Bruno Jonas in Petershausen:Sternstunde des Kabaretts

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Man sieht es schon am Bühnenbild: Bruno Jonas liefert. (Foto: Harry Wolfsbauer (Archiv))

Bruno Jonas begeistert mit hintergründigem Humor

Von Sonja Siegmund, Petershausen

Das ist die Königsdisziplin des Kabaretts: ein Soloprogramm, allein vor dem Publikum, ohne räumliche Distanz und viel Klamauk. Nur einige Pakete und Päckchen sowie eine Sokratesbüste dienen als Requisiten. Nicht viele beherrschen diese Kunst: Bruno Jonas aber gehört zu den besten und scharfsinnigsten Sprachkünstlern. Am Freitagabend füllte er die Mehrzweckhalle von Petershausen. Dem Kulturförderverein Petershausen unter Vorsitz von Barbara Blickle ist diese Sternstunde des Kabaretts zu verdanken.

Was Jonas in seinem neuen Programm "Nur mal angenommen . . . " präsentiert, ist nichts Geringeres als ein Rundumschlag über Gott und die Welt, dargeboten mit viel hintergründigem Humor und politischen Pointen. Dabei werden die Koalitionsparteien, Grüne und AfDler ebenso unter die Lupe genommen wie die europäischen Werte, der weltweite Rechtspopulismus oder Politiker, die immer nur das Beste wollen.

Schon als Student widmete sich der 1952 in Passau geborene Jonas dem Kabarett. Einem größeren Publikum wurde er bis 1984 als Ensemblemitglied der Münchner Lach- und Schießgesellschaft bekannt. Seitdem tritt er heute als Solist mit eigenem Programm auf. Zusammen mit Dieter Hildebrandt leitete Jonas viele Jahre die ARD-Satiresendung "Scheibenwischer". Der Kabarettist ist zudem Autor mehrerer Bücher, unter anderem einer "Gebrauchsanweisung für das Jenseits", das man laut Jonas "besser vorher lesen sollte".

Der Niederbayer spielte sich während des Kabarettabends in Petershausen selbst als freischaffender Künstler, der von zu Hause aus arbeitet und die Paketpost seiner Mitbewohner vorerst "nur mal angenommen" hat. Der Titel des Programms war damit unübersehbar, die Bühne oder besser gesagt sein Wohnzimmer war vollgestellt mit Paketen, die noch bei Jonas abgeholt werden mussten. Dabei kommt er zwangsläufig mit den unterschiedlichsten Menschen in Kontakt, wie dem überaus freundlichen aber "laubbläser-lärmenden Kickbox-Hausmeister" Yilmaz, dem bestens integrierten "DHL-Paketzustelltürken" Murat oder dem seltsam humorvollen Noch-Engländer Paul, der sich nach seiner Einbürgerung auch gefälligst zur deutschen Schuld bekennen sollte.

Überhaupt müssten Menschen heutzutage mehr Verantwortung tragen so wie die Grünen, die neue Religionspartei der Zukunft mit ihrem Erlöser Toni Hofreiter, "diesem Talent, bei dem man froh sein darf, dass er weit weg in Berlin ist". Zu diesem Thema fällt dem Kabarettisten auch der wie aus einem Computerspiel herauskopierte US-Präsident Donald Trump ein, der sich mit dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-un zum ersten Treffen bestimmt bei einem Friseur verabredet hat. Das politische Geschehen - besonders das internationale - wird von Jonas hart attackiert: der große Demokrat Wladimir Putin, Geschichtsexperte Recep Erdoğan oder der "Fake News Womanizer" Donald Trump. In diesen Kontext passt der Satz, dass die "Deppenkonstante in der Demokratie von der Antike bis heute reicht".

Beißend geistreich widmet sich Jonas auch dem Thema Umwelt, wobei er sich für die Gesellschaft wieder mehr Panik wünscht "so wie früher beim Waldsterben". Robert Habeck und Claudia Roth lobt er indes für das neueste Angebot der Grünen "Betreutes Untergehen für Senioren". Gesprächsstoff im Überfluss bietet Jonas die digitale Revolution. Hierzu verweist der Kabarettist auf seine superneue I-Watch, die alles misst - seine zurückgelegten Schritte, seine Fett- und Leberwerte und sämtliche Körperfunktionen. Empfehlenswert sei insbesondere die Blasen-App, die weltweit alle Toiletten anzeigt. In dem mehr als zweistündigen Programm wird auch das Unwort des Jahres thematisiert, das unterhaltsam-liebevolle Frühstück von Ehepaaren via Smartphone, das schlechte Image von Cappuccino-Müttern, Altersarmut und Respektrente.

Es erstaunt und verblüfft zugleich, mit welch geringen Mitteln Bruno Jonas Komik und Schrecken diverser Charaktere zu vermitteln weiß. Seine Sprachkunst, die wohldosierte Gestik, seine Beobachtungsgabe und die versteckten Wortspiele produzierten tiefgründiges Kabarett der Extraklasse. Dabei war es kein Abend der Berieselung, denn Jonas erwartet von seinem Publikum stets ein gewisses Maß an Vorwissen und Mitdenken. Zum Ende des Programms überzeugte er die etwa 700 Petershausener noch als Rockmusiker und Sänger, frei nach dem deutschen Volkslied "Ade zur guten Nacht".

© SZ vom 18.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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