CSU-Landratskandidat Löwl:Der ewige Ministrant

Der CSU-Landratskandidat Stefan Löwl spendet auf dem Landfrauentag die heilige Kommunion. Manche finden das scheinheilig

Von Helmut Zeller

CSU-Landratskandidat Löwl: Spontan habe er sich als Eucharistiehelfer gemeldet, sagt Löwl.

Spontan habe er sich als Eucharistiehelfer gemeldet, sagt Löwl.

(Foto: Toni Heigl)

US-Präsidentschaftsanwärter berufen sich im Wahlkampf gerne auf Gott - das ist bekannt und wird hierzulande eher als unpassend empfunden. Zumindest von denjenigen, die auf eine saubere Trennung von Religion und Politik achten. Sie erinnern sich noch lebhaft an jene Zeiten im Dachauer Land, als Pfarrer ungeniert von der Kanzel herab Wahlhilfe leisteten und den Gottesdienstbesuchern sagten, für wen sie das Kreuzchen machen müssen - für die CSU. Kreisbäuerin Emmi Westermeier steht auf der CSU-Kreistagsliste für die Kommunalwahl. Aber Wahlkampf in der Kirche mag sie nicht. Auch für den alljährlichen Landfrauentag hat sie strenge Regeln. "Ich lasse den doch nicht für Werbezwecke missbrauchen", sagt sie.

Doch diesmal hat sie die Rechnung ohne Stefan Löwl gemacht, den CSU-Bewerber für das Amt des Landrats. Im Gottesdienst im Renaissancesaal des Dachauer Schlosses spendete der Spitzenkandidat das Sakrament der Kommunion - ein Raunen ging durch den Renaissancesaal mit etwa 300 Besuchern. Aber eher eines der Anerkennung. Dabei wollte Westermeier, wie sie sagt, gut sechs Wochen vor der Kommunalwahl ganz bewusst keinem Politiker eine Plattform geben. Dafür veranstaltet der Bayerische Bauernverband im Landkreis schließlich eine Podiumsdiskussion mit den Kandidaten aller Parteien. Böse war die Kreisbäuerin Stefan Löwl jedoch nicht. Sie habe, sagt sie, schon "innerlich geschmunzelt", als der Landratskandidat die Hostien verteilte. "Aber das wäre unfair, ihm jetzt einen Strick daraus zu drehen."

Der eine oder andere sah in Löwls Auftritt schon eine dreiste Wahlkampfwerbung. Ein FW-Kreisrat, dessen Namen Emmi Westermeier nicht verraten will, habe sie gleich danach angesprochen: "Des habt's ja sauber eingefädelt." Möglicherweise sprach nur der Neid aus dieser Äußerung. Denn die Freien Wähler wollen neuerdings in ihrem Kampf um das Landratsamt auch Gott auf ihre Seite ziehen. Unter den Festgästen im Schloss war die FW-Spitzenkandidatin Michaela Steiner. Zum Beginn ihrer Wahlkampfauftaktveranstaltung am 2. Februar in Rumeltshausen entzündete Steiner eine Kerze und betete mit den etwa sechzig Besuchern das Vater Unser, bevor sie zu ihren politischen Aussagen kam. Steiner hatte keinen Pfarradministrator Albert Hack, der für die Landfrauen im prächtigen Schlosssaal einen Gottesdienst zelebrierte. Verdutzte Blicke gab es bei der FW-Wahlkampfveranstaltung schon - schließlich waren vielleicht unter den Besuchern auch Wähler, die keiner Kirche angehören. Sie erwarten von einem Landrat, dass er für alle da ist - die Landkreisbewohner muslimischen Glaubens werden ganz vergessen.

Die Kritik kann CSU-Kandidat Löwl nicht nachvollziehen: Dann dürfte ja kein Kandidat während des Wahlkampfes sein Ehrenamt mehr ausüben, sagt er. Sein Auftritt im Gottesdienst sei weder vorbereitet noch abgesprochen, sondern spontan gewesen, sagt er. "Das war mehr oder weniger ein Reflex." Der 40-jährige Löwl ist schon von Kindesbeinen an als Ministrant sowie später als Eucharistiehelfer, Pfarrgemeinderat und Lektor in der katholischen Kirche engagiert. Löwl erklärt das so: Pfarradministrator Hack fragte nach einem zweiten Eucharistiehelfer. Niemand habe sich gemeldet, also sprang Löwl "nach 20 Sekunden peinlichen Schweigens" auf. Erst als er den Kelch mit den Hostien entgegennahm, wurde ihm die "besondere Situation" bewusst.

Andere haben beobachtet, dass Löwl die Hand sehr schnell oben hatte, als Pfarrer Hack nach einem Eucharistiehelfer fragte. Nicht wenige anwesende Bürgermeister sollen den Auftritt des Landratskandidaten mit einem Kopfschütteln begleitet haben. "Im Hinterkopf" mag Löwl den Wahlkampf schon gehabt haben, meint die Kreisbäuerin Westermeier. Aber deshalb habe er es bestimmt nicht gemacht. Eine Geste im richtigen Moment hat jedoch viel größere Wirkung als viele Worte. Das wissen Kommunalpolitiker und das haben auch Bürgerinitiativen gemerkt: Es war in Haimhausen, als Windkraftgegner aus Amperpettenbach zur Gemeinderatssitzung mit Transparenten erschienen - und ihren Protest mit einem religiösen Symbol unterstrichen. Eine Bürgerin trug ein Marienbild vor sich her und hielt es Bürgermeister Peter Felbermeier (CSU) unter die Nase.

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