Dachau:Außenminister Steinmeier lobt den Landkreis

Dachau: Kreisrätin Marese Hoffmann (v.l.), Landrat Stefan Löwl, Außenminister Frank-Walter Steinmeier und der polnische Landrat Zbigniew Starzec.

Kreisrätin Marese Hoffmann (v.l.), Landrat Stefan Löwl, Außenminister Frank-Walter Steinmeier und der polnische Landrat Zbigniew Starzec.

(Foto: Landratsamt/OH)

Dachau bemüht sich abseits der aktuellen politischen Verwerfungen um Annäherung zu Polen. Eine Kreisrätin lernt sogar extra Polnisch.

Von Helmut Zeller, Dachau

Kreisrätin Marese Hoffmann (Grüne) steht noch ganz unter dem Eindruck der deutsch-polnischen Begegnung in Berlin. Schließlich wird nicht jeden Tag ein Kommunalpolitiker aus dem Landkreis von Außenminister Frank-Walter Steinmeier öffentlich gelobt - und das kam so: Landrat Stefan Löwl (CSU) hatte dem künftigen Bundespräsidenten auf der Konferenz zum 25-jährigen Bestehen des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages gleich mal gesteckt, dass Kreisrätin Hoffmann mit ihren 65 Jahren noch Polnisch lernt. "Das führte zu einer öffentlichen Belobigung, da es wohl leider wirklich selten vorkommt, dass Deutsche Polnisch lernen, während von polnischer Seite dies viel öfter geschieht", teilte Marese Hoffmann jetzt mit. Nicht aus Eitelkeit etwa, sondern weil sie ein Zeichen gegen eine gewisse Überheblichkeit gegenüber dem Nachbarn setzen will.

Eine Nachbarschaft auf Augenhöhe ist auch das Ziel von Landrat Löwl, der vor gut einem Jahr eine Partnerschaft mit dem Landkreis Oświęcim begründete, in dessen Gebiet das deutsche Vernichtungs- und Konzentrationslager Auschwitz lag. Die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg erfordert von der deutschen Seite eher Demut: Der deutschen Besatzung fielen drei Millionen ethnische Polen zum Opfer. Das Land wurde völlig zerstört. "Vor allem dürfen wir nicht nur von den Polen erwarten, Deutsch zu lernen und europäisch zu denken; dies trifft in gleichem Maß auf uns zu. Der polnische Freiheitskampf um Solidarność beflügelte die Montagsdemonstrationen und führte zum Fall der Mauer", erklärt Marese Hoffmann, die Mitglied des deutsch-polnischen Ausschusses des Rates der Gemeinden und Regionen Europas ist.

Als dessen Vorsitzender auf deutscher Seite hatte Landrat Löwl die Konferenz mit vorbereitet und seinen polnischen Kollegen aus Oświęcim, Zbigniew Starzec, eingeladen. Hunderte Bürgermeister, Landräte, Konsuln, Regierungssprecher und Bürger waren in den festlichen Weltsaal des Auswärtigen Amtes gekommen. Insgesamt bestehen heute mehr als 1400 kommunale Partnerschaften und Kooperationen zwischen Deutschland und Polen.

Wider den erstarkenden Nationalismus

Doch lag auch ein Schatten auf der Konferenz der Vertreter von Kommunalpartnerschaften am 16. November: der wieder erstarkende exklusive Nationalismus, die Aufhebung demokratischer Grundelemente durch die Regierung, die Aufgabe europäischer Solidarität in der Flüchtlingsfrage. "Müssen wir uns Sorgen machen?" lautete Hoffmann zufolge daher die immer wieder gestellte Frage. "Ja müssen wir, aber auch über Pegida, brennende Flüchtlingsheime in Deutschland, rechtsnationale Regierungen oder erstarkende Parteien in vielen anderen europäischen Ländern und eine immer größer werdende Fremdenfeindlichkeit."

Marese Hoffman schöpfte Hoffnung: "In dieser Situation ist es gut, sich zu vergewissern, dass es auch ein anderes Deutschland und anderes Polen gibt." Allen Teilnehmer sei klar gewesen, dass Freiheit und Demokratie im vereinten Europa nur gemeinsam verteidigt werden könnten. Landrat Löwl erklärte zum Ende der Konferenz, dass "nur ein Europa der Bürgerinnen und Bürger sowie der Kommunen die großen Aufgaben meistern kann, denn vor Ort wird Gemeinschaft gelebt und dort müssen die Herausforderungen gelöst und Antworten gegeben werden". Die Zukunft Europas könne nur auf gegenseitiger Wertschätzung, Respekt und vor allem auf menschlichen Beziehungen beruhen. Dies könne sich - abseits der großen Politik - vor allem auf kommunaler Ebene entfalten.

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