Menschen mit Migrationsgeschichte diffamiert der Angeklagte im Netz nach einem Amoklauf in Offenburg unter anderem als „Ziegenficker“. Juden und Jüdinnen bezeichnet der Dachauer in einem Post auf der Internetplattform X als „Unkraut“. Für die Staatsanwaltschaft handelt es sich dabei nicht nur um klar rassistische und antisemitische Äußerungen. Es handelt sich ihr zufolge auch um Worte, die geeignet sind, das „politische Klima weiter aufzuheizen“, weil sie Hass gegen bestimmte Gruppen schüren. Vor dem Dachauer Amtsgericht muss sich der 24-Jährige deshalb wegen Volksverhetzung in zwei Fällen verantworten.
Gleich zu Beginn der Verhandlung räumt der Verteidiger des Angeklagten ein, dass dieser die beiden Posts via X abgesetzt hat. Seinem Mandanten sei jedoch mittlerweile bewusst, dass er „einen wahnsinnigen Hass“ in sich trage, er befinde sich deshalb mittlerweile auch in Therapie. Zudem gehe er regelmäßig zur Bayerischen Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE). Damit wolle der Dachauer vermeiden, dass es wieder zu solchen Äußerungen in der Öffentlichkeit komme.
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Richter Stefan Lorenz will von dem Angeklagten selbst wissen, woher sein Hass kommt. Der 24-Jährige sagt, dass er für von ihm ausgemachte Missstände „Schuldige“ suche. Mittlerweile wisse er zwar, dass diese nicht immer so leicht auszumachen seien und seine Worte „widerlich“, weshalb er wünschte, diese zurücknehmen zu können. Er sagt aber auch: „Ich habe es, als ich es gesagt habe, nicht bereut.“ Zudem verbreitet er auch noch im Gerichtssaal geschichtsrevisionistische Erzählungen, wie jene, wonach der Zweite Weltkrieg „keine einseitige Geschichte“ gewesen sein soll.
Eine gewisse Einsicht kann Richter Lorenz den Worten des 24-Jährigen trotz allem entnehmen, Reue oder gar einen Sinneswandel aber vermisst er. Es sei „grundfalsch“, das wiederholt Richter Lorenz mit Blick auf die abgesetzten Posts mehrmals, von möglichen Fehlern einiger auf eine gesamte Gruppe zu schließen. Er macht aber auch deutlich: „Ihr Gedankengut werde ich nicht verurteilen können.“
Das Gericht verurteilt ihn zu einer Bewährungsstrafe
Zu verurteilen gilt es indes die konkret begangenen Straftaten in Form der beiden abgesetzten Posts auf X. Dafür wird dem Dachauer eine Freiheitsstrafe von acht Monaten auferlegt, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung. Zudem soll ihm für mindestens zwei Jahre ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt werden und er soll insgesamt 1000 Euro an die Opferhilfe „Weißer Ring“ überweisen. Allein eine weitere Beratung durch BIGE will Richter Lorenz dem Angeklagten entgegen dem Vorschlag der Staatsanwaltschaft nicht richterlich auferlegen. Für die Auseinandersetzung mit rechtem Gedankengut, brauche es „Einsicht, keinen Druck“.
Dass es diese Auseinandersetzung gleichwohl dringend braucht, davon sind Staatsanwaltschaft wie auch Richter Lorenz und der Verteidiger des Angeklagten überzeugt. Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass der 24-Jährige bereits vorbestraft ist: Zu Studienzeiten soll er versucht haben, im Netz Schusswaffen zu erwerben. Der Kauf einer Schreckschusspistole gelang ihm schließlich, auch wenn er damit lediglich ein paar Schüsse im Garten eines Freundes abgefeuert haben will. Was ein Mensch mit so viel Hass auf vermeintlich Andere damit auch hätte anstellen können, das will sich Richter Lorenz an diesem Tag vor dem Dachauer Amtsgericht gar nicht ausmalen.