Süddeutsche Zeitung

Stadtrat Dachau:Schönheitskur für die Amper

Geht es nach dem Wasserwirtschaftsamt, soll der Fluss in Dachau zugänglicher werden - doch das kostet Geld.

Von Thomas Radlmaier, Dachau

Die Amper fließt im Süden aus dem Ammersee. Sie schlängelt sich über 105 Kilometer durch die Landkreise Fürstenfeldbruck, Dachau und Freising und mündet bei Wang in der Nähe von Moosburg in die Isar. Sie gibt den Dingen einen Namen. Das Gebiet, das sie durchschneidet, heißt Amperland. Dort gibt es zum Beispiel den Trachtenverein "D'Ampertaler", das Helios-Amper-Klinikum oder den Ort Ampermoching.

Flüsse beeinflussen Menschen, die in ihrer Nähe leben, und prägen ganze Landschaften. München hat die Isar, Paris die Seine, Rom den Tiber. Dachau hat die Amper. Doch der Fluss ist in Dachau weit davon entfernt, eine Lebensader für die Einwohner zu sein. Um ihre Wasserkraft zur Energiegewinnung zu nutzen, wurde sie im Stadtgebiet im vergangenen Jahrhundert um circa zwei Meter tiefer gelegt. Die Folge: Im oberen Abschnitt bis zur Querung der Martin-Huber-Straße fehlen Zugangsmöglichkeiten, lediglich von den Brücken aus können die Dachauer auf die Amper blicken. Die Amper ist schlecht in das Stadtbild eingebunden.

"Amper rhei" heißt "Amper fließe!"

Das findet zumindest das Wasserwirtschaftsamt München. Die Behörde würde das gerne ändern und hat 2018 das Projekt "Amper rhei" gestartet. Das ist Griechisch und bedeutet "Amper fließe". Ein Ziel ist, die Amper wieder natürlicher und damit auch für die Menschen zugänglicher zu machen. Für den Flussabschnitt in Dachau hat das Wasserwirtschaftsamt im Rahmen von "Amper rhei" deshalb mögliche Flächen identifiziert, welche die ökologische Funktionen und deren Erlebbarkeit fördern würden: die Stauhaltungsdämme des Flusswasserkraftwerks Dachau, das Altwasser der historischen Hafenanlage Holzgarten, die Hundewiese, das Wiesböckanwesen, der ehemalige MD-Holzlagerplatz sowie der MD-Sportplatz, der Uferbereich bis zur Mündung des Mühlkanals, der Etzenhausener Stadtwald und landwirtschaftliche Flächen im Auenbereich. Projektleiterin Jessica Schneider vom Wasserwirtschaftsamt hat die Flächen in der Sitzung des Umwelt- und Verkehrsausschusses vorgestellt.

Die Amper

Die Amper hatte einst den reißenden Charakter eines Gebirgsstroms, verlor ihre Dynamik jedoch in den 1920er-Jahren, wie das Wasserwirtschaftsamt München in einem "Gewässerportrait" schreibt. Damals wurden im Rahmen der sogenannten Amperkorrektion Kurven und Schleifen begradigt, um die Niedermoorgebiete, die sie damals durchfloss, zu entwässern. Noch heute ist das Ampertal Lebensraum von zum Teil seltenen Tier- und Pflanzenarten, obwohl der Fluss in weiten Teilen als nährstoffarm gilt. SZ

Die Stadträte äußerten sich grundsätzlich positiv zu den Überlegungen des Wasserwirtschaftsamtes, die Amper für die Dachauer erlebbarer zu machen. Gleichwohl hatten sie die angespannte Haushaltslage im Blick, die sich durch die Corona-Krise verschärfen dürfte. Mehrere Fraktionen betonten, dass sich die Pläne für die Amper nur realisieren lassen, wenn der Freistaat den Löwenanteil bezahlt. Eine Aufwertung der Amper sei grundsätzlich zu begrüßen, sagte Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). Aber: "Wir erwarten schon eine hohe Kostenbeteiligung des Freistaates. Unter 80 Prozent brauchen wir gar nicht weiterreden."

"Es ist immer ein Geben und Nehmen notwendig"

Die Stadträte beschlossen, mehrere Flächen von vornherein zu streichen. Lediglich beim Etzenhausener Stadtwald, dem ehemaligen MD-Holzlagerplatz und Sportplatz sowie beim Wiesböckanwesen stimmte eine Mehrheit dafür, die Planungen voranzutreiben. Bei letzterem fiel die Entscheidung mit acht zu sieben Stimmen sehr knapp aus. Das Wiesböckanwesen gehört der Stadt, es hat eine Top-Lage. Es ist eine der letzten unbebauten Flächen im zentralen innerstädtischen Bereich. Derzeit dient es als Parkplatz. Was die Stadt damit in Zukunft macht, ist völlig unklar. Zuletzt war es im Gespräch, als man eine Fläche für die Rathauserweiterung suchte. Die Fraktionen von CSU, ÜB/FDP, Freie Wähler/BFD und AfD waren dagegen, die Planungen für die Amper-Aufwertung am Wiesböckanwesen voranzutreiben. "Wenn man dort das Ufer abflachen würde, würde man das Wiesböckanwesen zerstören", sagte August Haas (CSU). Die Stadt könnte die Fläche gut nutzen. Auch Peter Gampenrieder (ÜB/FDP) meinte, er würde dort "ungern einen Pflock reinschlagen".

Dagegen stimmte eine große Mehrheit dafür, die Planungen bei den beiden MD-Flächen zu vertiefen. Hintergrund: Sollte dort die Amper aufgewertet werden, müsste die Isaria als Eigentümerin des MD-Geländes bezahlen. "Eine Kostenbeteiligung der Stadt sehe ich dort überhaupt nicht", sagte Hartmann.

Wie sich die Kosten bei einer möglichen Umsetzung der Maßnahmen an der Amper aufteilen würden, ist noch ungeklärt. Doch eine Vertreterin des Wasserwirtschaftsamtes machte in der Sitzung klar, dass der Freistaat natürlich nur einen Teil bezahlen könnte. "Es ist immer ein Geben und Nehmen notwendig."

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Quelle:
SZ vom 30.09.2020
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