Dachau:Mit importierter Medizin gegen Arzneimittelmangel

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Der Apotheker Maximilian Lernbecher, Landtagsabgeordneter Bernhard Seidenath und Minister Klaus Holetschek nehmen importierte Antibiotikasäfte für Kinder entgegen. (Foto: Toni Heigl)

Eine erste Lieferung mit belgischen und portugiesischen Antibiotikasäften für Kinder ist in Dachau eingetroffen.

Von Thomas Radlmaier, Dachau

Die begehrte Medizin erreicht die Obere Apotheke in Dachau am Donnerstag: 30 Flaschen mit Antibiotika-Säften für Kinder, hergestellt in Portugal und Belgien, verpackt in einem Karton. Vor diesem steht an diesem regnerischen Nachmittag Apotheker Maximilian Lernbecher und wirkt erleichtert. "Es ist eine der ersten Kisten aus dem Ausland", sagt er. Damit könne man immerhin 30 kranke Kinder versorgen.

Durch Bayern rollt eine Infektionswelle. Doch im Freistaat und in allen anderen Bundesländern mangelt es an Antibiotika-Säften für Kinder. Dafür gibt es mehrere Gründe: zu wenig Hersteller, länger gewordene Lieferketten und ein deutscher Arzneimittelmarkt, der für Pharmaunternehmen im Vergleich mit anderen Ländern unattraktiv und über die Jahre kaputt gespart worden ist - letzteres sagt zumindest der Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller. Nach Angaben des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) sind antibiotische Säfte derzeit bundesweit so knapp, dass auch für schwer erkrankte Kinder nicht ausreichend Antibiotika zur Verfügung stehen.

"Wir machen keine Experimente mit der Gesundheit der Kinder"

Aus diesem Grund hat der Bund einen "Versorgungsmangel" festgestellt. Dies ermöglicht den Ländern, von Vorgaben des Arzneimittelgesetzes (AMG) abzuweichen. Bayern hat daraufhin die befristete Einfuhr von Arzneimitteln erlaubt, die in Deutschland eigentlich nicht zugelassen sind, etwa belgische und portugiesische Antibiotika-Säfte für Kinder, die nun in Dachau angekommen sind. "Das ist deshalb aber keine schlechtere Ware", sagt Lernbecher. Die importierten Säfte kosten ungefähr das Doppelte des normalen Preises. Für die Mehrkosten würden aber die Krankenkassen aufkommen, so Lernbecher, der auch stellvertretender Vorsitzender des Bayerischen Apothekerverbands ist.

Es ist eine der ersten Lieferungen von importierten Antibiotika-Säften in Bayern. Daher besuchte am Donnerstag auch Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) die Dachauer Apotheke. "Wir machen keine Experimente mit der Gesundheit der Kinder", sagte er. Es gehe vielmehr um den Import von antibiotischen Säften, die zwar keine Zulassung in Deutschland hätten - "aber in dem Staat, aus dem sie importiert werden, rechtmäßig in Verkehr gebracht werden dürfen." Mit den kurzfristigen Maßnahmen des Freistaates könnten kranke Kinder in Bayern weiterhin medizinisch gut versorgt werden.

Ausfälle in Zukunft besser kompensieren

Der Minister rief zugleich die Bundesregierung dazu auf, Maßnahmen für die Stabilisierung der Arzneimittelversorgung auf den Weg zu bringen. Der Pharmastandort Deutschland müsse wieder attraktiv werden. Genauso wichtig sei es, Lieferketten zu stabilisieren. "Wir können weltweite Krisen und daraus resultierende Produktionsausfälle nicht verhindern. Aber wir müssen sie besser kompensieren."

Der Dachauer Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath (CSU) forderte, langfristig die Versorgung mit Arzneimitteln zu verbessern. Er verwies darauf, dass es seit 2016 keine Antibiotikaproduktion mehr in Deutschland gebe. Man müsse jetzt anfangen, gegenzusteuern.

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