Bilanz nach drei Jahren Amtszeit:Der omnipräsente Landrat

Talkrunden im Fernsehen über Integration, Treffen mit dem Münchner OB zur gemeinsamen Schulpolitik, Konferenzen zum Siedlungsdruck: Stefan Löwl beackert eine große Bandbreite an Themen und präsentiert seine Arbeit im Internet. Eine Bilanz nach drei Jahren Amtszeit

Von Robert Stocker, Dachau

115 000 eingegangene und versendete E-Mails, 65 000 gefahrene Kilometer in seinem rollenden Büro, mehr als 30 000 geleistete Unterschriften, 600 Reden und Grußworte - auch so kann ein Fazit nach drei Jahren Amtszeit aussehen. Dann wären da noch 1500 Liter Cola Light, die Stefan Löwl im Dienst konsumiert hat. Woher er das alles so genau weiß? Die Zahlen sind natürlich hochgerechnet und geschätzt und außerdem nicht ganz ernst zu nehmen. Sie sind in einem Flyer aufgelistet, in dem der Landrat auch seine Arbeit und wichtige Themen der Landkreispolitik dokumentiert. Das Werbeblatt in eigener Sache hat eine Auflage von 40 000 Exemplaren und wird derzeit an alle Haushalte im Landkreis verteilt. Löwls Bilanz der vergangenen drei Jahre ist auch auf der Homepage loewl.de zusammengestellt. Der Landrat präsentiert sich und seine Arbeit auch im Internet, so wie er das auf seiner Facebook-Seite macht. "Die Vernetzung in den neuen Medien ist auch für Politiker wichtig", sagt der 43-jährige Familienvater und Jurist.

Selbst bei Veranstaltungen politischer Mitbewerber ist er manchmal zu Gast

Der CSU-Politiker und gebürtige Schwabe folgte im Mai 2014 Hansjörg Christmann als Landrat nach. In einer Stichwahl siegte er mit einem Vorsprung von 125 Stimmen gegen den SPD-Abgeordneten Martin Güll. Schon im Wahlkampf war Löwl omnipräsent; er hatte es mit einem Konkurrenten zu tun, der schon lange im Landkreis verwurzelt war und als ehemaliger Schulleiter Popularität genoss. Stefan Löwl legt sich nun mächtig ins Zeug, seinerseits populärer zu werden. Es gibt kaum einen politischen oder gesellschaftlichen Termin, den er nicht besucht; selbst bei Veranstaltungen politischer Mitbewerber ist er manchmal zu Gast. Tage mit vier oder fünf Verpflichtungen sind keine Seltenheit. Das Amt des Landrats kann eine Ochsentour sein, bei der auch die Familie mitziehen muss. Noch immer lerne er neue und interessante Menschen kennen und entdecke versteckte Ecken im Landkreis, sagt Löwl. Die Arbeit mit Menschen macht ihm Spaß. Er schätzt die Gestaltungsmöglichkeiten eines Landrats und die direkte Nähe zu den Themen. "Lösungen lassen sich relativ schnell umsetzen, und man sieht die Erfolge". Als Beispiele nennt er die Gründung der neuen Fachoberschule in Indersdorf oder das vierte Gymnasium im Landkreis, das Ende 2016 genehmigt wurde. Grundlage war die Kooperation mit der Landeshauptstadt. Löwl: "Das funktionierte nur dank der guten Kontakte zu Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter und seinem Stellvertreter Josef Schmid."

Stefan Löwl will selbstverständlich in die Verlängerung

Halbzeitbilanz. Löwl kann sich mit diesem Wort nicht recht anfreunden. Der Begriff suggeriert für ihn, dass seine Spielzeit nur sechs Jahre dauert. Doch der Landrat will selbstverständlich in die Verlängerung. Er sieht die drei Jahre eher als 1/6- oder 1/8-Zeit, was eine Amtszeit von insgesamt 18 oder 24 Jahren bedeutet. Als Landrat hat Löwl also noch einiges vor. Das gilt zum Beispiel für die Integration ausländischer Mitbürger. 2014 und 2015 meisterten Löwl und seine Verwaltung, unterstützt von ehrenamtlichen Helferkreisen, die Herkulesaufgabe, Tausende Flüchtlinge unterzubringen und zu betreuen. Der Dachauer Landrat trat plötzlich im Fernsehen auf, wo er bei Talkrunden zum Thema Asyl mitdiskutierte. Inzwischen ist die Flüchtlingswelle abgeebbt; jetzt geht es darum, anerkannten Flüchtlingen Wohnraum und Arbeit zu geben. Das sei in erster Linie Aufgabe von Gemeinden und Wirtschaft, sagt Löwl. Wichtig ist ihm, dass in den Gemeinden keine Gettos entstehen. Was die Schulbildung dieser Menschen angeht, könne der Landkreis die Koordination übernehmen. In diese Richtung zielt auch die Überlegung, auf Landkreisebene einen Integrationsbeirat zu installieren. "Integration ist ein langer und schwieriger Prozess", sagt Löwl. Voraussetzung seien Sprachkenntnisse, "da müssen wir fordern".

