Süddeutsche Zeitung

Dachau:Protest gegen Ende der Thoma-Schule

Generationen von Dachauern sind in die Ludwig-Thoma-Mittelschule gegangen. Die Schließung stößt bei vielen Bürgern auf Kritik, im Internet organisiert sich Widerstand.

Von Petra Schafflik, Dachau

Die geplante Schließung der Ludwig-Thoma-Mittelschule bewegt die Stadt. Lehrer, Eltern und Schüler waren zwar frühzeitig informiert worden, doch für viele Bürger kam die Entscheidung des Familien- und Sozialausschusses vorige Woche völlig überraschend. Deshalb gab es Kritik und Fragen bei der Bürgerversammlung. Und nicht nur dort: Auf der Internetplattform Facebook haben sich bereits 228 Menschen einer Gruppe "Zum Erhalt der Ludwig-Thoma-Mittelschule" angeschlossen.

Derweil überlegen betroffene Familien, auf welche der beiden anderen Dachauer Mittelschulen ihr Kind wechseln soll. Allerdings: Bis die Thoma-Schule wie geplant im Sommer 2016 aufgelöst werden kann, müssen noch verschiedene Gremien und Behörden zustimmen. Ein Prozedere, das einige Monate dauern kann. "Unser Ziel ist aber frühestmögliche Klarheit für Eltern und Schüler", betont Hauptamtsleiter Josef Hermann von der Stadt Dachau.

Der erste, vermutlich nur formale Schritt, zur Schulschließung: Der Stadtrat muss in seiner Sitzung am 14. April die Empfehlung des Familien- und Sozialausschusses bestätigen. Auch der Schulverbund, in dem die fünf Mittelschulen von Dachau, Bergkirchen und Odelzhausen zusammenarbeiten, muss offiziell zustimmen, sagt Koordinator Albert Sikora. Dann wird der Antrag der Stadt über das Dachauer Schulamt an die zuständige Regierung von Oberbayern weitergeleitet, erläutert Josef Hermann, der bei der Stadt für die Schulen zuständig ist.

Bis eine definitive Entscheidung vorliegt, wird es also noch dauern. Dennoch beschäftigt das Thema die Dachauer: Die Schulschließung sei "unbefriedigend", monierte Josef Rauch bei der Bürgerversammlung für die Altstadt. Gerade jetzt entstehe neuer Wohnraum in der oberen Stadt und auf dem MD-Gelände, wo Kinder zuziehen werden. Doch mit erneut steigenden Schülerzahlen an der Thoma-Schule sei nicht zu rechnen, sagte Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). Der Trend gehe nun einmal zu Realschule und Gymnasium. Die Auflösung der Schule sei auch im Sinne der Schüler, warb der OB für Verständnis. Wegen sinkender Schülerzahlen könne die Thoma-Schule nicht mehr alle Schulzweige anbieten. Wenn die Kinder auf die beiden Mittelschulen Süd und Ost verteilt werden, "erhalten sie dort qualifizierten Unterricht und Wahlfreiheit". Die geplante Auflösung sei keine Sparmaßnahme, betonte Hartmann, im Bereich der Grundschulen, wo die Schülerzahlen bekanntlich steigen, werde die Stadt weiter massiv investieren.

Aber wie soll die Auflösung der Thoma-Schule konkret umgesetzt werden? Wie sollen die Kinder den neuen Schulweg nach Ost oder Süd bewältigen? Soll an der Thoma-Mittelschule im kommenden September noch eine Eingangsklasse gebildet werden, wenn das Aus für die Schule im darauffolgenden Jahr absehbar ist? Konkrete Überlegungen gebe es noch nicht, erklärt Koordinator Sikora. Aber nach dem Stadtratsbeschluss Mitte April wollen die Rektoren der Mittelschulen im Verbund intern über Konzepte diskutieren. Auch die Stadt will mit Schulverbund und Schulamt das Gespräch suchen, betont Hauptamtsleiter Hermann. Für alle Betroffenen "wollen wir so schnell wie möglich Klarheit schaffen."

Bislang wechseln an die Thoma-Schule alle Kinder der Klosterschule und ein Teil der Grundschüler aus Augustenfeld, sofern sie nicht Realschule oder Gymnasium besuchen. Doch einen rechtlich verbindlichen Schulsprengel gibt es nicht mehr, erklärte OB Hartmann auch in der Bürgerversammlung den Dachauern. Die feste Zuordnung von Wohnvierteln zu bestimmten Schulen, wie sie für Grundschulen noch gilt und auch für die ehemaligen Hauptschulen festgeschrieben war, sei seit Gründung der Mittelschulverbünde 2010 aufgelöst. In der Praxis verteilen sich die Schüler nach wie vor größtenteils nach dem alten Schulsprengel. Doch einen Zwang gibt es nicht mehr.

Neben der Zukunft der Schüler beschäftigt die Dachauer Bürger auch die Frage, was aus dem frei werdenden Schulgebäude werden soll. Fritz Koeniger erkundigte sich bei der Bürgerversammlung und merkte an, dass das Gebäude erst kürzlich umfassend saniert wurde. "Die Stadt hat in vielen Bereichen Raumbedarf, bei Grundschule, Kita, Hort oder Volkshochschule", antwortete der Oberbürgermeister. Der Vorschlag aus dem Plenum, die Klosterschule könne doch auf die Thoma-Wiese umziehen, dort gebe es dann auch eine Turnhalle, lässt sich aber nicht umsetzen. Das Gebäude der Thoma-Schule ist dafür viel zu klein, so der OB. Wer konkret nach dem Ende der Mittelschule in das Schulhaus einzieht, wird der Stadtrat entscheiden. "Aber dass wir dieses Gebäude auf jeden Fall weiternutzen, ist klar. Alles andere wäre ja ein Wahnsinn", betonte Hartmann.

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SZ vom 24.03.2015
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