Chancen:Unterm Bundesadler

214 Menschen aus dem Landkreis haben in den vergangenen zwölf Monaten einen deutschen Pass bekommen. Das Landratsamt feiert ihre Einbürgerung

Von Petra Schafflik, Dachau

So viele unterschiedliche Lebenswege, die alle nach Deutschland geführt haben: Übers Mittelmeer sind manche im Boot gekommen, um Schutz und Sicherheit zu finden vor Verfolgung und Gewalt. Andere reisten mit dem Flugzeug in der Business-Class, um als Experte in einem weltweiten Unternehmen zu arbeiten, kamen zum Studium oder im Urlaub und fanden die Liebe ihres Lebens. Jetzt aber stehen alle gemeinsam in der lichtdurchfluteten Aula der Realschule in Dachau und singen. Verhalten erst, dann selbstsicherer erklingen Bayernlied und Nationalhymne.

Einbürgerungsempfang

214 Männer, Frauen und Kinder aus dem Landkreis haben in den zurückliegenden zwölf Monaten die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Mit feierlichem Gesang endet so der offizielle Teil des Einbürgerungsempfangs, zu dem Landrat Stefan Löwl (CSU) alle Bürger aus den Landkreisgemeinden eingeladen hat, die im zurückliegenden Jahr die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen haben. Mit ihrem Entschluss, das betonte Ahmad Navid, Sprecher des Asyl- und Integrationsbeirats im Landkreis, "haben Sie ein wichtiges Signal gesetzt, dass Sie dazugehören und Verantwortung übernehmen wollen". Als sichtbares Zeichen dieses wichtigen Schrittes hatten einige ein lindgrünes amtliches Dokument mitgebracht: Ihre offizielle Einbürgerungsurkunde.

Einbürgerungsempfang

Mohamed Farade Hussein kommt aus Somalia und ist übers Mittelmeer nach Europa geflohen.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

214 Männer, Frauen und Kinder aus dem Landkreis haben in den zurückliegenden zwölf Monaten, genau von Mitte Mai 2017 bis Mitte Juni 2018, die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. Die Neubürger stammen aus 48 Ländern, die Liste reicht von Afghanistan bis Vietnam. Ein großer Teil kommt aus den 27 Ländern der europäischen Union, herkunftsstärkstes Land ist Polen mit 24 Neubürgern. Türkische Wurzeln haben 23 der Landkreisbürger mit frischem deutschem Pass, 19 stammen aus Griechenland. Nicht alle, aber doch viele dieser neu Eingebürgerten sind der Einladung gefolgt und zum Festakt gekommen. Einer davon ist der gebürtige Engländer Dominic Epsom. Schon seit 2000 arbeitet der IT-Experte bei BMW, lebt mit seiner Frau, "einer Bayerin" und dem Sohn jetzt in Dachau. "Das ist mein Lebensmittelpunkt."

Einbürgerungsempfang

Nguyen Thi Van Anm stammt aus Vietnam und hat sich mit ihrer Tochter Pham Viet einbürgern lassen.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Aus Äthiopien ist Tirfe Beneberu Abebe vor 25 Jahren nach Deutschland gekommen. Mit seinen beiden Kindern Maria und Daniel hat er sich einbürgern lassen, "denn meine Zukunft ist hier." Die vierköpfige Familie Zirdum hat kroatische Wurzeln: "Unsere Kinder sind hier geboren und wir bleiben hier", sagt Renata Zirdum. So wie auch Nguyen Thi Van Anm, die aus Vietnam stammt und mit Tochter Pham Viet An deutsche Staatsbürgerin geworden ist. Neue Heimat ist Deutschland auch für Mohamed Farade Hussein, der aus Somalia übers Mittelmeer geflüchtet ist und seit 2010 in Deutschland lebt.

Für alle, das betont Landrat Löwl, sei die Einbürgerung ein "einmaliges Ereignis". Und ein Zeichen dafür, dass die Neubürger nun "in Deutschland angekommen und im Landkreis zu Hause sind." Die deutsche Staatsangehörigkeit verschaffe Rechte, wie das visumfreie Reisen oder die Chance, sich an Wahlen zu beteiligen. Der Landrat erinnert auch an die Pflichten und appellierte: "Bringen sie sich aktiv ein."

Kürzer fällt das Grußwort von Ahmad Navid aus. Der aus Afghanistan stammende Bauingenieur ist selbst Migrant und spricht vielen der Eingebürgerten aus dem Herzen. Navid lobt Deutschland als freiheitliches demokratisches Land, "das Chancen bietet und Möglichkeiten." Gedanken und Betrachtungen zum Thema Integration referiert Historiker Wilhelm Liebhart. Wer sich einbürgern lasse, trage zur Integration bei, ohne seine ethnische und kulturelle Identität aufgeben zu müssen. Das, so Liebhardt, "ist eine Stärke des liberalen Deutschlands, das offen ist für andere Menschen, die sich integrieren wollen, egal woher sie kommen und welcher Religion sie angehören." Aber wo findet Integration statt? Was ist eine bayerische Leitkultur? Was deutsch? Und was sagt das bayerische Integrationsgesetz dazu? Angesichts dieser komplexen Thematik werden sich die Eingebürgerten gerne an Liebharts Empfehlung der "zutiefst bayerischen Sicht der Dinge" halten: Leben und leben lassen.

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