Bürgerkritik:Alarmruf der Anwohner

Nachbarn in der Dachauer Burgfriedenstraße kritisieren in einem Schreiben an den Oberbürgermeister und die Stadträte ein Bauvorhaben. Sie sehen die Strukturen des Gebietes zerstört.

Walter Gierlich

Die Gegend um die Burgfriedenstraße gehört zu Dachaus besseren Wohngebieten: Am Rand der Altstadt und am Nordwesthang unterhalb des Hofgartens gelegen mit Einfamilienhäusern in großen Gärten. Nun sehen aber zahlreiche Anwohner den Gartenstadtcharakter des Viertels in Gefahr, denn auf einem rund 1000 Quadratmeter großen Grundstück an der Burgfriedenstraße 21 stehen zwei Doppelhäuser kurz vor der Fertigstellung. 23 Unterzeichner schlagen nun in einem Schreiben an Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU) und die Stadträte Alarm, um sie "und vor allem das Bauamt der Stadt Dachau" zu sensibilisieren. Dieses habe die Baugenehmigung erteilt, "die vorhandene Strukturen ohne Augenmaß zerstört". Michael Simon, Leiter des städtischen Bauamts, hingegen erklärt, dass die Genehmigung erteilt werden musste, weil der Bauherr sonst die Stadt hätte verklagen können.

Der Bauherr ist ein Geschäftsmann aus Petershausen. Er hatte das Grundstück gekauft, ließ das darauf stehende Einfamilienhaus abreißen und reichte einen Bauantrag für zwei Doppelhäuser mit Tiefgarage ein. Eine Doppelhaushälfte ist für Sohn und Schwiegertochter, die drei anderen werden vermietet. Für die Nachbarn ist die "Massierung der Baukörper" städtebaulich nicht begründbar. Sie halten die vier

Doppelhaushälften auf dem Grundstück für eine "extreme Bauverdichtung". Doch nicht nur an der Dichte der Bebauung stören sich die Nachbarn, sondern auch daran, dass in ihren Augen die Baulinie massiv überschritten werde. Genau das habe er im Stadtrat auch kritisiert, sagte der CSU-Fraktionschef Christian Stangl, der nicht weit entfernt ebenfalls in der Burgfriedenstraße wohnt. Allerdings vergeblich: Denn in einem solchen Fall könne nach der Geschäftsordnung des Stadtrats das Bauamt allein entscheiden, weil es um weniger als zehn Wohnungen gehe. "Es ist formal korrekt, dass auf dem Verwaltungswege entschieden wurde", sagt Stangl bedauernd. Er habe von dem Projekt, das er ebenfalls für zu dicht hält, nichts gewusst. "Erst als die Bagger angerollt sind."

Herta Sedlmeier, eine der Wortführerinnen der Anwohner, berichtet, dass eine Familie wegen des Neubaus, durch den der überwiegende Teil des Grundstücks versiegelt wird, sogar einen alten Baum habe schneiden müssen. Das von den Stadträten im vergangenen Sommer beschlossene Programm zur Förderung von Begrünungsmaßnahmen werde durch eine solche Baugenehmigung in ihren Augen ad absurdum geführt. Der Bauherr partizipiere mit seinem verdichteten Projekt momentan noch vom Grün der Nachbarn. Doch wenn es so weitergehe an der Burgfriedenstraße, "dann verliert unsere Stadt an Lebensqualität und Charme".

Ein weiterer Punkt, an dem sich die Anwohner stören, ist, dass bei diesem Vorhaben ein Bau in zweiter Reihe erlaubt worden sei. "Vorher soll Dachauer Interessenten mitgeteilt worden sein, dass neben dem Einfamilienhaus keine weitere Bebauung möglich sei", heißt es im Schreiben. Die frühere Stadträtin Gabriele Steinlechner, die sich für das Grundstück Nummer 21 interessierte, bestätigt der SZ, dass sie die Auskunft erhalten habe, dass sie in den Garten nichts hineinbauen dürfe. "Dann haben wir von dem Grundstück die Finger gelassen."

Aus Datenschutzgründen möchte Bauamtsleiter Simon dazu gar nichts sagen. Doch er betont, dass nach Paragraf 34 des Baugesetzbuchs Baurecht bestehe. Dieser Paragraf greift, wenn keine Bauleitplanung besteht. Das jeweilige Vorhaben muss sich danach in die Umgebung einfügen, was sowohl die Anwohner wie CSU-Stadtrat Stangl bezweifeln. Doch Simon erklärt, dass es zu seinem Leidwesen um die Ecke einen Präzedenzfall gebe. "Es hat mich sehr geschmerzt, die Genehmigung erteilen zu müssen", sagt er. Andernfalls hätte der Bauherr klagen können.

Beim Thema Verdichtung überhaupt stelle sich für den Bauamtsleiter die Frage: "Was ist die Alternative? Wollen wir, dass die lieber am Stadtrand bauen? Der Druck ist da."

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