Biber:Frei zum Abschuss

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Der Biber breitet sich weiter aus und verursacht zunehmend Schäden. Das bringt ihn selbst zunehmend in Gefahr.

Von Robert Stocker

Abgenagte Baumstämme mitten im Ort? Das kann nur das Werk eines Bibers sein, der sich an der Glonn trotz lärmender Autos und Wohnbebauung im Indersdorfer Zentrum eingenistet hat. Die großen Nagetiere mit den scharfen Zähnen finden offenbar auch hier gute Futtergrundlagen. An eine Seite der Glonn grenzt ein großes Feld, in dem Castor fiber (so sein wissenschaftlicher Name) im Sommer jede Menge zu fressen findet. Der bis zu 30 Kilogramm schwere Nager liebt Mais, Rüben und Getreide, im Winter nimmt er mit Rinde, Zweigen und Knospen von Bäumen Vorlieb. Die Lebensbedingungen sind hier für ihn ausgezeichnet - wie an vielen anderen Orten im Landkreis.

Naturschützer freuen sich darüber, dass der Biber im Landkreis wieder heimisch wurde. Er besiedelt alle wichtigen Bach- und Flussläufe im Landkreis und breitet sich weiter aus. Vor einigen Jahren wurde sein Vorkommen auf 400 bis 500 Exemplare geschätzt. Die Population ist vermutlich inzwischen weiter gestiegen. "Die idealen Reviere sind besetzt, die Tiere wandern in andere Bereiche ab und gestalten sie nach ihren Bedürfnissen um", sagt Sybille Hein von der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt. Doch genau das ist das Problem. Die Nager stauen Entwässerungsgräben auf und überfluten anliegende Felder. "Darüber", sagt Hein, "sind die Landwirte nicht erfreut." Aber auch in den klassischen Revieren von Amper und Glonn sowie ihren Nebenläufen wird die Situation schwieriger. Die Tiere gefährden mit ihren Dämmen immer mehr Straßen und Brücken. "Da werden Schmerzgrenzen erreicht, das ist oft nicht mehr zumutbar", beschreibt Hein die Situation. Da griffen auch konfliktvermeidende Maßnahmen nicht mehr.

Dafür sind die Biberberater zuständig, die im Auftrag der Unteren Naturschutzbehörde arbeiten. Sie beraten die betroffenen Landwirte und beurteilen die Lage an Ort und Stelle. "Ohne die Biberberater wären wir verratzt", bringt es Sybille Hein auf den Punkt. Doch manchmal kommen auch die Konfliktvermeider, sozusagen Mediatoren des Naturschutzes, zu dem Schluss, dass die angerichteten Schäden nicht mehr zu vermitteln sind. Etwa wie im Fall des Naturbads Vierkirchen, wo die Tiere Teichfolie und Filteranlage zu schädigen drohten. Dann kann die Untere Naturschutzbehörde eine "Entnahme" der Biber befürworten, was in vielen Fällen den Abschuss bedeutet. Im vergangenen Jahr wurden im Landkreis Dachau 49 Tiere erlegt, doppelt so viele wie in den beiden Jahren zuvor. Die Allgemeinverfügung, die das Umweltministerium erlassen hat, erlaubt einen Abschuss der Tiere, wenn sie Kläranlagen, Triebwerkskanäle von Wasserkraftanlagen, Stauwehre, Deiche oder Dämme gefährden. Die sonst streng geschützten Nager dürfen aus Sicherheitsgründen vom 1. September bis 15. März gefangen oder getötet werden. Hein: "Dann ist eine Entnahme außerhalb der Schonzeit möglich."

Landwirte können die durch Biber entstandenen Schäden bei der Unteren Naturschutzbehörde geltend machen. Dafür gibt es den staatlichen Biberfonds. Im Jahr 2012 wurden in 16 gemeldeten Schadensfällen insgesamt 7500 Euro ausbezahlt. Der Fonds deckt aber nur land- und forstwirtschaftliche Schäden. "Schäden in Wasser- und Bodenverbänden fallen durch das Raster", sagt Hein. Der Landkreis versucht deshalb, Defizite mit eigenen Mitteln auszugleichen. Lange habe sich das Landratsamt gegen den Abschuss von Bibern gewehrt. Hein: "Wenn es wirklich sein muss, sollte es schnell und sauber gehen. Man sollte die Tiere nicht in einen Todeskäfig sperren und sie dann einen Tag später erschießen."

© SZ vom 24.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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