Bläserkonzert:Meisterhafter Figaro

Blumes Klassische Harmoniemusik begeistert mit einer eigenen Interpretation von Mozarts "Gran Partita"

Von Adolf Karl Gottwald, Dachau

Was ist "klassisch"? In Dachau legte "Blumes Klassische Harmoniemusik" mit ihrem Auftritt in der Dachauer Kulturschranne diese Frage wieder einmal nahe. Es ist gewiss amüsant, zu erfahren, dass der Ausdruck "klassisch" ursprünglich zur Bezeichnung der Steuerklasse diente. "Klassisch" (classicus) waren im alten Rom die der höchsten Steuerklasse angehörigen Bürger, erst viel später wurde "klassisch" gleichbedeutend wie "mustergültig". Der höchsten Steuerklasse gehören die Musiker von Hans Blumes Klassischer Harmoniemusik, die jetzt im Dachau vor genau zwanzig Zuhörern (bei einem Eintritt von 15 Euro, ermäßigt 10 Euro) spielten, vermutlich nicht an, aber mustergültig war ihr Auftritt in jeder Hinsicht.

Blumes klassische Harmonie

Hier das Sextett mit Kontrabass von Hans Blume.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

An erster Stelle ist das Programm zu nennen: Werke von Mozart, Johann Christian Bach und Franz Krommer. Da zuckt der strenge Musikhistoriker zusammen; denn zu den Klassikern der Musik wird unter diesen drei Komponisten nur Mozart gerechnet, Johann Christian Bach gilt als Vorläufer, Franz Krommer nur als Kleinmeister der Wiener Klassik. Wie gefällig die vom barocken Generalbass befreite Musik sein kann, zeigte Hans Blume mit einer locker gespielten Bläsersinfonie, die zwar noch nicht an Wien denken ließ, aber zeigte, dass auch in Mailand und London, wo Johann Sebastian Bachs jüngster Sohn wirkte, nach Bach und Händel ein neuer Geist in der Musik wehte. Die Partita c-Moll von Franz Krommer, mit der Blumes Klassische Harmoniemusik in der Dachauer Kulturschranne ihr Programm beendete, konnte sich nach den für Bläsersextett bearbeiteten Auszügen aus Mozarts Oper "Die Hochzeit des Figaro" und nach vier Sätzen aus Mozarts "Gran Partita" behaupten. Da empfiehlt es sich doch, bei dem Wort "Kleinmeister" das Grundwort "Meister" zu betonen und nicht das "klein".

Blumes klassische Harmonie

Hans Blume (links) spielt mit seinem Bläsersextett und Kontrabass Klassisches und weniger klassische Sinfonien.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Das Gleiche gilt auch für Blumes Klassische Harmoniemusik. In der Kulturschranne ist sie nur in kleiner Besetzung - als Bläsersextett mit Kontrabass - aufgetreten, aber ihr Musizieren war absolut meisterhaft, eben "klassisch". Ihre größte Herausforderung an diesem Abend war die Interpretation von vier Sätzen aus der "Gran Partita", die Mozart für 13 Bläser geschrieben hat. Mozart, bei dem man bekanntlich keine Note weglassen darf, weil er keine Note zu viel geschrieben hat, von 13 auf sechs Instrumentalisten reduzieren - wer kann das wagen und wie kann das gehen? Es ging gut, sogar sehr gut. Weggelassen hat der Bearbeiter des 18. Jahrhunderts nichts, die vorhandenen sechs Bläser müssen in diesem Arrangement die musikalischen Wendungen, die Mozart für andere Instrumente, etwa für Oboen vorgesehen hat, auch mitspielen, und die Verschnaufpausen, die Mozart den Klarinetten, Hörnern und Fagotten gegönnt hat, gönnte ihnen der Arrangeur nicht. Blumes Klassische Harmoniemusik spielte die Musik aus Mozarts "Gran Partita" also in der Besetzung von zwei Klarinetten, zwei Hörnern und zwei Fagotten (mit Kontrabass) mit langem Atem, aber auch mit klassischer Musikalität und der bei Mozart unabdingbaren Genauigkeit der Phrasierung und Dynamik. Man kann nicht sagen, dass bei dieser Interpretation gar nichts gefehlt habe, aber man muss auch zugeben, dass das Verbliebene "klassisch" gespielt wurde.

Die Aufgabe für eine "Klassische Harmoniemusik" war zu Mozarts Zeit die Aufbereitung von beliebten Opern zur öffentlichen Wahrnehmung als Tänze und vor allem für Serenaden. So berichtet Mozart aus Prag über einen Ball: "... ich sah zu, wie alle diese Leute auf die Musik meines Figaro, in lauter Contretänze und Teutsche verwandelt, so innig vergnügt herumsprangen; - denn hier wird von nichts gesprochen als von - Figaro, nichts gespielt, geblasen, gesungen und gepfiffen als - Figaro ...". Blumes Klassische Harmoniemusik brachte Mozarts Figaro in einem eigenen Arrangement für das Bläsersextett. Den Prager Effekt hatte diese Aufführung nicht, aber die Zuhörer in der Kulturschranne genossen die ohne Hans Blume in Dachau nie aufgeführte Figaro-Musik in vollen Zügen.

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