Coronavirus:"Man hört oft in seinen Körper hinein"

Kommunalwahl 2020

Zwei Wochen lang war Bürgermeister Christian Blatt aus der Öffentlichkeit verschwunden. Jetzt wird man ihn wieder öfter in und um das Erdweger Rathaus sehen.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Erdwegs Bürgermeister Christian Blatt war an Covid-19 erkrankt. Im Interview erzählt er, wie er die Isolation erlebt hat.

Interview von Benjamin Emonts

Der Erdweger Bürgermeister Christian Blatt (CSU) hat sich als erstes Gemeindeoberhaupt des Landkreises mit dem Coronavirus infiziert. Im Gespräch mit der SZ Dachau erklärt der 36-Jährige aus Großberghofen, wie die Krankheit bei ihm verlaufen ist und wie man eine Gemeinde vom Homeoffice aus führt.

SZ: Herr Blatt, Sie mussten bis zum Osterwochenende zwei Wochen in häuslicher Quarantäne verbringen. Wie fühlt sich die wieder gewonnene Freiheit an?

Christian Blatt: Ich war noch nicht viel unterwegs abgesehen von ein paar Ortsterminen, einem Besuch im Rathaus und kurzen Fahrten mit dem Rad. Aber es ist ein gutes Gefühl, nicht mehr zuhause bleiben zu müssen. Da fehlte etwas. Und gleichzeitig wusste man ja aber auch, dass man vielleicht noch hochansteckend sein könnte. Da blieb man dann auch gerne daheim.

SZ: Wie geht es Ihnen jetzt?

Ich habe alles gut überstanden. Die Krankheit ist bei mir sehr mild verlaufen, mit Symptomen wie bei einer mittleren Erkältung. Ich hatte Kopfschmerzen, leichtes Fieber und relativ starke Gliederschmerzen. Dazu kam ein Gefühl von Müdigkeit und Schlappheit. Die Symptome waren aber nach drei Tagen wieder verschwunden.

Hatten Sie erst die Symptome oder die Diagnose?

Ich bekam einen Anruf vom Gesundheitsamt, in dem mir mitgeteilt wurde, dass ich eine Kontaktperson der Kategorie I sei. In den Tagen zuvor hatte ich also Kontakt zu einer nachweislich infizierten Person. Daraufhin musste ich mich testen lassen und in Quarantäne begeben. Mein Ergebnis kam dann zeitgleich mit den ersten Symptomen: Ich war positiv.

Wie haben Sie im ersten Moment darauf reagiert?

Da gab es keine besondere Reaktion. Ich habe eine Liste mit allen Personen zusammengestellt, mit denen ich Kontakt hatte.

Macht man sich da keine großen Sorgen?

Man macht sich schon Sorgen. Es ist natürlich nicht hilfreich, wenn man die ganze Zeit die Bilder aus den Nachrichtensendungen sieht und dass man so vieles liest über die Krankheit. Das drückt schon ein wenig auf die Psyche. Man hat ja keine Ahnung, wie die Krankheit bei einem verlaufen wird. Dementsprechend oft hört man in seinen Körper hinein.

Konnten Sie nachvollziehen, wie lange die Inkubationszeit bei Ihnen betrug?

Ja, das waren ungefähr sechs Tage.

Mussten Ihre Kollegen aus dem Erdweger Rathaus nach Ihrer Diagnose auch in Quarantäne?

Wir haben glücklicherweise schon Mitte März, als die Schulen geschlossen wurden, angefangen, das Rathaus umzustrukturieren. Der Parteiverkehr ist vorübergehend eingestellt. Wir haben die Mitarbeiter in voneinander unabhängige Teams und Schichtdienste eingeteilt, um den Kontakt und die Ansteckungsgefahr so gering wie möglich zu halten. Ich persönlich hatte deswegen glücklicherweise sehr wenig Kontakt zu anderen Personen aus dem Arbeitsumfeld.

Sie leben mit Ihrer Frau und Ihrem 20 Monate alten Sohn in einem Haus. Wie isoliert man sich da?

Man trennt eigentlich alles: die Schlafzimmer, die Bäder, das Essen. Ich habe mich viel in mein Büro zurückgezogen. Ich habe dort gegessen, damit der Kleine nicht zu mir rennt. Aber das geht natürlich nicht immer: Dem Kleinen kann man schwer erklären, wieso er plötzlich zwei Stühle entfernt sitzen soll.

Sie waren viel im Büro. Einem Bürgermeister wird es vermutlich nicht so schnell langweilig im Homeoffice.

Nein, ich habe einmal sogar den Verdacht geäußert, dass ich mehr gearbeitet habe als sonst, weil keine Fahrtwege und keine Besprechungen dazwischenkamen. Und die Arbeit wird ja nicht weniger: Ich habe meinen technischen Bauamtsleiter ersetzt, der nicht mehr da ist, und die letzten Vorbereitungen für den Bau des Eisenhofener Kinderhauses getroffen, der am Donnerstag begonnen hat. Das lief alles über Telefonate und E-Mails. Und im Rathaus hat mich mein Stellvertreter Otmar Parsche unterstützt.

Wie schätzen Sie die Gefährdungslage durch das Coronavirus in der Gemeinde Erdweg ein?

Wir hatten, Stand Donnerstag, 20 infizierte und 20 genesene Personen. In häuslicher Quarantäne befanden sich am Sonntag zehn Menschen. Ob das viel oder wenig ist, lässt sich schwer sagen. Es ist eine weltweite Pandemie. Das Virus macht nicht vor Gemeindegrenzen halt. Deswegen macht es in meinen Augen wenig Sinn, die Zahlen der Gemeinden zu vergleichen. Im übrigen bin ich überzeugt, dass die Bürger im Landkreis medizinisch gut versorgt sind.

Im Gemeindeblatt haben Sie die Bürger darauf eingestellt, dass der Ausnahmezustand noch länger anhalten wird. Traditionelle Feste wie das Maibaumaufstellen werden ausfallen. Wie reagieren die Bürger auf diese Einschränkungen?

Die Reaktionen, die ich erhalte, sind verständnisvoll und den getroffenen Maßnahmen wird zugestimmt. Das zeigt sich auch an den nachbarschaftlichen, familiären und organisierten Hilfen, die sich gebildet haben. Ich bin stolz, dass dies in allen unseren Ortsteilen der Gemeinde so gut funktioniert und Solidarität gezeigt wird.

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