Bühne:Musikalischer Witz auf höchstem Niveau

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Die String of Pearls mit Julia von Miller (Mitte), Ruth Kirchner (l.) und Ricarda Kinnen füllen die Alte Schule mit ansteckendem Humor und Lebenslust. (Foto: Toni Heigl)

Die "String of Pearls" begeistern in der Alten Schule Lauterbach mit Charme und meisterhaftem Gesang

Von Magdalena Hinterbrandner, Bergkirchen

Feminismus als Thema für einen Comedy-Abend zu nehmen, mag mittlerweile ausgelaugt sein. Nicht aber, wenn sich Frauen wie die Gruppe String of Pearls des Themas annehmen. Mit ihrem neuesten Programm "Mütterdämmerung" kamen sie am Samstag teils von weit her angereist in die alte Schule in Lauterbach. Das Konzert war schon lange ausverkauft, jeder einzelne Stuhl ist besetzt. In der familiären Atmosphäre des kleinen Saals spürt der Besucher bis in die letzte Ecke die wahnsinnige Energie, die von den vier Frauen im Raum verbreitet wird. "Wir begrüßen alle Mütter" beginnen die Sängerinnen Julia von Miller, Ruth Kirchner und Ricarda Kinnen zusammen mit der Pianistin Beatrice Kahl ihr Programm. "Und natürlich alle Mütter von Müttern, alle Söhne und Töchter von Müttern und alle Männer - ihr seid ja schließlich Müttermacher!" Mütter würden die Welt vereinen, schließlich gebe es niemanden, der keine Mutter hat, und in jedem stecke genetisch gesehen eine Mutter, ob er wolle oder nicht. So erklären die vier Damen ihr Programm und warum es für jedermann etwas ist.

Sie stehen auf der Bühne und sind vollkommen präsent. Von den drei Sängerinnen und der Pianistin geht eine Power und eine Lebenslust aus, dass man nur mitlachen kann, wenn sie einen Witz nach dem anderen so charmant und manchmal provozierend ins Publikum werfen. "Mamas brauchen manchmal eben auch eine Auszeit", philosophieren die drei Sängerinnen auf der Bühne miteinander. "Das ist Wellness ... Sport ... Massage - oder Alkohol!" Alkohol sei auch eine Lösung, aber ... nichts aber! Ricarda Kinnen kennt noch eine andere Form der Auszeit: "Auszeit ist doch auch, einfach mal blöd schauen!" Darauf hin stoßen die Sängerinnen erst mal mit einem Glas Champagner und dem Publikum auf "Auszeit und Ex!" an. Weiter Erkenntnisse tischen die drei überzeugend dem Publikum auf. "Butter ist das neue Om! Es gibt nichts Besseres als viel Butter zu Marillenknödeln!" oder "Wussten Sie, dass der Muttertag aus den verunreinigten Staaten von Amerika kommt?"

Doch was dieses Programm mit so viel Humor wirklich zu einem absolut hinreißenden macht, ist nicht nur der Witz, der in jedem Satz der Damen steckt. Es ist ihre musikalische Leistung, die den Abend auf höchste Niveau-Stufe bringt. Zu jedem Witz passend finden die Frauen ein Lied, dass mit "Mama" zu tun hat oder texten es gegebenenfalls um. Alles an diesem Abend ist witzig, eines jedoch auch noch hoch beeindruckend: ihre Stimmen. Sie schlängeln sich durch Soul, Jazz, Swing und Rock'n'Roll in einer ganz eigenen Klasse, wie man sie selten zu hören bekommt. Julia von Miller singt nicht einfach nur Elvis Presley, sie lebt ihn in seinen Stücken mit rauchiger, rauer Stimme und dem Sex-Appeal zwischen den Noten. Ricarda Kinnen singt grandios "La vie en rose" mit dem französischen Charme in der Stimme, dass man sich sofort nach Paris versetzt fühlt und Ruth Kirchner überzeugt vor allem mit ihrer spanischen Gesangsnummer, die Stimme gefüllt von Erotik, Leidenschaft und Feuer. Was die Meisterklasse der Sängerinnen zeigt, ist nicht nur, wie sie etwas singen. Es ist, was sie in welcher Weise singen. Spezialisiert sich ein Sänger auf Rock'n'Roll, lernt er das für diese Musik typisch dynamische in der Stimme zu bilden. Doch die String of Pearls treffen für alles den richtigen Ton.

Mühelos folgt auf eine Swing-Nummer der Schlager "Babička" von Karel Gott, dann gehen die Sängerinnen zum Sound der Comedian Harmonists über, singen kurz mal eine Schnulze von Heintje an und überraschen schließlich mit amerikanischem Pop, dass man glaubt, Whitney Houston stehe persönlich auf der Bühne. Mit ihrer letzten Nummer an diesem Abend, einem bayerischen Dreigesang, zeigen sie ihr komplettes stimmliches Allround-Talent. Von ihrer Souveränität, Energie und Power auf der Bühne ist der Zuschauer so in Bann gezogen, dass man von der begleitenden Klaviermusik eher beiläufig Notiz nimmt. Dabei unterstützt Pianistin Beatrice Kahl als vierte Stimme das Gesangstrio mit der gleichen enormen Wandlungsfähigkeit.

Locker, leicht und selbstverständlich spielt sie ihre instrumentale Stimme, doch diese Leichtigkeit braucht viel Können und Erfahrung. In den verschiedenen Genres von Pop, Swing, Jazz bis Schlager, die an diesem Abend gesungen werden, gibt es nicht immer nur "einfache Harmonien". Selbst wenn es sich nicht so anhören mag, schwarze Tasten sind in dieser Musik keine Seltenheit, geschweige denn schnelle Rhythmen. Auch soulartige Improvisationen sind gefragt. Was die Lauterbacher an diesem Abend zu hören bekommen, werden sie noch lange in Erinnerung behalten. Hier war großes Können, musikalische Spitzenklasse und charmanteste Bühnenpräsenz geboten. Dessen sind sich die Besucher auch bewusst, und sie verabschieden die vier Frauen mit tobendem Applaus, bis Julia von Miller die Zuschauer mit den Worten "Gute Nacht, Servus, und jetzt schleicht's euch" in die Nacht entlässt.

© SZ vom 26.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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