Der Siedlungsdruck auf den Landkreis wird für ihn auch in den nächsten Jahren ein wichtiges Thema bleiben. Der Landrat fordert von den Bürgern die Einsicht, dass zusätzliche Wohnungen auch im ländlichen Raum nötig sind. Innenbereiche müssten verdichtet werden. "Wenn man Wohnraum verknappt, wird er teurer - bestimmte Bevölkerungsschichten können dann nicht mehr hier leben". Für Löwl ist klar, das sich die Gemeinden verändern werden, besonders jene, die an Verkehrsachsen liegen. Der Zuzug verursacht ein doppeltes Wachstum: bei den Einwohnern und beim Verkehr. Der Landkreis arbeitet derzeit an einem Konzept, das die Verkehrsträger besser vernetzen soll. Ein wichtiger Pfeiler dieses Konzepts ist der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Tangentiale Buslinien sollen geschaffen, Busse mit dem Fahrplan der S-Bahn besser abgestimmt werden. "Die Herausforderung beim öffentlichen Nahverkehr ist ein flächendeckendes Netz, das möglichst viele Menschen erreicht", so Löwl. Über einen längeren Zeitraum gesehen sei dafür ein hoher Millionenbetrag nötig.

"Wir brauchen einen Ausbau in allen Bereichen"

Investitionen stehen auch beim Straßenbau an. Zwei große Projekte sind für Löwl besonders wichtig: Die Südostumgehung von Indersdorf und die Dachauer Nordumfahrung. Das Problem sei, auch den Abfluss des Verkehrs sicher zu stellen. Deshalb sei der Ausbau der B 471 und der A 92 geplant, inklusive der Auffahrt bei Unterschleißheim. Um dem Rad- und Fußgängerverkehr mehr Raum zu geben, müsse man den Durchgangsverkehr aus den Orten nehmen. "Wenn die Zahl der Autos, die täglich durch Karlsfeld fahren, von 40 000 auf 30 000 sinkt, wäre das schon ein großer Erfolg." Für Löwl kann es beim Verkehr kein "oder" geben. "Wir brauchen einen Ausbau in allen Bereichen, das bringt den Menschen Lebensqualität."

Landrat Stefan Löwl

Die Frage, welche Tätigkit sein Amt entscheidend prägt, beantwortet Landrat Stefan Löwl mittels eines Bildmotivs.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Die sei als Mitarbeiter des Helios Amper Klinikums nicht so gut, klagen besonders die Pflegekräfte. Sie sprechen von einem Pflegenotstand und fordern mehr Personal. Das wolle auch die Geschäftsführung, sagt der Landrat, der stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Helios Amper Klinikum AG ist. Der Landkreis hält an der Aktiengesellschaft einen Anteil von 5,1 Prozent. Laut Löwl gibt es permanent offene Stellen, weil es an qualifizierten Kräften fehlt. Probleme seien im Pflegebereich auch deshalb entstanden, weil es Defizite an den Schnittstellen gab. Die seien mittlerweile behoben worden. Als Erfolg des Kreistags sieht Löwl die Tatsache an, dass Dachau Sitz der bayerischen Regionalholding des bundesweiten Klinikkonzerns geworden ist. "Das war ein harter Kampf", sagt der Landrat. Jetzt rede der Landkreis bei Investitionen mit. Eine Folge sei, dass auch der Standort in Indersdorf deutlich ausgebaut werde.

Löwl spricht von vielen emotionalen Momenten, die er bisher als Landrat erlebt hat. Dazu gehören Begegnungen mit Flüchtlingen oder mit Bürgern, die sich durch großes Engagement auszeichnen. "Es ist jedes Mal ein tolles Erlebnis, wenn Menschen um der Sache willen etwas bewegen wollen." Die Partnerschaft mit dem polnischen Landkreis Oświęcim sei eine wegweisende Entscheidung gewesen. Die Atmosphäre im Kreistag nennt er konstruktiv und kollegial. Martin Güll, der für die SPD im Kreistag sitzt, bestätigt das - allerdings mit einer Einschränkung. Die Zahlen im Flyer seien ihm "zu hemdsärmelig", da gehe es nur um die Verwaltung. Kollegialität im Sinne von Hemdsärmeligkeit sei nicht gut. Der ehemalige Konkurrent um den Landratsposten vermisst klare Ziele und Strategien, etwa bei der Bewältigung der Integration.

10 000 Fahrzeuge

Wenn die Zahl der Autos, die täglich durch Karlsfeld fahren, um 10 000 sinken würde, wäre das für Landrat Stefan Löwl schon ein großer Erfolg. Derzeit quälen sich Tag für Tag etwa 40 000 Pendler durch die Münchner Straße. Das Ziel kann nach Ansicht von Löwl nur dann erreicht werden, wenn das Straßennetz, Radwege und öffentlicher Nahverkehr ausgebaut werden. "Wir brauchen eine Verbesserung in allen Bereichen, das bringt den Menschen Lebensqualität."

Was die Zusammenarbeit in den Gremien betrifft, ist Landrat Löwl stolz darauf, dass alle drei Haushalte einstimmig verabschiedet wurden. Sacharbeit für den Bürger bestimme die Arbeit im Kreistag. Löwl: "Wir sind Kommunalvertreter und keine Parteisoldaten."

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