Boom im Landkreis Dachau:Biogasanlagen im Trend

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Dachaus Bauern produzieren ihren eigenen Strom und wollen damit unabhängig von "Scheichs und großen Konzernen" werden - doch die Anlagen bergen auch Gefahren.

Robert Stocker

Die Preise für Milch und Getreide sinken, doch die Produktion von Energie ist ein lukrativer Markt - besonders, wenn der Staat die Stromerzeugung subventioniert. Die Folge davon ist auch im Landkreis Dachau zu begutachten: Die Zahl der von Landwirten betriebenen Biogasanlagen nimmt kontinuierlich zu.

Die Familie Strasser betreibt eine Biogasanlage bei Schwabhausen im Landkreis Dachau.  (Foto: Niels P. Jørgensen)

Nach Angaben des Bayerischen Bauernverbandes existieren im Landkreis schon 19 Anlagen, die mehr als sieben Megawatt Strom erzeugen und darüber hinaus auch noch Wärme liefern, die zum Heizen von Gebäuden genutzt werden kann. Die Landwirte speisen den Strom ins Netz, für den sie eine genau festgelegte Vergütung erhalten.

Der Trend wird wohl auch in naher Zukunft anhalten. In einigen Gemeinderäten liegen derzeit Anträge von Landwirten vor, die neue Anlagen bauen oder bestehende erweitern wollen. "Beim Bau von Biogasanlagen gibt es momentan einen kleinen Boom", bestätigt Anton Kreitmair, Kreisobmann des Dachauer Bauernverbandes.

Der Grund für diese Entwicklung liegt für ihn auf der Hand: "Das ist eine Riesenchance für die Landwirtschaft, neue Absatzwege für ihre Produkte zu erschließen." Viele Dachauer Landwirte verwenden für ihre Biogasanlagen Mais als Substrat, aus dem durch die Vergärung Methangas entsteht, das mit Hilfe eines Generators in Strom umgewandelt wird. Dabei wird auch Wärme erzeugt, die viele landwirtschaftliche Betriebe ebenfalls nutzen.

Einer davon ist der Betrieb der Familie Loock, die den als "Kürbisparadies" bekannten Rothhof im Schwabhausener Ortsteil Sickertshofen führt. Ihre Biogasanlage ist derzeit im Bau. "Mit der Anlage wollen wir unabhängig werden von den Scheichs, den Russen und den Ölkonzernen", begründet Wally Loock, die auch CSU-Gemeinderätin in Schwabhausen ist, das Vorhaben ihrer Familie.

Und da die Heizungsanlage ihres Hofes ohnehin sanierungsbedürftig ist, wollen die Loocks ihr Anwesen mit der Abwärme aus der Biogasanlage beheizen. Der Vierkirchener Landwirt Peter Großmann-Neuhäusler nutzt die Abwärme seiner Biogasanlage in großem Stil. Großmann hat seine bestehende Anlage jetzt erweitert und damit die Stromproduktion um mehr als die Hälfte erhöht.

Doch nicht nur das: In der neuen so genannten Inselanlage mit Blockheizkraftwerk entsteht so viel Wärme, dass er damit einige Unternehmen im benachbarten Gewerbegebiet versorgen kann. Dazu mussten zu den Unternehmen Leitungen verlegt werden, die auch öffentlichen Grund durchqueren. "Wir haben das Projekt stets positiv begleitet", sagt Bürgermeister Heinz Eichinger.

Für die Erweiterung der Biogasanlage musste der Flächennutzungsplan geändert und ein Bebauungsplan aufgestellt werden. "Wir haben auch überlegt, die Schule mit Wärme aus der Anlage zu versorgen, doch das wäre zu aufwändig und zu teuer gewesen", sagt der Bürgermeister.

In der Gemeinde Röhrmoos funktioniert das sehr wohl. Dort betreibt der Bio-Landwirt Arthur Stein eine Anlage, die 100 Kilowatt Strom erzeugt und die Schule sowie den nahe gelegenen Kindergarten mit Wärme versorgen soll. Die Leitungen sind derzeit im Bau, "wir arbeiten mit Hochdruck daran", sagt Stein. Nächstes Jahr will er die Leistung seiner Anlage um 100 Kilowatt erhöhen, "dann werde ich auch zu Spitzenzeiten fast kein Öl mehr brauchen."

Insgesamt sieht der Landwirt die Entwicklung jedoch durchaus kritisch. Biogasbauern würden vom Staat stark subventioniert, weshalb sie im Vergleich zu Milchviehbauern finanzielle Vorteile hätten. Dies mache sich auch bei der Pacht von landwirtschaftlichen Flächen bemerkbar. Auch die Energiebilanz von Betrieben mit Biogasanlagen sei oft schlecht.

Schulungen, die Betreiber über Gefahren und Unfallvermeidung informieren, hält der Biogasbauer für äußerst sinnvoll. Sie seien mittlerweile Pflicht. Erst Ende September hatte sich in einer Biogasanlage im Landkreis Erding ein schwerer Unfall ereignet, bei dem ein junger Mann lebensgefährlich verletzt wurde.

© SZ vom 14.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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