Dachau:400 Antragsteller auf der Warteliste

Die Stadt Dachau braucht mehr Sozialwohnungen. Bauausschuss debattiert über die Unterbringung von Obdachlosen

Von Viktoria Großmann, Dachau

Einige Stadträte scheint es zu verwundern, dass ausgerechnet die CSU das Thema aufbringt, immerhin aber gibt es fraktionsübergreifende Einigkeit: Es muss Wohnraum geschaffen werden. Etwa 400 Menschen stehen auf der Warteliste um eine Sozialwohnung in Dachau. "Täglich kommen neue Anträge", sagt Stefan Januschkowetz, Leiter des Ordnungsamtes. Seit Jahren steige die Zahl der Antragsteller erklärte er auch den Mitgliedern in Bauausschuss und Umweltausschuss, die gemeinsam über den Haushalt berieten.

CSU-Fraktionsvorsitzender Dominik Härtl hatte zum Abschluss der Sitzung gefragt, wie sich die Stadt finanziell auf die Unterbringung von Obdachlosen einstellen wolle. Schnell wurde daraus eine sachliche Diskussion über den wachsenden Bedarf an Sozialwohnungen und an bezahlbarem Wohnraum im Allgemeinen, sowie über die Notwendigkeit, in der Zukunft mehr anerkannte Asylbewerber unterbringen zu müssen. Während etwa in Haimhausen kürzlich eine solche Diskussion leicht aus dem Ruder lief, weil die Not von Sozialhilfeempfängern gegen die von Asylbewerbern ausgespielt wurde, ist davon unter den Dachauer Stadträten gar nichts zu erkennen. Einig sind sie sich darin, dass das Problem besteht und am besten sofort angegangen werden muss.

Die Beiträge zur Diskussion zeigen, dass sich einige Stadträte schon länger zu diesem Thema Gedanken machen, während andere erst einmal nur, wenn auch richtige, Forderungen stellen. SPD-Stadträtin Sylvia Neumeier, Gründerin der Drogenberatungsstelle Drobs e.V., kennt die Menschen, die auf Sozialwohnungen angewiesen sind, aus ihrer täglichen Arbeit. "Es geht zum größten Teil um Menschen, die schon seit vielen Jahren hier leben." Aus ihrer Erfahrung müssten viel mehr Menschen einen Antrag stellen. Viele würden das aber nicht tun, weil mit dem Antrag eine Bearbeitungsgebühr von 12,50 Euro fällig wird. Der Antrag muss jedes Jahr neu gestellt werden, jedesmal wird die Gebühr fällig. "Man sollte überdenken, ob diese Gebühr sinnvoll ist." Die meisten Antragsteller warten mehrere Jahre auf einen positiven Bescheid.

Bürgermeister Kai Kühnel (Bündnis) schlägt vor, die Stadt solle bei der Auftragsvergabe solche Bauträger bevorzugen, die von sich aus eine bestimmte Zahl Sozialwohnungen zu bauen bereit sind. Außerdem solle der Stadtbau GmbH die Möglichkeit gegeben werden, sich mehr auf ihre Bauherrenrolle zu konzentrieren, statt auch planen und überwachen zu müssen. Man dürfe die Stadtbau nicht überlasten, antwortet Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). Mit 1500 Sozialwohnungen stehe Dachau im Landkreis vorbildlich da. Wichtig sei, dass auch andere Kommunen Sozialwohnungen bereitstellen, viele Kollegen, so Hartmann, redeten sich aber darauf heraus, dass es "keinen Bedarf" gebe. Dabei ist dieser so groß, dass sich die Stadt beim Landratsamt die Genehmigung geholt hat, Berechtigte auch außerhalb der Stadt unterzubringen. Die Stadt sucht also nun landkreisweit nach geeigneten Wohnungen. Es fehlt vor allem an ausreichend großen Wohnungen. Erst kürzlich habe er eine ganze Familie in einem Einzelzimmer in der Obdachlosenunterkunft unterbringen müssen, sagt Januschkowetz. Teil des Problems sind auch die unbefristeten Mietverträge in Sozialwohnungen. Während einige Familien viel zu wenig Platz haben, haben andere zu viel. Die Mitarbeiter der Stadt versuchen es dann zum Teil mit Tauschangeboten, doch das bringe jährlich nur etwa zwei bis drei Umzüge, sagt Januschkowetz.

Den Stadträten geht es auch darum, Dachau auf den Zuwachs durch anerkannte Flüchtlinge vorzubereiten. Nicht selten müssen sie von der Gemeinschaftsunterkunft in der Kufsteiner Straße direkt in die Obdachlosenunterkünfte umziehen. Gertrud Schmidt-Podolsky (CSU) sagt, wenn schon die große Politik zu spät auf das Thema Immigration und Flüchtlingsunterbringung reagiert habe, so solle sich das wenigstens in Dachau nicht wiederholen. "Wir müssen planen, damit es allen Menschen in der Stadt mit den Veränderungen besser geht." Doch woher soll das Geld kommen, fragt der Oberbürgermeister seine Stadträte. Bayern habe von der vom Bund versprochenen Hilfe für die Kommunen zur Integration der Flüchtlinge noch nichts gesehen. Vor dem Beschluss zum Haushalt 2016 sei es wahrscheinlich nicht mehr möglich zum Wohnungsbau eine Entscheidung zu treffen. Doch das ist den Stadträten zunächst egal. SPD-Stadtrat Günter Heinritz und Dominik Härtl fordern, das Thema auf die Tagesordnung in einem der nächsten Bauausschüsse zu setzen. "Wichtig ist, dass wir das Thema angehen. Jetzt", sagte Härtl.

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