Süddeutsche Zeitung

Dachau:Abschied mit Wehmut

Warum Caritas-Geschäftsführer Axel Hannemann der Wechsel von Dachau nach München schwer fällt

Von Wolfgang Eitler, Dachau

Angefangen hat Axel Hannemann bei der Caritas in Dachau 1987 als Praktikant. Zehn Jahre später wurde er Geschäftsführer. Seit 1998 ist er außerdem für die Wohlfahrtsorganisation der katholischen Kirche in sechs Landkreisen im Münchner Norden zuständig. Vom 1. Juli 2016 an soll er noch sieben weitere Caritas-Geschäftsstellen im Münchner Süden betreuen. Deshalb wechselt Axel Hannemann nach München.

Er weiß schon jetzt: "Ich werde die Arbeit in Dachau vermissen." Damit meint er eine Tätigkeit, deren unmittelbare Folgen und Erfolge wegen der Nähe zu den Menschen zu sehen und zu spüren sind. Er sagt zwar den landläufig bekannten Satz bei einem beruflichen Wechsel in eine gehobenere Position, meint ihn aber ernst: "Ich habe mir die Entscheidung nicht leicht gemacht. Sie ist mir auch nicht leicht gefallen." Am vergangenen Freitag, 19. Februar, ist Hannemann übrigens 53 geworden. Die Suche nach dem Nachfolger hat begonnen.

Hannemanns Gefühle sind nachvollziehbar. Als er in Dachau begann, musste sich die Caritas vornehmlich um Menschen kümmern, die in prekären Wohnverhältnissen ohne Heizung, teils auf Lehmböden lebten. Fast 30 Jahre später ist die Wohlfahrtsorganisation der katholischen Kirche eine Institution, die soziale Maßstäbe setzt und Innovationen vorantreibt. Aktuelles Beispiel ist die Hilfe für Flüchtlinge und Asylsuchende. Während sich die Landkreisverwaltung mit sicherheitstechnischen Fragen befasst, übernimmt die Caritas die menschliche, die soziale Seite. Sie betreut auch die vielen Helfer in den Gemeinden des Landkreises. Die Caritas sieht sich als gewichtiger Ansprechpartner, die selbst hohe Beträge in diese Arbeit investierte. Hannemann: "Die Erzdiözese München-Freising gibt dieses Jahre drei Millionen Euro für die Flüchtlingshilfe insgesamt aus." Denn der Freistaat übernimmt beispielsweise nur 80 Prozent der Personalkosten bei privaten Trägern. Die Caritas engagiert sich außerdem für psychisch Kranke, an Schulen, für geistig behinderte Menschen oder verfügt beispielsweise über eine eigene Schuldnerberatung.

Diese gesamte Arbeit hat in Hannemanns Augen vor allem die Einstellung der Kommunalpolitik zur Caritas verändert. "Unser Know-How ist in der Vergangenheit nicht immer optimal genutzt worden", sagt er. Selbstbewusst registriert er den Wandel: "Ich erlebe jetzt eine wesentlich größere Offenheit der Politik gegenüber unserer Wohlfahrtspflege. Wir sind keine Bittsteller mehr, sondern Partner auf Augenhöhe." Deswegen ist verständlich, dass Axel Hannemann der Weggang schwer fällt. Denn er verlässt eine Geschäftsstelle, an deren Erfolg er maßgeblich beteiligt ist. Er fühlt sich auch so.

Und was sind die Probleme der Zukunft? Axel Hannemann: "Es sind die gleichen wie 1987." Nur in einer anderen Ausprägung. Früher war es die miserable Qualität der Wohnverhältnisse für Menschen ohne große Einkommen. Jetzt drehen sich alle Fragen um die eine zentrale: Wer kann, wer soll diese hohen Mieten noch bezahlen? Nun kann die Caritas keine Wohnungen bauen, aber sie will Anwältin einer geänderten Wohnpolitik sein, und sie möchte versuchen, die Nöte und Ängste von Menschen nicht nur in Dachau, sondern eben in der gesamten Region München abzufedern. Darin sieht Hannemann das Thema der Zukunft: "Wir sind dran."

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Quelle:
SZ vom 22.02.2016
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