindern.

Ähnlich sieht es Franz Scherm. Er jedenfalls will die Hoffnung noch nicht aufgeben, dass es mit dem Supermarkt irgendwie weitergeht. Die Nachfrage nach einem Supermarkt in der Altstadt sei da, da ist er sich sicher. Der Bonus-Markt könnte gut laufen - allerdings unter der Bedingung, dass die Warenregale komplett gefüllt sind. Vielleicht würde eine Kooperation zwischen dem Nahversorger und der angeschlossenen Bäckerei Wörmann helfen, denn da laufe es laut Scherm ganz gut: "Vielleicht kann man da irgendwie zusammenarbeiten und die Leute, die beim Bäcker einkaufen, mit einem Sonderangebot in den Supermarkt locken."

In den kommenden Monaten will er mit der Bonus-Marktleitung weiter nach Lösungen suchen, um den Lebensmittelladen zu erhalten. Wenn das nicht klappen sollte, wolle er schauen, dass wieder ein anderer Supermarkt in die Räume einzieht: "Aber so weit möchte ich jetzt noch gar nicht denken."

Auch die Zukunft des Modehauses Rübsamen, das in den Stockwerken über dem Bonus-Markt einquartiert ist und im Juli diesen Jahres Insolvenz angemeldet hatte, ist noch ungewiss. Allerdings läuft es in Dachau, anders als an anderen Standorten der Rübsamen-Gruppe, offenbar ganz gut. Das Problem ist eher das Stammhaus in der Augsburger Karolinenstraße, dort wird seit drei Jahren gebaut, viele Kunden blieben seitdem aus. Scherm jedenfalls ist zuversichtlich, dass das Modehaus in der Pfarrstraße den Dachauerinnen und Dachauern erhalten bleiben wird. "Wir gehen davon aus, dass es dort so weitergeht wie bisher."

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