Süddeutsche Zeitung

Dachau:Bissig und ein bisschen blutrünstig

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Das Café Gramsci feiert siebten Geburtstag. "Die Schöne und das Biest" begleiten diese Festivität mit einer "Presskörperfreisetzungsfeier".

Dario Wimmer

Grüner Haarschmuck, lila Gummistiefel, kombiniert mit einem traditionellen Dirndl: So zeigt sich Renate Jatzeck, Frontfrau der Dachauer Band "Die Schöne und das Biest". Am Samstagabend hatten die vier Musiker ein Heimspiel im Café Gramsci in Dachau und überzeugten als Stimmungsmacher. Diesmal gab es gleich zwei Gründe zum Feiern: Die Biester stellten mit ihrem Live-Konzert ihre erste Studio-CD mit dem Namen "Föhnsucht" vor, außerdem feierte das Café Gramsci seinen siebten Geburtstag. Ganz zur Freude von Gramsci-Inhaber Christian Salvermoser.

Das Konzert fand im kleinen Hof vor dem Gramsci statt, eine große grüne Plane war aufgespannt, eine Vorsichtsmaßnahme, um sich gegen Regengüsse zu wappnen. Doch das Wetter meinte es gut mit dem Gramsci und seinen Gästen, der Regen blieb aus, die dicke Wolkendecke lichtete sich nach und nach - und das Publikum hielt sich durch rhythmisches Klatschen warm. Mit einem Trommelwirbel eröffneten die Biester ihren Auftritt. Christoph Stangl am Schlagzeug wurde unterstützt von Mike Berwanger am Bass und Kai Kühnel am Keyboard. Doch beim Versuch, ihre Musik in ein bestimmtes Genre einzuordnen, tut sich auch Frontfrau Renate Jatzeck schwer.

Schwarzhumorig, kritisch und ein bisschen blutrünstig sind sie, gesungen wird auf Deutsch oder Bairisch. Die weißen Schlachtermützen lassen schnell erkennen, dass es sich hier nicht um ganz gewöhnliche Musiker handelt. So nennen sie ihren Auftritt auch nicht "Album-Release-Party", sondern überkorrekt deutsch "Presskörperfreisetzungsfeier". Bei aller Ironie: Die Band nimmt kein Blatt vor den Mund. Unübersehbar ist die Kritik am Kapitalismus und an der Politik. "Steuern steuern die Welt", heißt es in ihren Texten, "Geld nur für die Reichen der Welt". Für "Die Schöne und das Biest" ist der Auftritt im Gramsci sehr bedeutsam. "Das Gramsci bietet eine ganz besondere Atmosphäre", sagt Jatzeck. Vor etwa eineinhalb Jahren bot das Café ihnen die Möglichkeit, ihre ersten Songs auf der Bühne zu spielen. Diese verlassen sie nur ungern, doch auch "Gummistiefel müssen einmal schlafen gehen", heißt es in ihrem letzten Song.

Nach dem durchaus gelungen Auftritt der Band durften sich die Besucher noch über ein zweites Highlight des Abends freuen. Das beliebte Tollhaus-Format "Inkognito" fand zum ersten Mal den Weg ins Freie. Claudia Cane's Piano Lounge, eine Band aus München, sorgte mit zahlreichen Cover-Versionen von berühmten Sängerinnen und Sängern, wie etwa von Tina Turner oder Elvis Presley, für einen rockigen Ausklang. Christian Salvermoser war hin und weg von der musikalischen Untermalung der Geburtstagsfeier - das Café Gramsci, einst seine "kleine Göre" ist jetzt sieben Jahre alt.

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Quelle:
SZ vom 21.07.2012
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