Café Gramsci in Dachau:Internationale Koaltion

Die Zukunft des Café Gramsci in Dachau ist ungewiss. Vielleicht muss es einer Turnhalle weichen. Auf Facebook regt sich nun Protest - aus vielen Teilen der Welt.

Melanie Staudinger

Jeff Aug kommt aus den Vereinigten Staaten. Der Musiker ist Jude. Dachau war für ihn lange Zeit "ein eher dunkler Ort". Bis zum Januar diesen Jahres. Er gab ein Konzert im Café Gramsci in der Altstadt. "Plötzlich bemerkte ich eine Blume in der Wüste. Das Café Gramsci bringt ein Lächeln in ein trockenes Gesicht. Diese Bühne bringt ein wunderschönes und warmes kulturelles Licht in die Dunkelheit", beschreibt Jeff Aug seine Eindrücke. Diese Stellungnahme findet sich in der Internetplattform Facebook.

Café Gramsci in Dachau: Am Café Gramsci in der Dachauer Altstadt schätzen Künstler vor allem die familiäre Atmosphäre.

Am Café Gramsci in der Dachauer Altstadt schätzen Künstler vor allem die familiäre Atmosphäre.

(Foto: www.joergensen.com)

In diesem sozialen Netzwerk hat Peter Lenk vom Dachauer Konzertveranstalter Prittlstock eine eigene Seite gegründet. Sie heißt "Pro Café Gramsci" und setzt sich für die Erhaltung des Kulturtreffpunkts ein, den es seit 2005 gibt. Die Seite existiert seit fast einer Woche. 226 Facebook-Nutzer aus vielen Teilen der Welt haben sich ihr angeschlossen. Dabei steht noch nicht fest, was mit dem Gramsci passiert, das Prittlstock und Tollhaus e.V. als Konzertstätte nutzen. Es befindet sich auf einem städtischen Grundstück an der Burgfriedenstraße. Der Stadtrat lässt gerade prüfen, ob sich dort die dringend benötigte Turnhalle für die benachbarte Klosterschule und ein Parkhaus unterbringen lassen. Es ist unklar, ob das Café dann noch Platz haben wird. Die Facebook-Gruppe will einen Abriss verhindern. Vielmehr solle ein Kompromiss gefunden werden, so dass beides, Café und Turnhalle, Platz haben. Peter Lenk bekommt auf Facebook mittlerweile auch Unterstützung von Künstlern, die schon im Gramsci aufgetreten sind.

Der Australier Carus Thompson spielte im Oktober 2010 dort. Er schreibt, dass er es als wunderbaren Auftrittsort empfunden habe und es eine sehr wichtiger Treffpunkt für Musiker sei. Für Tim McMillan, der im Juli in die Ruckteschell-Villa in Dachau zieht, ist das Gramsci einer der am besten durchdachten Musikbetriebe, den er in Deutschland kennengelernt habe. "Wir hoffen, dass es bleiben kann", schreibt er aus dem Englischen übersetzt.

"Lasst die Bühne nicht verloren gehen"

Die Berlinerin Julia A. Noack stellte ihr Debütalbum im November 2009 in Dachau vor. "Dass die Kinder einen Platz zum Turnen haben, ist wichtig. Das darf aber nicht auf Kosten der Kultur gehen", postet sie in Facebook. Das Café Gramsci fördere und lebe Kultur. Es bringe über den Weg der Musik die unterschiedlichsten Menschen zusammen. "Abgesehen davon macht es total Spaß, im Café Gramsci aufzutreten und zu spüren, mit wie viel Elan und Leidenschaft die Organisatoren diesen Ort betreiben", schreibt sie. K.C. McKanzie, ebenfalls aus Berlin, war schon öfter Gast in Dachau. Ihre Meinung: Die besten Zeiten in Bayern verbrachte sie noch immer im Gramsci. Und Derrin Nauendorf - er weilte im Oktober 2010 gemeinsam mit Carus Thompson bei "Tollhaus meets Prittlstock" - baut das noch aus. Im Café an der Burgfriedenstraße habe er die schönsten Auftritte in Deutschland gehabt.

Noch ganz frisch sind die Erinnerungen des Österreichers Christoph Schellhorn: "Das Café Gramsci ist eine Seltenheit. Und was Besonderes. Ich habe zweimal dort gespielt und es jedes Mal sehr genossen. Wenn man als arbeitender Musiker viel unterwegs ist, weiß man einen Spielort wie das Gramsci sehr zu schätzen, weil es die Strapazen einer Tournee erleichtert, wenn man sich ins Auto setzt und sich freuen kann, auf Dachau, aufs Gramsci und auf die Menschen, die dort Kultur betreiben und genießen."

Rory Ellis kommt aus Australien, und er spielt am 15. April im Gramsci. Er könne es gar nicht mehr erwarten, schreibt er, weil er schon so viel Positives über den Ort gehört habe. "Wann werden die Menschen lernen, dass es nicht immer nur ums Geldmachen geht?", fragt er. Jeff Aug indes sei in seiner Heimat schon oft gefragt worden, warum er Konzerte in Dachau gebe, in einer Stadt, deren Name nicht nur in den USA stellvertretend für den Naziterror steht. Seine Antwort: "Nach meinem Konzert haben viele von mir gehört, was für eine schöne Blume in Dachau blüht. Lasst uns bitte diese Bühne nicht verloren gehen."

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