Unmut in Karlsfeld:Bündnis für Karlsfeld berät über Zukunft des umstrittenen Gemeinderats

Unmut in Karlsfeld: Adrian Heim sorgt sich um das Ansehen des Bündnisses.

Adrian Heim sorgt sich um das Ansehen des Bündnisses.

(Foto: Toni Heigl)

Die Eskapaden von Andreas Turner erregen auch in den eigenen Reihen wachsenden Unmut. Für Dienstag ist eine Sondersitzung geplant

Von Gregor Schiegl, Karlsfeld

Die Eskapaden von Andreas Turner erregen auch in den eigenen Reihen wachsenden Unmut. Für Freitagabend hat das Bündnis für Karlsfeld eine Sitzung angesetzt, um über die Zukunft des umstrittenen Gemeinderats zu entscheiden. "Wir prüfen alle Optionen", sagt Gemeinderat und Bündnis-Vorstandsmitglied Adrian Heim. Dazu könnte auch ein Ausschluss aus der Fraktion gehören. Dann würde Karlsfelds dritte politische Kraft auf vier Vertreter zusammenschrumpfen, Turner wäre nicht mehr im Bauausschuss vertreten. Im Gemeinderat bliebe er trotzdem bis zum regulären Ende der Wahlperiode im Jahr 2020.

Schon seit Wochen steht Andreas Turner unter heftiger Kritik. Auf einem Bahngrundstück an der Wehrstaudenstraße, das der Passauer Immobilienverwalter Markus Fleischmann gekauft hat, hatte er Anfang August Flüchtlinge eingesetzt, um eine Fläche zu roden und eine Schrebergartenanlage zu bauen. Das hat ihm massive Vorwürfe eingebracht. Einerseits, weil die Rodung nicht genehmigt war. Mehr aber noch, weil einige Flüchtlinge offenbar keine Arbeitserlaubnis hatten und viele nur gering oder gar nicht bezahlt wurden.

Ein Passauer interessiert sich für die Karlsfelder Wählergruppe

Inzwischen tritt auch immer deutlicher die problematische Nähe des Duos Turner-Fleischmann zutage. Die beiden bezeichnen sich als Jugendfreunde und Geschäftspartner. Turner errichtete und sanierte alle vier Häuser Fleischmanns in Karlsfeld. Auf einer Rechnung von 2010, die der SZ vorliegt, fungiert Turner sogar als offizieller Hausverwalter. Im Gemeinderat zeigt Turner keine Scheu, Fleischmanns Interessen zu unterstützen, beispielsweise durch einen eigenen Antrag, den Bauleitlinienplan der Gemeinde abzuschaffen, gegen den bereits parallel eine Klage des Bauwerbers Fleischmann lief.

Vor der Kommunalwahl 2014 bedachte Fleischmann das Bündnis für Karlsfeld mit einer einmaligen Wahlkampfspende von rund 1500 Euro. Für das Bündnis ist die Nachricht unangenehm, weil die Gruppierung den Anspruch erhebt, unabhängig von wirtschaftlichen Interessen zu agieren. Allein dass ein anderer Eindruck entstehen könnte, macht Adrian Heim Sorgen. Für ihn ist ein Detail deshalb ganz wichtig: Die Spende wurde vor der Wahl, aber erst nach Aufstellung der Kandidaten geleistet. Offenbar wussten tatsächlich nur wenige im Bündnis von der Zuwendung, und auch nur, dass es sich um "einen Freund von Herrn Turner" handele. Warum sich ein Passauer für eine Karlsfelder Wählergruppierung engagiert, wurde allerdings nicht hinterfragt.

"Protestgemeinderat" und "beratungsresistent"

In den Reihen von CSU und SPD ist längst klar, dass das Bündnis sich von Turner trennen muss, schon im eigenen Interesse. Die immer weiter um sich greifenden Verwicklungen Turners sehen auch viele Bündnisleute inzwischen als Belastung an. Schon in der Vergangenheit nervte Turner sie immer wieder mit Alleingängen und schrillen Wortmeldungen. Alle Versuche, mäßigend einzuwirken, scheiterten. Wenn es um den selbsternannten "Protestgemeinderat" geht, fällt auch im Bündnis oft, sehr oft, das Wort "beratungsresistent". Turner ist außer Kontrolle.

Aus Gesprächen mit den Bündnis-Räten hört man derzeit viel Frust und Verdruss, aber auch Ratlosigkeit. Die Vorwürfe aufklären könne nur Turner selbst, heißt es immer wieder. Doch der ist seit Wochen nicht mehr in Sitzungen erschienen und lässt auf Nachfrage wissen, er sei beruflich gerade furchtbar eingespannt; Anfang November habe er vielleicht wieder Zeit. Erklären will sich Turner nicht, hinschmeißen erst recht nicht. "Auch wenn ich jetzt durch den Kakao gezogen werde, ich bin gerne Gemeinderat."

Fragwürdiges Abstimmungsverhalten

Ginge es nach der Mehrheit der 25 Karlsfelder Gemeinderäte, hätte Turner sein Amt längst niederlegen müssen. Doch juristisch gibt es nach derzeitigem Stand der Dinge keine Handhabe gegen den renitenten Kommunalpolitiker. "Gemeinderäte stehen in keinem Disziplinarverhältnis", erläutert Michael Laumbacher, Leiter der Kommunalaufsicht am Landratsamt. Zu den Pflichten eines Gemeinderats gehören die Teilnahme an Beratungen und Abstimmungen und die Wahrung von Geheimnissen; bei Verstoß droht ein Ordnungsgeld. Nur schwere Straftaten, die zugleich mit einem Entzug des passiven Wahlrechts einhergehen, können einen Gemeinderat zwingen, sein Amt niederzulegen. Turners Antrags- und Abstimmungsverhalten in Bauausschuss und Gemeinderat mag politisch fragwürdig erscheinen, de jure ist es kaum zu beanstanden. Turner hätte nach der Bayerischen Gemeindeordnung nämlich nur dann nicht abstimmen dürfen, wenn der Beschluss "ihm selbst, seinem Ehegatten, seinem Lebenspartner, einem Verwandten oder Verschwägerten bis zum dritten Grad oder einer von ihm kraft Gesetzes oder Vollmacht vertretenen natürlichen oder juristischen Person einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann". Andere Konstellationen mögen legal sein. Ein Interessenkonflikt sei dadurch trotzdem nicht ausgeschlossen, sagt Laumbacher. Am Dienstag wird das Thema Andreas Turner in einer Sondersitzung des Gemeinderats noch einmal zur Sprache kommen. Vielleicht zum letzten Mal.

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