Bewährungsstrafe:Ein Vater dreht durch

Wegen psychischer Probleme droht ein 33-Jähriger, seine Ehefrau und das neugeborene Baby zu töten

Von Petra Schafflik, Dachau

Die Situation war zum Verzweifeln: Gerade hatte der 33-jährige Handwerker seinen Job verloren, da wurde ihm die Wohnung gekündigt. Seine Frau reichte die Scheidung ein, die gerade neugeborene Tochter sollte er nie wiedersehen. "Da bin ich ausgeflippt", sagt der kräftige Mann, der sich jetzt wegen Bedrohung und Beleidigung vor dem Dachauer Amtsgericht verantworten musste.

Telefonisch hatte er damals seine Ehefrau beschimpft, als diese noch mit dem Baby auf der Entbindungsstation lag. Er kündigte an, das Kind zu entführen oder sogar Mutter und Tochter "auszulöschen". Eine schwerwiegende Drohung. "Schlimmer geht es nicht, als das eigene Kind mit dem Tod zu bedrohen", erklärte der Dachauer Amtsrichter Tobias Bauer. Der 33-jährige Angeklagte, der aufgrund einer geplatzten Lastschrift auch noch wegen Betrugs angeklagt war, wurde zu einer Haftstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt, die als "letzte Chance" zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Die Telefonattacke des Handwerkers, die im September 2013 einen großen Polizeieinsatz auslöste, war offenbar die Zuspitzung eines Rosenkriegs, der zwischen den Eheleuten ausgefochten wurde. Bald nach der Hochzeit habe es Auseinandersetzungen gegeben, "meist drehte sich der Streit ums Geld", so berichtet der Angeklagte dem Gericht. Eskaliert ist die Situation wenige Tage vor der Telefondrohung. Da sei er nach der Geburt der Tochter völlig betrunken in der Klinik aufgetaucht und musste von einer Streifenbesatzung des Krankenhauses verwiesen werden, sagt ein Polizeibeamter als Zeuge.

Dieser Auftritt war für die junge Mutter Anlass, den Entzug des Sorgerechts anzukündigen. Daraufhin drohte der Mann mit Entführung oder Schlimmerem. Die Ehefrau rief die Polizei, zwei Beamte konnten am Krankenbett noch einige der zahlreichen Drohanrufe mithören. Die frisch entbundene Mutter habe diese Verbalattacken sehr ernst genommen, schilderte der Polizist. "Sie war vollkommen durcheinander und hat geweint." Aber auch der Angeklagte, der seit einigen Jahren unter Depressionen leidet, war psychisch in einer Ausnahmesituation. Jetzt trinke er noch ein paar Halbe Bier, dann hänge er sich auf, der Strick sei schon an der Decke montiert - diesen Plan erläuterte er ganz sachlich einer Polizistin, die ihn telefonisch erreicht hatte. Sofort eilte ein Streifenwagen zur Wohnung, "die Kollegen haben die Tür eingetreten und ihn rausgeholt".

Eine angemessene Strafe zu finden, "das ist die größte Schwierigkeit", sagte der Staatsanwalt. Auch wenn die damalige Notlage des Angeklagten nachvollziehbar sei, er ein Geständnis abgelegt habe und die Tat bereue, so sei die Drohung, das eigene Kind zu töten doch "jenseits von Gut und Böse". Zudem ist der Angeklagte vorbestraft, zwölf Mal wurde er bereits verurteilt wegen unterschiedlicher Delikte wie Diebstahl, Körperverletzung, Trunkenheit im Straßenverkehr, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Betrug und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Zudem stand der Angeklagte noch unter offener Bewährung wegen einer anderen Straftat, als er die Ehefrau bedrohte. Trotzdem plädierte der Staatsanwalt für eine Bewährungsstrafe "als letzte Chance". Der Handwerker, der wieder einen Job hat, will in einer Spezialklinik seine Alkoholprobleme in den Griff bekommen. Der Amtsrichter blieb mit seinem Urteil unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die ein Jahr und sechs Monate gefordert hatte. Die Bewährungsfrist beträgt fünf Jahre, dem Angeklagten wird eine Bewährungshilfe zugeordnet und er muss als Auflage 60 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. "Bei der nächsten Sache sitzen Sie richtig lange", warnte der Amtsrichter den Handwerker noch einmal eindringlich. Das Urteil ist rechtskräftig.

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