Dachau:Dreister Betrugsversuch an Demenzkrankem

Lesezeit: 3 min

45-Jährige will sich an einem geistig verwirrten Mann bereichern, scheitert dabei aber mehrfach. Das Amtsgericht verurteilt sie zu einer Bewährungsstrafe.

Von Benjamin Emonts, Dachau

Wegen versuchten Betruges ist eine 45-jährige Dachauerin am Donnerstag zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Amtsrichter Tobias Bauer sah es als erwiesen an, dass die Frau in drei Fällen versucht hat, einen demenzkranken Mann um insgesamt 287 000 Euro zu erleichtern. Die Frau hatte sich mehrere Jahre um den gebrechlichen Mann gekümmert, angeblich ohne jedoch von dessen Demenz-Erkrankung zu wissen. Im Mai 2015 ließ sie sich von ihm schließlich Überweisungsträger unterzeichnen und überzeugte ihn, 2000 Wertpapiere auf sie zu übertragen. Aufmerksame Bankangestellte schöpften Verdacht und führten die Geldtransfers nicht aus. So blieb es letztlich beim versuchten Betrug.

Angesichts der steigenden Zahl an Demenzkranken muss der Fall alarmieren. Allein in Bayern leben derzeit 220 000 Menschen mit Demenz. Bis zum Jahr 2025, das legen Prognosen nahe, werden es bereits 270 000 sein. Im Dachauer Adolf-Hölzl-Haus wurde am Montag eine Aktionswoche zum Thema Demenz eröffnet. Angehörige, so hieß es von Experten, seien mit der Pflege von Demenzkranken oftmals überlastet. Sie sollten sich dringend Unterstützung holen.

Stutziger Bankangestellter

Dass diese Helfer jedoch mit Bedacht ausgewählt werden sollten, zeigt der vorliegende Fall am Dachauer Amtsgericht. Die 45-jährige Angeklagte war beim inzwischen verstorbenen Opfer lange Zeit als Reinigungskraft angestellt. Anschließend besuchte sie den Mann weiter, sie ging mit ihm einkaufen oder fuhr ihn zum Arzt. Im Gegenzug erhielt sie immer wieder kleinere finanzielle Zuwendungen von dem Mann. "Es war ein sehr freundschaftlicher Kontakt, er war ein väterlicher Freund", erklärte der Anwalt der 45-Jährigen. Nach einem Klinikaufenthalt des Rentners im Oktober 2014 intensivierte die Angeklagte ihre Unterstützung. Der Rentner soll ihr angeblich in Aussicht gestellt haben, 50 000 Euro für die Hilfsdienste zu überweisen. Als die Zahlungen ausblieben und die Demenzerkrankung im Laufe des Jahres 2015 weiter zunahm, ergriff die 45-Jährige die Initiative und unternahm drei Versuche innerhalb von zwei Tagen, um an das Geld zu gelangen. Bei einer Dachauer Bank kam die Angeklagte mit dem Demenzkranken an den Schalter. Sie legte einen Überweisungsträger vor, die Summe darauf betrug 25 000 Euro, der Verwendungszweck lautete "Beitrag 2015". Den Rentner, der stillschweigend im Hintergrund verweilte, forderte sie mehrmals auf, die Überweisung auf ihr Konto zu unterzeichnen, was dann auch geschah. Der Bankangestellte wurde stutzig und führte die Überweisung nicht aus. "Der Mann war völlig apathisch, er wusste überhaupt nicht, worum es geht. Ich wusste, da passt etwas nicht", sagte er vor Gericht. Schließlich informierte die Bank den Neffen, der eine Bankvollmacht besaß und Anzeige bei der Polizei erstattete.

Am Tag darauf warf die Angeklagte bei einer anderen Dachauer Bank einen bereits unterschriebenen Überweisungsträger in den Postkasten. Dieses Mal wollte ihr der Rentner angeblich 22 000 Euro überweisen. Auffällig an dem Überweisungsträger war, dass hinter der 22 wohl nachträglich drei Nullen ergänzt wurden, so erklärte ein Ermittler der Polizeiinspektion Dachau. Der Mitarbeiter der Bank hielt die Überweisung vorsichtshalber zurück.

Der Richter glaubt der Angeklagten nicht

Der letzte Versuch bei einer dritten Bank erfolgte noch am selben Tag. Von 3200 Wertpapieren des Mannes sollten 2000 auf ein Depot der Angeklagten übertragen werden, Gesamtwert 240 000 Euro. Dem Banker war jedoch aufgefallen, dass sich der Gesundheitszustand des ihm bekannten Mannes im Vergleich zum letzten Besuch drastisch verschlechtert hatte. Auf die Frage, ob die Depotübertragung seinem Wunsch entspreche, habe der geistig abwesend wirkende Rentner lediglich mit "Ja" geantwortet. "Ich konnte nicht mit bestem Wissen behaupten, dass es wirklich sein Wunsch war", erinnerte sich der Bankangestellte. Er riet, die Schenkung von einem Notar beurkunden zu lassen.

Die 45-Jährige behauptete vor Gericht, von der Demenzerkrankung des Mannes nie etwas gewusst zu haben, obwohl ihm von einer Dachauer Klinik bereits im April 2015 ein ausgeprägtes demenzielles Syndrom bescheinigt worden war und er einen Monat später in ein Heim kam. Amtsrichter Tobias Bauer kaufte das der vorstrafenlosen Frau nicht ab und verurteilte sie zu einer Bewährungsstrafe und einer Geldstrafe in Höhe von 3000 Euro.

© SZ vom 23.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: