Süddeutsche Zeitung

CSU:Julia Grote verdrängt Eva Rehm aus dem CSU-Vorstand

Lesezeit: 3 min

Die JU-Vorsitzende Julia Grote hat mit einer überraschenden Kampfkandidatur einen Stellvertreterposten im CSU-Vorstand errungen. Eva Rehm musste dafür gehen.

Von Thomas Radlmaier, Dachau

Julia Grote hat per Kampfkandidatur einen Stellvertreterposten im Dachauer Kreisverband der CSU errungen und damit für eine dicke Überraschung gesorgt. Die 29-jährige Kreisvorsitzende der Jungen Union (JU) verdrängte Eva Rehm, die das Amt viele Jahre lang bekleidet hatte.

Die 66-jährige Kreisrätin aus Erdweg, deren Wiederwahl zur Stellvertreterin als sicher galt, wirft Grote nun vor, ihre Ambitionen im Vorfeld der Kreisvertreterversammlung verschwiegen zu haben. "Diese Vorgehensweise ist nicht der Stil, den ich pflege", sagt sie. Grote indes weist die Kritik zurück. Es sei ein seltsamer Ansatz zu sagen, "ich darf mich bei der Versammlung nicht aufstellen lassen. Jeder darf kandidieren", so die Dachauerin.

"Wenn man nicht aufsteht und sich meldet, weiß man nie, wo man steht"

Julia Grote, die bislang weder im Stadtrat noch im Kreistag sitzt, entschied sich auf der Versammlung spontan, wie sie sagt, für das Amt der stellvertretenden Kreisvorsitzenden zu kandidieren. Der Bericht des CSU-Chefs und Landtagsabgeordneten Bernhard Seidenath gab für sie den Ausschlag zu ihrem Entschluss. Seidenath hatte darüber gesprochen, dass der Altersdurchschnitt im Kreisverband bei 60 Jahren liegt. "Das hat mich umgehauen", sagt Grote. Schließlich habe sie sich gedacht: "Ich probiere es einfach mal."

Nachdem die Mitglieder den Landtagsabgeordneten Seidenath als Kreisvorsitzenden mit 124 von 131 möglichen Stimmen bestätigt hatten, wählten sie dessen vier Stellvertreter. Seidenath selbst schlug die bisherigen Amtsinhaber vor: Helmut Zech, Tobias Stephan, Rosmarie Böswirth und Eva Rehm. Zur großen Überraschung aller brachte anschließend Josef Reischl aus Schwabhausen Julia Grote aufs Tapet. Ein Teilnehmer berichtet, er habe das zuerst für einen Witz gehalten, weil Reischl des Öfteren zum Spaßen aufgelegt sei. Doch Grote meinte es ernst. "Wenn man nicht aufsteht und sich meldet, weiß man nie, wo man steht", sagt sie wenige Tage später.

Julia Grote hat sich in den vergangenen Wahlkämpfen hervorgetan

Die 29-Jährige hat politisches Talent. Sie führt den Dachauer Kreisverband der Jungen Union an und hat sich insbesondere in den vergangenen Wahlkämpfen hervorgetan. Eines ihrer politischer Vorbilder ist der CDU-Politiker Friedrich Merz. Bei der Bezirkstagswahl kandidierte sie für die CSU zwar auf einem aussichtslosen Listenplatz. Gleichwohl hat sie bei vielen Wahlkampfauftritten im Landkreis Dachau immer wieder das Wort ergriffen und sich so einen Namen gemacht. Sie habe "tolle Erfahrungen" gemacht und "viel positives Feedback" bekommen, sagt sie. Nach dem Wahlkampf habe sie darüber nachgedacht, wie viel Zeit sie künftig in die Politik investieren wolle und sei zu dem Entschluss gekommen: "Ich will auf alle Fälle weitermachen."

Auf der Dachauer Kreisvertreterversammlung dürften sich viele Delegierte an Grotes Engagement im vergangenen Jahr erinnert haben. Bei vier Stellvertreterposten und fünf Kandidaten war klar, dass einer leer ausgehen wird. Tobias Stephan erhielt 110 Stimmen, Helmut Zech 103 und Rosmarie Böswirth 88. Julia Grote bekam 84 Stimmen. Für Eva Rehm hat es mit 63 Stimmen nicht gereicht. Sie musste ihr Amt abgeben. Sie hätte von Grote erwartet, dass sie ihre Entscheidung im Vorfeld kundgetan hätte, dann hätte man sich etwas überlegen können, sagt Rehm, die aber auch betont: "Das war ein absolut demokratischer Prozess."

"So einen Abgang hat Eva Rehm nicht verdient"

So sieht das auch die wiedergewählte Stellvertreterin Rosmarie Böswirth. Aber sie findet auch: "So einen Abgang hat Eva Rehm nicht verdient." Schließlich engagiere sich Rehm seit Jahrzehnten für die CSU. Deren Abwahl habe ihr so wehgetan, als ob es sie selbst getroffen hätte, sagt die Schwabhausenerin. Grote habe mit ihrem Vorgehen wohl "nicht so weit gedacht, dass sie jemanden verletzt".

Seidenath sagt, die Delegierten hätten sich eben so entschieden. "Das ist Demokratie, das sind die Spielregeln." Er sei Eva Rehm "unheimlich dankbar" für das, was sie geleistet habe. Er sieht den Vorstand der Kreis-CSU "weiterhin gut aufgestellt" und freue sich auf die anstehende Arbeit.

Grote will im Vorstand "ein größeres Augenmerk auf die Social-Media-Arbeit" legen. Andere Aufgaben würden sich finden. Ob sie bei der Kommunalwahl im nächsten Jahr ein Mandat als Stadträtin oder Kreisrätin anstrebt, lässt sie offen. Innerhalb der JU habe man sich entschieden, dass Lena Eberl aus Vierkirchen und Andreas Wagner aus Karlsfeld, der im CSU-Vorstand das Amt des Schriftführers bekleidet, bei der Kommunalwahl die Hauptrollen spielen sollen. Grote sagt: "Ich stehe da nicht im Vordergrund."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4458861
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 23.05.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.