Burschenverein Randelsried:Die Meisterdiebe von Randelsried

Randelsried Asbach Mädchen- und Burschenverein

Die Meisterdiebe des katholischen Burschen- und Mädchenvereins Randelsried-Asbach präsentieren stolz ihre Beute: Den Maibaum der Ortschaft Gundertshausen, den sie Anfang der Woche gestohlen haben.

(Foto: Privat)

Das Stehlen von Maibäumen ist eine Kunst, die die Burschen aus Altomünster perfekt beherrschen.

Von Benjamin Emonts, Altomünster

Es geht mal wieder Schlag auf Schlag bei den berüchtigten Randelsrieder Burschen - den Maibaum-Meisterdieben aus dem Markt Altomünster. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag schlugen sie wieder mal zu. Auf leisen Sohlen und mit Spezialwerkzeug schlichen sie des Nachts in einen Stall in Lochhausen.

Die Tiere drohten sie zu verraten, doch niemand bemerkte ihre Laute. Die Burschen machten sich an die Arbeit, und sie machten sie schnell. Mit dem schönen massiven Maibaum verschwanden sie in die dunkle Nacht, bis sie die Dorfgrenze überquerten. Dort, so besagt es die Tradition, konnte ihnen den Baum niemand mehr nehmen.

Ein meisterlicher Dieb zu sein ist ein ziemlich zweifelhafter Ruhm. In Bayern aber, wenn es um das Klauen von Maibäumen geht, darf man sich als erfolgreicher Dieb durchaus damit brüsten. Das gegenseitige Stehlen der Maibäume folgt einer jahrhundertelangen Tradition, auf die man in den Dörfern stolz ist. Der Hintergedanke ist ja kein krimineller. Es geht um ein nächtliches Abenteuer. Und den Burschen aus den Nachbardörfern will man zeigen, wie gewitzt, geschickt und ausgefuchst man ist.

Auslöse des Maibaums bei Bier und Brotzeit

Wenn ein Maibaum geklaut wurde, wird er freilich nicht einbehalten. Bier und Brotzeit fordern die Burschen, damit sie ihn wieder rausrücken. Die Randelsrieder Burschen bestehen sogar ausdrücklich darauf, dass das Bier und die Brotzeit, die sogenannte Auslöse, mit den Beklauten zusammen verputzt wird. Meistens bei einem kleinen gemeinsamen Fest.

Die Tradition des Maibaumklauens basiert auf einigen Regeln, die, um die eigene Ehre zu wahren, unbedingt eingehalten werden müssen. Einen Baum bereits aus dem Wald zu klauen, geht beispielsweise ganz und gar nicht, ebenso wenig wie einen Baum zu beschädigen oder seinen Schmuck wie Schilder und Bänder zu entwenden.

Wer noch innerhalb der Ortschaft auf frischer Tat ertappt wird, der muss den Baum ohne Widerstand zu leisten sofort wieder rausrücken. Bereits aufgestellte Bäume sind tabu. Wenn ein Baum regelkonform geklaut wird, muss die besagte Auslöse entrichtet werden, bevor der Baum zurückgegeben wird. Andernfalls stellen die Diebe den geklauten Baum neben ihrem eigenen Maibaum als sogenannte "Schandmaie" auf - eine große Schmach für die bestohlene Ortschaft.

Die Burschen aus Randelsried und Asbach haben ihre Beutezüge in den vergangenen fast 20 Jahren perfektioniert. Ihr erster Maibaum, den sie im Jahr 2000 aufrichten wollten, wurde ihnen prompt von den Langenpettenbachern gestohlen. Auf dieser Schmach wollten sie nicht sitzen bleiben. Den gestohlenen Baum klauten sie kurzerhand wieder zurück. Wenn man so will, war diese Geschichte der Startschuss für die erstaunliche Karriere als Meisterdiebe aus Randelsried.

In 18 Jahren haben sie 37 Maibäume gestohlen

Denn seither haben sie in nur 18 Jahren weitere 37 Bäume aus dem Kreis Dachau und umliegenden Landkreisen gestohlen. Im vergangenen Jahr sorgten die Burschen bayernweit für Aufsehen, weil sie vom Radiosender Antenne Bayern einen Maibaum stibitzt hatten, den der Radiosender wiederum bei der Stadt Zwiesel gestohlen hatte. Zum dortigen Maifest stellte der Sender anschließend einen Shuttle-Service vom oberbayerischen Randelsried nach Niederbayern und 100 Liter Bier zur Verfügung.

In diesem Jahr mussten Anfang der Woche nun die Ortschaft Gundertshausen im Landkreis Aichach und die Dorfgemeinschaft von Lochhausen bei Markt Indersdorf dran glauben. Anstelle eines Maibaums fanden die Beklauten nur noch einen Zettel an seinem Versteck vor. Der Maibaum wurde von den Randelsrieder Burschen geklaut, mussten sie darauf lesen. Und eine Telefonnummer zur Vereinbarung einer Auslöse, deren Verhandlung jetzt noch ansteht.

Aber was macht die Meisterdiebe so erfolgreich? Der Chef des Burschenvereins, Kilian Bayer, will dazu nicht viel verraten, er spricht von "Betriebsgeheimnissen". Nur so viel: In den Wochen vor dem 1. Mai sind die Burschen mit ihren Autos überall unterwegs und halten Ausschau nach leeren Maibaumständern, da die alten Bäume meist frühzeitig abgebaut werden müssen. Wo ein leerer Ständer ist, dort muss auch ein neuer Baum irgendwo sein.

Haben sie ein Objekt gefunden, spähen sie es nach Einbruch der Dunkelheit aus und erwägen, ob es machbar ist, den Baum zu stehlen. Wenn sie es für möglich halten, dann geht alles blitzschnell. Mitten in der Nacht trommeln sie 20 bis 40 Burschen zusammen, die sich mit Spezialwerkzeug und einem speziellen Transportanhänger für Bäume, der von einem Auto gezogen wird, auf den Weg machen. Oft haben sie damit Erfolg.

Burschenchef Bayer sagt: "Wir sind eine goldene Generation mit einer hohen Motivation. Da konzentriert sich jeder auf das Wesentliche. Bei uns läuft das alles sehr diszipliniert ab."

Die Dorfgemeinschaften und Burschenvereine der anderen Ortschaften sollten also gewarnt sein, denn bis zum 1. Mai vergehen noch einige Nächte. Das Maibaumklauen hat ja nicht umsonst auch zu dem Brauch der Maibaumwache geführt. Die Schande, bestohlen zu werden, will niemand über sich ergehen lassen. In Großberghofen in der Gemeinde Erdweg wachen deshalb abwechselnd immer mehrere Burschen die ganze Nacht in einem Bauwagen.

Zusammen Karten spielen, ratschen, grillen, auf mögliche Diebe lauern - all das gehört zu diesem Abenteuer dazu und stärkt die Freundschaften. Einschlafen sollte man allerdings nicht über seiner Halben Bier. Wenn die Randelsrieder Burschen kommen, müssen die Großberghofener Wachen noch vor der Ortsgrenze ihre Hand auf den Baum legen - erst dann hätte der Spuk ein Ende.

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