Dachau:Abgehängt

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Seit Tagen ist halb Dachau vom Telefonnetz und vom Internet abgeschnitten. Aber die Anbieter sind selbst ratlos und lassen KZ-Gedenkstätte, Geschäfte und Privatkunden im Stich.

Benjamin Emonts und Helmut Zeller

- Halb Dachau ist seit Tagen offline, auch die Telefone sind tot - und die Anbieter lassen die Kunden ratlos zurück. In der KZ-Gedenkstätte mit täglich Tausenden von Besuchern herrscht Chaos. Auch Stadtverwaltung, Betriebe und Geschäfte sowie viele Privatkunden waren oder sind noch, in manchen Fällen schon seit einer Woche, abgeschnitten. Die Störungen konzentrieren sich auf Dachau-Ost, treten aber auch in anderen Stadtteilen und Landkreisgemeinden wie Haimhausen auf. Betroffen sind Kunden mehrerer Anbieter, die über das Leitungsnetz der Telekom versorgt werden. Telekom-Pressesprecher Udo Harbers erklärte auf Anfrage der SZ, dass Bauarbeiten in Dachau am Montag zu einem Kabelschaden geführt hätten - aber die Leitungen sind schon viel länger tot. Von den anhaltenden Störungen weiß Harbers nichts. Unterdessen ärgern sich die Kunden in Dachau, vor allem sind sie vom Service der Internet-Anbieter enttäuscht, die keine oder widersprüchliche Informationen geben.

Aufregen mag sich Christian Dudyka aus Haimhausen über den Internet-Anbieter "1&1" nicht mehr, er hat schon resigniert: Über eine Woche war er nicht online, jetzt geht es wieder zeitweilig, aber das Telefon war immer noch tot, als das Unternehmen das Gegenteil behauptete. So ergeht es mehreren Kunden, aber für Christian Dudyka ist das ein Problem, denn als Vorsitzender der Arbeitnehmer-Union in der CSU sollte er erreichbar sein. Doch die Anrufer hören nur das Besetzt-Zeichen oder gewinnen gar den Eindruck, sie würden von ihm weggedrückt, wie Dudyka sagt. "1&1" teilte der Süddeutschen Zeitung auf Nachfrage am Montag mit, dass die Störungen am Freitag, 19. Oktober, beseitigt worden seien. Das, sagt Dudyka, stimme definitiv nicht. Denn noch am Sonntag habe sein Schwager ihn vergeblich zu erreichen versucht. "Das 1&1 Prinzip - ein Anruf genügt und Sie haben einen der freundlichen 1&1 Experten am Telefon." Von wegen. Mindestens dreimal habe er, sagt Dudyka, angerufen. Wenn er lange genug in der Warteschlange ausharrte, wurde er stets mit einer wieder anderen Telefonnummer des Unternehmens abgespeist. "Freundlich waren sie schon, aber einer schiebt's auf den anderen." Nach dem dritten Anruf gab Dudyka auf. "Ich habe keine Auskunft bekommen, woran es liegt und wann es behoben sein wird. Das kann doch nicht sein."

Ratlos ist man auch in der KZ-Gedenkstätte, die seit Sonntag ohne Telefon und Internet ist, wie der Historiker Dirk Riedel der SZ am Dienstag sagte. Der Anbieter "Vodafone", Telekommunikationsausrüster des Freistaates Bayern, habe die Einrichtung einer provisorischen Leitung angeboten - aber dann hörten die Gedenkstättenmitarbeiter nichts mehr. Anmeldungen, Umbuchungen, Verspätungen von Schülergruppen - nichts geht mehr. Und natürlich können auch keine privaten Anfragen beantwortet werden, wie Riedel sagt. Die Leute seien sehr verärgert, aber die Gedenkstätte weiß nicht, wie lange die Störung noch dauert. Mitarbeiter verwenden ihre privaten Handys für dienstliche Anrufe. Das hilft aber bei Referenten nur wenig: Viele sind ja weder online noch telefonisch zu erreichen. Anderen geht die Panne auch noch ans Geld: Taxifahrer des Anbieters "O2" konnten keine Aufträge mehr entgegennehmen, inzwischen gehen die Telefone wieder. Fahrschulen und Geschäfte sind auch betroffen. Zum Beispiel der Drogeriemarkt Rossman in der Berliner Straße: Seit Freitag ging nichts mehr, wie eine Mitarbeiterin der SZ sagte. Telefone waren stumm, und die Kundschaft konnte nicht mehr mit EC-Karte bezahlen. Inzwischen verfügt der Drogeriemarkt über eine "instabile Internetverbindung". In der Berliner Straße, in fast ganz Dachau-Ost sind laut Anwohner Werner Stingl alle Leitungen tot. Bei ihm lief noch am Dienstag weder Internet noch Telefon. Es sollen auch Privatkunden von "Vodafone", von allen möglichen Anbietern betroffen sein.

Die Anbieter sind aber außen vor, wie die SZ aus der EDV-Abteilung der Stadt erfuhr. "1&1" spricht auch von einer DSL-Störung "bei einem unserer Leitungspartner". Das ist die Telekom. Deshalb war der Ausfall am Freitag, der die Stadtverwaltung komplett lahmlegte, bald behoben; das Rathaus geht mit der "Dachau CityCom" online, die über eine eigene Hardware verfügt und nur auf der "letzten Meile" das Telekom-Netz in Anspruch nimmt. Aber die Angelegenheit wird immer rätselhafter: Telekom-Sprecher Harbers weiß nur von einem komplizierten Kabelschaden in Dachau, der Montagmittag aufgetreten sei und bis Mittwochmittag behoben werde. Von den anderen, seit Tagen anhaltenden Störungen wisse er nichts, sagte Harbers. Dagegen weiß man im Rathaus, dass in Erding ein Kabelschaden war. Aber der war wiederum nicht in Erding, sondern am Freitag in Aschheim - Tage nachdem die ersten Störungen in Dachau und Haimhausen aufgetreten sind.

© SZ vom 24.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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