Süddeutsche Zeitung

CSU:Endlich eine echte Wahl

Üblicherweise stellen sich bei Vorstandswahlen genauso viele Kandidaten zur Wahl wie es Plätze gibt. Julia Grote hat mit dieser Methode gebrochen. Der Erfolg gibt ihr recht

Kommentar von Thomas Radlmaier

Die CSU vergibt die Vorstandsämter des Dachauer Kreisverbandes normalerweise so: Vor Versammlungen werden Mitglieder gefragt, ob sie sich vorstellen können, ein Amt zu übernehmen beziehungsweise weiter im Amt zu bleiben. Bei der Wahl selbst gibt es dann meistens genauso viele Kandidaten wie Vorstandsposten und letztlich so viele Überraschungen wie bei einem Rosamunde-Pilcher-Film. Nach dieser legitimen Erwartbarkeitsmethode verfahren auch andere Parteien. Das schafft Verlässlichkeit und Kontinuität. Ein für alle Beteiligten netter Nebeneffekt ist, dass verdiente Vorstandsmitglieder würdig verabschiedet werden können, wenn sie ausscheiden.

Die Kreis-CSU hat der langjährigen stellvertretenden Vorsitzenden Eva Rehm einen für sie unwürdigen Abschied bereitet. Aber der Demokratie sind persönliche Befindlichkeiten egal. Zum Glück! Demokratie ist schließlich, wenn die Mehrheit entscheidet. Julia Grote hat mit der Erwartbarkeitsmethode gebrochen. Sie hat niemanden von ihren Ambitionen erzählt, sondern einfach kandidiert. Sie hat ihrer Partei damit einen demokratischen Dienst erwiesen. Erst dadurch wurde die Wahl der neuen Vorstandsmitglieder zu einer echten Wahl. Grote hat die Mehrheit der CSU-Mitglieder vielleicht sogar genau damit überzeugt. Auch das steht für sich.

Es schadet dem CSU-Kreisvorstand sicher nicht, wenn das Personal durchwechselt. Rechtzeitig vor der Kommunalwahl kommt jemand mit neuen Ideen und vor allem eine junge Frau, welche die Themen der jüngere Generation ansprechen kann. Grote hat mit ihren 29 Jahren schon mehr Wahlkampferfahrung als so manch anderer Kommunalpolitiker. Das könnte sich für die CSU im Landkreis noch auszahlen. Bemerkenswert ist, dass der Dachauer Ortsverband immer mehr Macht im Kreis gewinnt. Mit Grote, Tobias Stephan und dem neugewählten Schriftführer Michael Putterer sind nun drei Dachauer im Kreisvorstand vertreten. Es scheint, als würde in der Landkreis-CSU auch der Regionalproporz eine weniger wichtige Rolle spielen. Auch das war in der Vergangenheit nicht immer so in dieser Partei.

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Quelle:
SZ vom 23.05.2019
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