Biber:Und täglich grüßt das Nagetier

Etwa 500 Biber tummeln sich gegenwärtig im Landkreis. Doch nicht überall sind die Tiere erwünscht.

Andreas Baumer

Biber: Kräftiges Zahnwerk: Diese Verbissspuren haben Biber 2011 in Vierkirchen zwischen Fischweiher und Naturbad hinterlassen.

Kräftiges Zahnwerk: Diese Verbissspuren haben Biber 2011 in Vierkirchen zwischen Fischweiher und Naturbad hinterlassen.

(Foto: Toni Heigl)

Der Biber ist im Landkreis auf dem Vormarsch: Da verirrt sich schon mal ein Nager in der Dachauer Innenstadt, wird ein ahnungsloser Mann in Markt Indersdorf des Nachts von dem wasserliebenden Säugetier überrascht oder fürchtet der Vierkirchner Bürgermeister ob der Umtriebigkeiten des zotteligen Gesellen um sein Naturbad. Erst kürzlich haben wieder aufmerksame Spaziergänger beobachtet, dass nahe der Liegewiesen am Karlsfelder See Bäume angenagt wurden. "Wir sind seit mehr als zehn Jahren ein Biber-Landkreis", sagt Alexander Wolfseder, Sachbearbeiter des örtlichen Natur- und Landschaftsschutzes im Landratsamt. Die Biber hätten sich inzwischen flächendeckend im Landkreis ausgebreitet und besiedelten alle größeren Fluss- und Bachläufe.

Und das, obwohl das Schicksal des Säugetiers zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts schon besiegelt schien, frei lebende Biber als nahezu ausgerottet galten. Erst 1966 unternahm der Bund Naturschutz erste Versuche, die Nager wieder anzusiedeln. Eine Erfolgsgeschichte: Ende der 1980er-Jahre drangen die Tiere über die Flüsse Amper, Glonn und Ilm auch wieder in den Landkreis vor und haben sich seitdem stetig vermehrt. So befinden sich heute nach Schätzungen des Landratsamts etwa 500 Biber in Dachau und Umgebung. Diese verteilen sich auf etwa 100 bis 120 Biberreviere.

Die meisten Nagetiere haben sich an den Hauptflüssen im Landkreis eingenistet, durch die Vermehrung sind aber immer mehr Artgenossen auf Seitenbäche bis hin zu Entwässerungsgräben ausgewichen. Wolfseder: "Jungbiber werden nach zwei Jahren aus dem Revier ihrer Eltern vertrieben und müssen nach neuen Lebensbereichen suchen. Viele siedeln sich dann eben in ungünstigen Gebieten wie Entwässerungsgräben an." Ungünstig ist dieser Trend bekanntlich vor allem für Landwirte, aber auch Gemeinden. "Seit etwa drei Jahren hat der Unmut stark zugenommen", weiß der Leiter der Unteren Naturschutzbehörde. Bedrohte, weil bis zum Kernholz durchgenagte Baumstämme und von Biberdämmen verursachte Feldüberflutungen, das sind die häufigsten unliebsamen Folgen der Biberausbreitung.

So mancher Landwirt oder Bürgermeister im Kreis hat deshalb mehrmals zur Jagd auf den nagenden Unruhestifter aufgerufen. So wurde der Biber in der Vergangenheit vom Kreisobmann des Bauernverbandes Anton Kreitmair mitunter als "richtige Plage" bezeichnet, auch der Vierkirchner Bürgermeister Eichinger befürwortete des Öfteren vehement den Abschuss jener Artgenossen, die im Naturbad der Gemeinde ihr Unwesen trieben. Tatsächlich wurden in den letzten beiden Jahren insgesamt 48 Exemplare erlegt.

Im laufenden Jahr berichtet Wolfseder von vier Tötungen. Sowohl am Augraben in Bergkirchen als auch am Essenbach bei Odelzhausen wurde die Jagd nach den Pelztieren vom Landratsamt genehmigt. Am Essenbacher Ufer seien etliche Laubbäume erheblich beeinträchtigt worden, am Augraben hätten durch Biber verursachte Aufstauungen zu Ufereinbrüchen geführt, erläutert Wolfseder. Dabei ist die Tötung des Nagetiers nur in Ausnahmefallen erlaubt. Die Tiere unterliegen dem europäischen Artenschutz und sind deshalb laut Bundesnaturschutzgesetz besonders und streng geschützt. So ist es verboten, Biber willkürlich zu fangen und zu töten. Eine Abschussgenehmigung werde Wolfseder zufolge nur dann erteilt, wenn erhebliche wirtschaftliche Schäden bevorstünden und keine Alternativmaßnahmen ergriffen werden könnten. So wie im aufsehenerregenden Fall der Biber im Vierkirchner Naturbad.

An vielen Orten im Landkreis wurden - zumindest vorerst- unblutige Lösungen gefunden. So sind Dammdrainagen am Höfaer Bach bei Höfa sowie am Erlbach bei Erlhausen im Einsatz. Diese sollen mithilfe von Röhren, die in Biberdämme eingebaut werden, die Stauung von Wasser verhindern. Auch die Karlsfelder haben an ihrem beliebten Badesee einen biberfreundlichen Weg gefunden: dort wird um die Stämme schützenswerter Silberweiden, Erlen oder Buchen Maschendrahtzaun gelegt, wie Bernhard Wagner, Vorsitzender der Karlsfelder Ortsgruppe des Bund Naturschutz, erfreut berichtet. Erfolgreiche Präventionsmaßnahmen allein werden jedoch wohl auch in Zukunft nicht genügen, um Biber und Mensch in Einklang zu bringen. Alexander Wolfseder befürchtet, dass die Zahl getöteter Biber in diesem Jahr nicht merklich sinken wird. Das Nagetier, der Mensch und die Natur - eine komplizierte Beziehung.

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