In der großen Produktionshalle der Firma "Butz & Neumair" in Bergkirchen stehen Maschinen, Stahlträger und große Bauteile. "252 Aufzüge bauen wir hier im Jahr", sagt Jürgen Neumair, Geschäftsführer des Familienunternehmens. Heute geht es ausnahmsweise nicht um die großen Dimensionen in der Halle, sondern um die Erhaltung viel kleinerer Hersteller, den Insekten. Vertreter der Initiative des Landratsamts "Der Landkreis Dachau summt" und des Obst- und Gartenbauvereins Lauterbach/Palsweis sind zu Besuch, um das Unternehmen zum "Insektenparadies" zu erklären.
Wenn man die Haupthalle verlässt, wird schnell klar warum. Überall auf dem Gelände sieht man Sträucher, Stauden und Wildblumen wachsen. Rund 100 verschiedene heimische Pflanzen bieten den Insekten hier ein Zuhause. An einem Streifen mit Wildblumen erklärt Neumair, dass hier unter anderem die Mandelweide wächst, die von Juli bis September blüht und für rund 40 Bienenarten Nektar und Pollen bereithält. Man merkt, dass er sich beim Thema Insektenschutz und Pflanzen auskennt. Laut Melitta Fischer, Projektleiterin von "Der Landkreis Dachau summt", auch einer der Gründe, warum das Unternehmen so einen Vorbildcharakter hat. Auf großen Teilen der Betriebsfläche könne das Wasser versickern und können heimische Pflanzen wachsen. Es sei auch vorbildlich, dass an vielen Stellen Altholz liegen gelassen wird und der Boden ruhen kann, denn "80 Prozent der Insekten nisten im Boden", so Fischer.
Elf Insektenparadiese sind im Landkreis bisher ausgezeichnet worden
Landrat Stefan Löwl (CSU) ist auch vor Ort, um dem Firmenchef eine Plakette zu überreichen. Er sagt, in der Umgebung eines Unternehmensstandortes gehe es nicht immer darum, dass diese optisch schön und geplant sei. Ungemähte Wiesen seien sowieso "viel schöner als der kurzgeschnittene Golfrasen", findet Löwl. Neumair ergänzt, dass die Naturwiesen und Wildblumen auch weniger Arbeit machten als der glatte Rasen. Grundsätzlich sei es wichtig, der Natur mehr Raum zu geben, meint Löwl, "am schlimmsten sind die Betongärten".
Der Hügel in Bergkirchen, auf dem "Butz & Neumair" angesiedelt ist, hat auch eine historische Bedeutung, in der Zeit des Nationalsozialismus nutzte ihn die Luftwaffe als Beobachtungsposten. Die gesamte Fläche war lange Zeit geteert, bis das Familienunternehmen den Asphalt entfernt hat. "Aus einer Betonwiese wurde eine grüne Oase", sagt Fischer.
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Elf Insektenparadiese sind im Landkreis bisher ausgezeichnet worden, zehn davon sind private Vorgärten, die 2021 bei einem Vorgartenwettbewerb der Initiative mit ihren Grünflächen herausgestochen sind. "Butz & Neumair" ist das zweite Unternehmen, das den insektenfreundlichen Titel erhalten hat. Im Rahmen der Verleihung war ein Seminar geplant, in dem sich Unternehmensvertreter darüber hätten informieren können, wie sie ihre Standorte insektenfreundlicher gestalten können. Doch aufgrund fehlender Anmeldungen ist der Workshop verschoben worden. Ein Zeichen, dass sich viele Firmen im Landkreis nicht für den Schutz der Insekten interessieren? Fischer vermutet, dass vielen noch nicht klar sei, wie wichtig es sei, die heimischen Insekten zu schützen. Es gebe 561 Hektar Fläche für Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistung im Landkreis, "da ist noch viel Potential".
Die Initiative "Der Landkreis Dachau brummt" gibt es seit fünf Jahren. Sie zielt darauf ab, Bewusstsein zu schaffen für die Erhaltung der regionalen Flora und Fauna, die für Unternehmen oft einfacher und billiger zu pflegen sei als eine künstliche Begrünung. Die Zielgruppe seien jedoch nicht nur Unternehmen, so Fischer, auch auf privaten Balkonen und in kleinen Blumenkästen könne man viel für die Insekten tun.
"Der Landkreis Dachau summt" veranstaltet am 10. November einen Klimaaktionstag, um über klimaresistente Gärten und den richtigen Umgang mit den eigenen Grünflächen zu informieren. Eine weitere Infoveranstaltung für insektenfreundliche Unternehmen ist auch schon in Planung, möglicherweise wieder auf der Fläche des neusten Insektenparadieses.