Demografischer Wandel:Die Bevölkerung im Landkreis Dachau wird immer älter

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Nirgendwo wächst die Bevölkerung schneller als im Landkreis Dachau. (Foto: Niels P. Joergensen)

In knapp 20 Jahren werden im Landkreis Dachau 20 000 Menschen mehr leben als jetzt. Die Zahl der Senioren nimmt deutlich zu.

Von Thomas Radlmaier, Dachau

Nirgendwo in der Region wächst die Bevölkerung schneller als im Landkreis Dachau. Damit sind die Dachauer Kommunen ein Brennglas, in dem sich Entwicklungen, die das ganze Münchner Umland betreffen, besonders deutlich abzeichnen.

Das trifft einerseits auf den demografischen Wandel zu. Andererseits schlägt sich das Wachstum täglich auf den Straßen und in der S-Bahn oder auf dem Wohnungsmarkt nieder. Stadt und Gemeinden müssen sich schon jetzt Gedanken darüber machen, wie sie in Zukunft aussehen wollen. Vielerorts werden Stimmen laut, die das Wachstum begrenzen wollen.

Die Bevölkerung im Landkreis Dachau wächst schneller als anderswo

Dass die Bevölkerung im Landkreis Dachau schneller wächst als anderswo, belegen die Daten seit Jahren. Statistiker prognostizieren, dass hier in 18 Jahren 20 200 Menschen mehr leben als jetzt. Das ist mit 13,2 Prozent das stärkste relative Bevölkerungswachstum der ganzen Münchner Region, die Stadt München etwa legt bis 2037 um 11,6 Prozent zu, der Landkreis Fürstenfeldbruck um 10,7 Prozent und der Landkreis Freising um 8,1 Prozent.

Neu, wenngleich wenig überraschend ist, dass mit dem rasanten Wachstum ein demografischer Wandel einhergeht, der sich im Landkreis Dachau deutlich auswirkt. Das zeigen Zahlen, die der Regionale Planungsverband München nun veröffentlich hat. Die Altersstruktur der Bevölkerung wird sich demnach in den nächsten Jahren drastisch ändern. Im Vergleich zu heute wird es im Jahr 2037 mehr als doppelt so viele Menschen geben, die mindestens 65 Jahre alt sind. Die Zahl der Älteren über 65 Jahre nimmt nach Angaben des Bayerischen Landesamtes für Statistik um 14 400 Menschen zu. Das entspricht einem Zuwachs in dieser Bevölkerungsgruppe um 51,6 Prozent.

Das Durchschnittsalter eines Einwohners steigt von heute 42,6 auf 45 Jahre in 2037. Zwar nimmt auch die Zahl der unter 17-Jährigen um fast 4000 in Dachau stark zu, doch der Landkreis verzeichnet zusammen mit Erding, Freising und Landsberg am Lech den stärksten Zuwachs in der Bevölkerungsgruppe der älteren Menschen über 65 Jahre. Trotz allem muss man vor diesem Hintergrund auch betonen, dass die demografische Entwicklung im Landkreis sowie im ganzen Speckgürtel vergleichsweise positiv ausfällt. "Die Region München wird im Jahr 2037 eine der jüngsten Regionen deutschlandweit sein", so Christian Breu, Geschäftsführer des Regionalen Planungsverbands München.

Die Kommunen müssen sich vorbereiten auf das, was kommt. Die Stadt Dachau will sich deshalb auch ein neues Leitbild geben, das zur Grundlage für einen neuen Flächennutzungsplan werden soll. Dafür konnten die Dachauer im Rahmen eines Bürgerbeteiligungsprojektes mit dem Namen "Dachau denkt weiter" ihre Ideen, Potenziale oder Konflikte zur räumlichen Entwicklung der Stadt auf einer Homepage benennen und diese direkt auf einem interaktiven Stadtplan markieren.

"Wir brauchen eine ehrliche Diskussion über die Entwicklung der Stadt"

Stadtplaner Stefan Leuninger, dessen Büro "Dachau denkt weiter" betreut, berichtete auf der Sitzung des Dachauer Regionalausschusses der Industrie- und Handelskammer (IHK) über die Leitbilddiskussion. Es habe sich vor allem eine Sicht auf Dachau als einem eigenständigen Teil der Metropolregion München herauskristallisiert, die vor allem auch mehr Arbeitsplätze benötige, so Leuninger. "Dachau soll auch in 20 Jahren noch als Dachau erkennbar bleiben, so der Wunsch." Der Vorsitzende des IHK-Ausschusses, Peter Fink, lobte das Projekt als Schritt in die richtige Richtung. Er forderte angesichts der Bevölkerungsprognosen: "Wir brauchen eine ehrliche Diskussion über die Entwicklung der Stadt. Und wir brauchen Ideen, wie wir das Wachstum gestalten wollen."

Ideen haben auch die Gegner des Wachstums, und sie sind besonders laut in der öffentlichen Debatte. FDP-Stadtrat Jürgen Seidl forderte vor Kurzem per Antrag, weniger Bauland auszuweisen. Demnach solle die Stadt darauf achten, dass die Bevölkerung nicht mehr als einen halben Prozentpunkt pro Jahr zunehme. Andere Kommunen in Oberbayern hatten das bereits vorgemacht. Seidl begründete seinen Antrag mit einer Reihe von Argumenten: "Dachau erstickt mit den teilweise unzumutbaren Beeinträchtigungen für die Anwohner der Hauptverkehrsstraßen bereits jetzt im Verkehr. Daran kann auch die Ausweitung und Verbesserung des ÖPNV nur teilweise etwas ändern." Zudem belaste der Bau von Schulen und Kindertageseinrichtungen den öffentlichen Haushalt zunehmend. "Und auch bezahlbarer Wohnraum ist für bestimmte Bevölkerungsgruppen nicht in ausreichender Form vorhanden."

Vor dem Hintergrund verstopfter Straßen, voller S-Bahnen und teurer Mietpreise vergisst man aber leicht, dass das Wachstum nicht nur Schattenseiten hat. Es herrscht Vollbeschäftigung im Landkreis. Wie stark der Wirtschaftsstandort ist, zeigt ein Blick auf den Arbeitsmarkt sowie auf die Bruttowertschöpfung. So stieg die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zwischen 2012 und 2017 nach Angaben der IHK um fast 20 Prozent auf mehr als 41 000. Die Bruttowertschöpfung der Unternehmen stieg zwischen 2011 und 2016 um 34,4 Prozent. Sie belief sich 2016 auf 3,68 Milliarden Euro.

© SZ vom 23.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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