CSU:Überschrittene Grenzen

Karl-Theodor zu Guttenberg ist für ihn ein "Glühwürmchen", Finanzminister Söder "pathologisch ehrgeizig". Seehofers Rundumschlag verwundert viele - die CSU-Basis im Landkreis ist empört.

Andreas Glas und Gregor Schiegl

Landtag Bayern

Hat den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer der Übermut gepackt? An der Parteibasis herrscht Unverständnis für die Attacken Seehofers gegen seine eigenen Leute.

(Foto: dpa)

- Karl-Theodor zu Guttenberg nannte er "Glühwürmchen", Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer bezeichnete er spöttisch als "Zar Peter" und Finanzminister Markus Söder hält er gar für "pathologisch ehrgeizig" und wirft ihm "charakterliche Schwächen" vor. All das diktierte Ministerpräsident Horst Seehofer den Journalisten bei einer Weihnachtsfeier in die Blöcke. Die CSU-Basis ist empört, wie Seehofer mit Parteifreunden umgeht - auch in der Landkreis-CSU herrscht Verärgerung. Allein CSU-Landratskandidat Stefan Löwl und der Kreisvorsitzende der Jungen Union Christopher Hollfelder wollten sich zu den Vorgängen nicht äußern.

Tobias Stephan, CSU-Kreisrat: "Ich verstehe nicht, wie man sich zu so etwas hinreißen lassen kann. Das entspricht nicht meinem Verständnis von einem anständigen politischen Stil in einer Partei. Mag ja sein, dass jemand ehrgeizig ist oder nicht zur vollen Zufriedenheit in seinem Job gearbeitet hat, aber das muss man persönlich sagen anstatt jemanden vor versammelter Runde runter zu putzen. Das war vielleicht vor 20 Jahren der Stil, aber heutzutage geht das nicht mehr. Es gibt Grenzen und die sind in dem Fall eindeutig überschritten worden. Jetzt müssen ihn die eigenen Leute wieder vom hohen Ross runterholen. Bei den Betroffenen wird das hängen bleiben, aber auch die ganz normalen Mitglieder sind empört."

Bernhard Gaigl, Vorsitzender des CSU-Ortsverbands Karlsfeld: "Ich weiß nicht, was den Ministerpräsidenten da geritten hat. Auch wenn er jetzt nachgeschoben hat, das sei humorig gemeint gewesen, ist das natürlich keine Art, miteinander umzugehen. Man kann Kritik an Anderen äußern, aber das sollte man intern tun, ganz sachlich und nicht in der Öffentlichkeit."

Blasius Thätter, Ehrenvorsitzender des CSU-Kreisverbands Erdweg und ehemaliger Landtagsabgeordneter: "Mich ärgert, wenn die guten Voraussetzungen, die die CSU für die Landtagswahlen mitbringt, durch ein solches Hin und Her in Frage gestellt werden. Es besteht keine Notwendigkeit, solche Strategien zu fahren. Ich weiß, dass Söder nicht bei allen beliebt ist, aber ich kenne ihn aus meiner Zeit im Landtag, da war er ein ganz junger Abgeordneter. Ich habe mich mit ihm gut verstanden, ich war ja fast so was wie ein Vater für ihn.

Bernhard Seidenath, Vorsitzender des CSU-Kreisverbands Dachau: "Ich habe den Zeitungen entnommen, was der Ministerpräsident auf der Weihnachtsfeier gesagt haben soll. Ich kann mir vorstellen, dass Seehofer den schönen Spruch "Das können Sie alles senden" gesagt hat - und das haben die Journalisten dann auch gemacht. Aber das ist eine Sache zwischen Söder und Seehofer. Die haben sich ausgeredet, damit ist die Sache für mich erledigt."

Wolfgang Offenbeck, Sprecher der CSU-Kreistagsfraktion aus Karlsfeld: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Seehofer wollte, dass die Dinge, die er da gesagt hat, alle publik werden. Dieser Mordsrummel ist jetzt für die CSU natürlich nicht besonders glücklich, aber ich sehe das weniger dramatisch als es in den Zeitungen zu lesen ist: Der Seehofer ist eben locker und flapsig, das ist ja auch seine große Stärke, dass er spontan sagt, was er denkt und nicht vorsichtig erst jedes Wort abwägt. Ich will den Vorgang nicht schönreden, aber dass mal über den Anderen gestänkert wird, gibt es überall, wo Menschen zusammenarbeiten, in jeder Partei, in jeder Firma."

Gerda Hasselfeldt, CSU-Landesgruppenvorsitzende und Wahlkreisabgeordnete für Dachau-Fürstenfeldbruck: "Ich denke, man sollte das nicht überwerten, zumal es sich ja inzwischen wieder sehr schnell normalisiert und aufgelöst hat. Seehofer und Söder haben sich ausgesprochen und damit ist es erledigt. Ich glaube nicht, dass das irgendwelche Nachwirkungen hat."

Peter Strauch, Vorsitzender des CSU-Ortsverbands Dachau: "Man weiß nie genau, was wirklich gesagt wurde, aber es ist grundsätzlich schlecht für unsere Partei, denn es kommt zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Die Wählerstimmen sind wichtig, aber wir dürfen uns die Stimmung nach innen nicht kaputt machen. Denn gute Politik kann man nur machen, wenn man sich noch in die Augen schauen kann. Deshalb hoffe ich, dass sie (Seehofer und Söder/Anm. d. Red.) sich nicht so sehr zerkriegt haben, dass sie nicht mehr miteinander können. Dann hätten wir wirklich ein Problem. Grundsätzlich sind persönliche Angriffe in der Politik nicht gut zu heißen."

Eva Rehm, stellvertretende Landrätin aus Erdweg: "Was da geschehen ist, ist schwer verständlich. Seehofer hat diese Leute ja selbst in sein Kabinett berufen. Vielleicht hat er ja mit dem, was er gesagt hat, auch manchen aus der Seele gesprochen. Auseinandersetzungen gibt es in jeder Familie, aber dass das öffentlich geschieht, ist schon ungewöhnlich."

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