Bürgermeisterwahl:Schwabhausener Scheidung

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Bei der Nominierung des Bürgermeisterkandidaten für Schwabhausen präsentiert die CSU Jeanette Schaberl als Nachwuchshoffnung und ignoriert ihren prominenten Amtsinhaber Josef Mederer.

Wolfgang Eitler

Man stelle sich vor, die CSU in Bayern nominierte einen neuen Spitzenkandidaten und sämtliche Redner sowie Anwärter würden den Namen des Amtsinhabers geflissentlich verschweigen. Genau das ist auf der unteren politischen Ebene in Schwabhausen am Donnerstagabend geschehen.

Die grauen Eminenzen der Schwabhausener CSU: Ortsvorsitzender Gustl Frahammer und Gemeinderat Heinrich Loderer (von links). (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die CSU wählte mit Jeanette Schaberl ihren Bewerber für die Nachfolge von Josef Mederer, aber der Bürgermeister und oberbayerische Bezirkstagspräsident wurde mit keinem Wort erwähnt.

Schaberls Slogan für die Wahl am Sonntag, 9. Oktober, lautet: "Auf geht's - miteinander für eine starke Gemeinde." Darin versteckt sich die Andeutung, dass es mit den Gemeinsamkeiten zwischen Mederer und der CSU nicht weit her war.

Die Auseinandersetzungen gaben sich zwar stets den Anstrich des Sachlichen, aber tatsächlich fanden weder Vorsitzender Franz Frahammer noch die maßgebliche Figur der CSU im Gemeinderat, Heinrich Loderer, jemals einen Draht zu Mederer. Der ließ sich seit 18 Jahren stets auch von Freien Wählern und Unabhängiger Bürgervereinigung aufstellen.

Mit Genugtuung beobachteten Vertreter dieser beiden Gruppierungen die Nominierung der CSU. Einer sagte: "Seit heute Abend weiß man, bei wem die politische Kontinuität für die Gemeinde liegt."

Nämlich bei ihren Kandidaten Josef Baumgartner (Freie Wähler) und Hildegard Schuster, die am nächsten Woche von den Unabhängigen Bürgervereinigung nominiert werden soll. Landrat Hansjörg Christmann, der auch Kreisvorsitzender der CSU ist, kommentierte knapp: "Das liegt an den besonderen Verhältnissen im Ortsverband."

Mederer wird sich wohl aus dem Wahlkampf heraushalten. Die Versammlung am Donnerstag mied er bereits und befindet sich auf einer Argentinienreise. Außerdem ist er ins Elternhaus nach Altomünster umgezogen.

Der endgültig Bruch zwischen Bürgermeister und Schwabhausener CSU wurde am Donnerstag für alle Bürger der Gemeinde offensichtlich und offiziell vollzogen. Und zwar vor 120 Zuhörern, von denen gerade mal 35 der CSU angehören.

Insofern wäre es eine Überraschung gewesen, wenn sich Schaberls Gegenkandidatin Sabine Sturm hätte durchsetzen können. Die Gemeinderätin ist seit 33 Jahren CSU-Mitglied; seltsamerweise an ihrem früheren Wohnort Hebertshausen. Zunächst gelang es ihr, die Versammlung mit ihrem ehrenamtlichen Engagement und ihren Zielen für eine ökologisches Schwabhausen zu beeindrucken.

Dann aber wurde ihr die Frage nach der künftigen Rolle im Ortsverband zum Verhängnis. Sie antwortete: "Bei meiner Wahl werde ich mitarbeiten, sonst bleibe ich fraktionslose Gemeinderätin." Ein Raunen ging durch den Saal. Kulturbäuerin Wally Lock aus Sickertshofen riss die Augen auf.

Die beiden kennen sich sehr gut. Im Nachhinein ist Sabine Sturm klar geworden, dass sie mit dieser Antwort ihre Aussichten erheblich geschmälert hatte. Sie erhielt 6 von 31 gültigen Stimmen. Aber was hätte sie auch sagen sollen? Sie wusste um die Achillesferse ihrer Gegenkandidatur. Der SZ erzählte sie, dass der Ortsvorstand "mich nie haben wollte".

Frahammer und Loderer waren von Beginn an siegessicher. Das Werbematerial für Jeanette Schaberl lag schon zu Beginn der Versammlung aus: "Ihre Bürgermeisterkandidatin für Schwabhausen." Neben dem Rednerpult stand ein Mountainbike im weiß-blauen Rautenmuster. "Dort, wo Sie dieses Rad sehen, werde auch ich sein."

Sie wird viele hundert Kilometer zurücklegen müssen, um in den nächsten Monaten bekannt zu werden. Denn Schaberl lebt mit ihrer Familie erst seit eineinhalb Jahren im Ortsteil Stetten. Ihre Rede ähnelte einem Fachvortrag. Selten fand sie den Blickkontakt zu den Zuhörern. Politische Aussagen ("Mehr Regionalität") mündeten in ein Zitat eines Landentwicklungsexperten.

Aber die CSU auf Kreisebene weiß um die Schwächen eines Neuankömmlings und will den Nachteil in einen Vorteilummünzen. Allerdings mit einem ernsten Hintergrund. Die Dachauer Niederlage von 1996 sitzt als "Aechtner-Schock" (Christmann) noch tief.

Damals bewarb sich der später als Wahlfälscher verurteilte Wolfgang Aechtner um die Nachfolge von Oberbürgermeister Lorenz Reitmeier gegen Kurt Piller. Zu dem Zeitpunkt war 58-jährige Aechtner ein hoch angesehener Politiker der CSU. Schaberls Mitbewerber Josef Baumgartner und Hildegard Schuster sind 59 Jahre alt.

Ihren Makel fehlender kommunalpolitischer Erfahrung versuchte Jeanette Schaberl auszugleichen, indem sie sich demonstrativ als noch junges Eigengewächs der CSU präsentierte. So bezeichnete sie ihren Arbeitgeber inniglich als "meine Hanns-Seidel-Stiftung". Die weibliche Prominenz der Kreis-CSU war komplett anwesend und begeistert. Die stellvertretende Bürgermeisterin von Haimhausen, Claudia Kops, streckte beide Daumen nach oben und lachte.

In der CSU ist Jeanette Schaberl bereits angekommen. In Schwabhausen noch nicht. Vielleicht wird in den nächsten Monaten folgende Statistiken eine zentrale Rolle spielen: Nach dem derzeitigen Stand der Einwohnerzahlen gibt es in Schwabhausen 2961 Wahlberechtigte im Alter zwischen 18 und 49 Jahren. Das entspricht 58 Prozent. 42 Prozent oder 2140 Schwabhausener sind älter als 50.

© SZ vom 19.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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