Interview mit Polizeihauptkommissar:"Hotspots sind Schloss und Karlsfelder See"

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Die Bereitschaftspolizei durchkämmt regelmäßig das Badegelände am Karlsfelder See und passt darauf auf, dass die Ausgangsbeschränkungen eingehalten werden. (Foto: oh/Polizei)

Polizeihauptkommissar Günther Findl spricht über die neue Situation der Beamten, ihre Einsätze und über die Schwierigkeit, sich selbst vor Covid-19 zu schützen.

Von Jacqueline Lang, Dachau

Viele Arbeitnehmer arbeiten nun schon seit Wochen im Homeoffice. Auch bei der Dachauer Polizei arbeiten einige Beamte von zu Hause, der Polizeihauptkommissar Günther Findl ist einer von ihnen, denn er kümmert sich vorwiegend um die Öffentlichkeitsarbeit der Polizei. Viele seiner Kollegen sind aber weiterhin im Landkreis unterwegs, um für Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Ein Gespräch über Schutzmaßnahmen, verständnisvolle Landkreisbewohner und fehlende Wertschätzung.

SZ: Herr Findl, ein Polizist im Homeoffice - wie muss man sich das eigentlich vorstellen?

Günther Findl: Weil ich Pressesprecher bin und auch meine weiteren Tätigkeiten überwiegend vom Schreibtisch aus erledigen kann, ist das für mich kein Problem. Dasselbe gilt vereinzelt auch für andere Kollegen. Viele Polizisten, die als Schichtbeamte tätig sind, können aber natürlich nicht ins Homeoffice wechseln. Die sollen und müssen ja auf der Straße sein.

Hat sich denn die Arbeit der Polizei durch die Ausgangsbeschränkungen verändert oder hat sich nur der Schwerpunkt verschoben?

Wir führen jetzt Kontrollen durch und überwachen die Ausgangsbeschränkungen, das haben wir natürlich vorher nicht gemacht. Das ist derzeit auch die Mehrzahl der Einsätze.

Die Zahl der Unfälle und Straftaten hat also abgenommen?

Die Zahl der Unfälle hat sich ein bisschen verringert, würde ich sagen. Ganz genau kann man das jetzt aber noch nicht sagen. Das wird sich wohl erst in der Verkehrsstatistik im kommenden Jahr widerspiegeln. Fest steht aber, dass wir auch weiterhin Unfälle haben, teilweise auch schwere Unfälle mit tödlichem Ausgang. Einbrüche gehen aber zum Beispiel zurück. Ist ja auch klar, wenn die Leute zu Hause sind. Körperverletzungen bleiben aber ein Thema, genauso wie Betrugssachen am Telefon.

Kommt es vermehrt zu häuslicher Gewalt?

Was wir bisher mitbekommen, sind die Zahlen eher gleichbleibend. Wir können da jetzt bislang keine hohen Auswüchse nach oben feststellen. Wobei wir auch das wahrscheinlich erst anhand der Statistik im nächsten Jahr genau sagen können. Es kann nämlich auch sein, dass nachträglich noch Anzeige erstattet wird.

Was hat sich denn bei der Dachauer Polizei durch die Krise noch verändert?

Polizeidienst zu Hause: Hauptkommissar Günther Findl sitzt nun täglich an seinem Laptop, statt im Revier. (Foto: Toni Heigl)

Neu ist, dass wir jetzt gehäuft und regelmäßig Unterstützung durch die Bereitschaftspolizei bekommen. Großveranstaltungen fallen ja jetzt weg. Diese Kräfte werden so frei und können uns bei unserer Arbeit - polizeilicher Einzeldienst, so nennt sich das - unterstützen.

Bedeutet das für Sie mehr Entlastung?

Die Arbeit verlagert sich jetzt auf mehr Schultern, ja. Das ist schon ein bisschen angenehmer.

Wie gehen denn Polizisten jetzt etwa bei einer Festnahme vor. Ein Sicherheitsabstand lässt sich in solch einer Situation ja gar nicht einhalten.

Genau, das ist natürlich nicht möglich, wenn wir jemanden festnehmen. Wir legen auch vorher in der Regel nicht die komplette Schutzkleidung an, außer natürlich wir werden zu einem Einsatz gerufen, bei dem wir vorher schon wissen, dass die Person an Corona erkrankt ist. Meistens ist es aber so, dass wir zu einem Einsatz kommen und es eskaliert dann erst kurz vor der Festnahme. Da können wir dann natürlich nicht erst noch die Schutzmaske aufsetzen und die Handschuhe anziehen.

Gibt es überhaupt für alle Kollegen ausreichend Schutzbekleidung?

Die Polizei ist natürlich nicht ausgenommen von dem Problem, Schutzkleidung zu beschaffen. Wir haben schon Schutzausrüstung, die auch regelmäßig wieder aufgestockt wird, aber es ist bei Weitem nicht ausreichend.

Haben denn die meisten Landkreisbewohner Verständnis für die Maßnahmen, die sie durchsetzen?

Aus polizeilicher Sicht muss man grundsätzlich sagen: Die meisten Menschen halten sich an die Ausgangsbeschränkungen. Es gibt nur Einzelfälle, in denen es die Menschen nicht einsehen.

Der Beruf des Polizisten gilt ja als systemrelevant. Erleben Sie wie andere Berufe derzeit also auch mehr Wertschätzung?

Aus meiner Sicht ist diese Wertschätzung in unserer Branche noch nicht angekommen. Erst am Wochenende hatten wir einen Einsatz bei einer Party, die aufgelöst werden musste. Da wurden die Kollegen übelst beleidigt.

Der Landkreis ist ja doch recht weitläufig. Schaffen Sie es da überhaupt, flächendeckend zu kontrollieren?

Es sollte natürlich so sein, dass jeder gesunden Menschenverstand walten lässt und sich auch ohne Kontrollen an die Maßnahmen hält. Aber wir bekommen auch viele Hinweise aus der Bevölkerung, sei es telefonisch oder per Mail. Die so mitgeteilten Örtlichkeiten fahren wir dann natürlich an.

Gibt es Orte, die sie regelmäßig kontrollieren?

Die Hotspots, wie den Karlsfelder See und das Dachauer Schloss fahren wir natürlich regelmäßig an, weil da erfahrungsgemäß immer viel los ist.

Wie bereiten Sie sich denn auf die kommenden Monate vor. Es steht ja zu befürchten, dass Abstände noch länger eingehalten werden müssen.

Momentan gibt es keine weitgestrickten Pläne bei der Dachauer Polizei. Wir entwickeln uns, wie alle anderen auch, immer von Tag zu Tag, weil die Beschränkungen und Verfügungen ja regelmäßig geändert werden.

Gibt es eigentlich auch bei der Dachauer Polizei an Covid-19 Erkrankte?

Die Größenordnung darf ich Ihnen nicht nennen, aber so viel kann ich sagen: Polizisten sind auch nur Menschen und es gibt bei uns die gleichen Erkrankungen wie bei anderen Berufsgruppen auch.

Einsätze werden dadurch aber nicht gefährdet, oder doch?

Nein, es gab ein paar Umstellungen, aber wir hatten bislang immer die Möglichkeit den Dienstbetrieb aufrecht zu erhalten und für Sicherheit und Ordnung im Landkreis zu sorgen.

© SZ vom 24.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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