Süddeutsche Zeitung

Bewegender Abschied:Die letzte Strophe

Nach 20 Jahren gibt der Singkreis Schwabhausen sein Abschiedskonzert. Viele Mitglieder sind in die Jahre gekommen, Nachwuchs fehlt, jetzt löst sich die Gruppe auf. Dem Ort geht damit ein Stück gemeinschaftlich gelebter Tradition verloren

Von Renate Zauscher, Schwabhausen

Der Singkreis Schwabhausen löst sich auf: Nach 20 Jahren ist zum Jahresende Schluss mit den allwöchentlichen Chorproben, den Auftritten bei gemeindlichen und privaten Feiern und den zwei Konzerten im Sommer und zur Weihnachtszeit, die zwei Jahrzehnte lang zur guten Tradition in Schwabhausen gehörten. Am Freitag, 29. Dezember, verabschiedet sich der Chor mit einem letzten Konzert in der Pfarrkirche Sankt Michael: Es dürfte für viele, für die Sängerinnen und Sänger ebenso wie für ihr Publikum, ein bewegender Abschied werden. Die Gründe für die Auflösung des Singkreises seien "biologischer Natur", sagt Chormitglied Ernst Spiegel. Er selber und verschiedene andere vor allem der männlichen Mitglieder des Singkreises gingen auf die 80 zu, und "da wird die Stimme brüchiger und das Luft holen schwieriger". Und wenn die Stimme nicht mehr so mitmache wie früher, "dann hört sich's einfach auf".

"Die Männer waren die Auslöser für die Entscheidung, aufzuhören", sagt Irene Poth, die ebenfalls seit vielen Jahren im Singkreis aktiv ist. "Wenn alles auseinanderfällt und zum Schluss nur noch ein paar Leute übrig bleiben, dann bleibe nur noch die Möglichkeit, den Chor aufzulösen." Ähnliche Gründe nennt Bärbel Guderley, die die Leitung des ursprünglich aus dem Kirchenchor hervorgegangenen Singkreises vor acht Jahren von Anton Roth übernommen hat. "Der Chor muss sich weiterentwickeln", sagt sie, wenn nur noch wenige Leute mit dabei seien, könne man "keine großen Werke mehr bringen". Guderley spricht aber auch noch eine andere Ursache für das Auseinandergehen des Chores an: "Die Jugend hat kein Interesse an dem Liedgut, das wir einstudieren und vortragen - Operettenmelodien, Gassenhauer von früher oder Volkslieder". Und weil das so sei, fehle auch der Nachwuchs. In den letzten Jahren seien nur noch ganze wenige neue Chormitglieder dazugekommen: zwei Frauen und zwei Männer, die früher in der Hilgertshauser Chorgemeinschaft gesungen hätten, bestätigt Ernst Spiegel. Mit schuld daran sei, dass sich niemand mehr zeitlich festlegen wolle und dass viele Berufstätige heute andere Arbeitszeiten hätten und oft zu spät für die Chorprobe nach Hause kämen. Mit Bedauern spricht auch Wast Kottermair über das bevorstehende Ende des zuletzt noch zwanzig Mitglieder starken Chors, den er seit vielen Jahren bei Proben und Konzerten auf dem Piano begleitet. Einen "Vollblutmusiker" nennt Ernst Spiegel den Albersbacher. Kottermair, der früher noch eine Nebenerwerbslandwirtschaft betrieben hat, ist ausgebildeter Kirchenmusiker, der in Indersdorf Organist und Chorleiter war, auch heute noch in Weichs und Vierkirchen als Organist tätig ist und seit nunmehr 42 Jahren den Landfrauenchor Dachau leitet.

Mit dem Ende des Singkreises geht ein Stück Gemeinde- und Gemeinschaftsleben in Schwabhausen zu Ende. Schließlich sei man nicht nur jede Woche bei den Proben zusammengekommen sondern habe zusammen auch Feste gefeiert oder sich beim Grillen getroffen, erzählt Spiegel. Mit dem Grund für das wöchentliche Zusammenkommen der Chormitglieder dürften auch solche Treffen weniger werden. Fehlen wird schließlich auch der über die Jahre sehr enge Kontakt zum Publikum, das bei den Konzerten immer für ein volles Haus gesorgt hat.

Am 29. Dezember wird der Singkreis noch einmal zeigen, was er kann. Zur Aufführung kommen sowohl neue Einstudierungen wie die Highlights früherer Konzerte. Auf dem Programm stehen Bearbeitungen alter Kirchenlieder wie etwa die Komposition "Die Könige" von Peter Cornelius, ein Solosatz mit Choruntermalung, und andere Stücke auf der Basis von Kirchen- und Volksliedern. Ergänzt wird das Programm mit dem Auftritt der "Summahaisl-Musi" mit ihren Seiteninstrumenten, eine Gruppe, die seit Jahren bei den Auftritten des Singkreises mit dabei ist.

Das Konzert in Sankt Martin beginnt um 19 Uhr, der Eintritt ist frei. Spenden allerdings sind erwünscht: Sie fließen in den Sozialfond der Gemeinde.

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Quelle:
SZ vom 29.12.2017
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