Betrug:127 000 Euro Schaden

Ein Wohnmobilverkäufer aus dem Landkreis fälschte Rechnungen und ließ sich Kaufsummen direkt auf sein Konto überweisen. Seine Masche flog auf. Jetzt wurde der Familienvater vom Schöffengericht zu einer Haftstrafe verurteilt

Von Benjamin Emonts, Dachau

Die Masche des Angeklagten war kinderleicht. Er verkaufte Wohnmobile im Namen seines Arbeitgebers, schrieb die eigene Kontonummer auf die Rechnung und kassierte wenig später das Geld. Auf diese Weise landeten im Laufe eines Jahres rund 127 000 Euro auf dem Konto des Angeklagten. Die Masche flog natürlich auf. Am Donnerstag musste sich der 45-Jährige wegen Betrugs, versuchten Betrugs und Urkundenfälschung vor dem Dachauer Schöffengericht verantworten. Er kommt nun ins Gefängnis, sollte das Urteil rechtskräftig werden.

Vor dem Schöffengericht räumte der Familienvater aus dem Landkreis Dachau die Straftaten vollumfänglich ein. Er wolle Wiedergutmachung leisten, versprach er seinem ehemaligen Arbeitgeber: "Ich bin einer, der nicht davonläuft und die Sachen bereinigen will." Einen konkreten Plan hatte er vor Gericht bereits parat. Nach eigener Auskunft erwartet er eine Finanzspritze über 400 000 Euro aus Grundstücksverkäufen; eine erste Tranche von 60 000 Euro wolle er dem Geschädigten zeitnah überweisen. Sein ehemaliger Chef schüttelte im Sitzungssaal ungläubig den Kopf, als er das hörte. Am Rande der Verhandlung erzählte er, dass der Angeklagte seit einem Jahr beteuere, das Geld zurückzahlen zu wollen, ohne das etwas passiert sei. "Ich gehe davon aus, dass ich keinen Cent wiedersehe."

Der Angeklagte hatte gleich mehrere Wege gefunden, um sich über die Firma Geld zu erschleichen. Auf den Geschmack war er erstmals im Mai 2019 gekommen, als er für eine Reparatur 3500 Euro Bargeld entgegennommen hatte und einfach einbehielt. Danach wurde es noch krimineller. Per Mail forderte er einen Kunden auf, eine Rechnung über knapp 8500 Euro zu begleichen - das Geld holte er persönlich ab. Für zwei Wohnmobile ließ er sich später sogar die volle Verkaufssumme, insgesamt rund 116 000 Euro, auf sein Konto überweisen. Seine Masche fiel anfangs nicht auf, weil die Kunden in Vorkasse gingen. Der Angeklagte plante nach eigener Aussage, das Geld rechtzeitig wieder in den Umlauf zu bringen, bevor alles auffliegt. Wie er das anstellen wollte, blieb jedoch unklar.

Geradezu abstrus klingen die Beweggründe des Angeklagten. In Geldnöte sei er geraten, weil ein früherer Mitarbeiter sich an ihm bereichert habe. Der Kollege habe ihn in das Feld der dunklen Magie eingeweiht und ihm versichert, einen Dschinn zu besitzen, der die Zahlen für den millionenschweren Eurojackpot vorhersagen kann. Weil der Geist dafür Opfergaben beanspruchte, habe er dem Kollegen immer wieder Geld geben müssen. Im Gerichtssaal herrschte kurzzeitig Stille, nachdem der Angeklagte das so geschildert hatte. "Man schaltet das Hirn einfach ab und glaubt. Man ist wie in einem Tunnel, der immer größer und dunkler wird. Der einzige Lichtblick ist der mögliche Gewinn", sagte er schließlich. Das gesamte Geld aus seinen Betrugsdelikten sei weg. Seine Schulden beliefen sich aktuell auf 200 000 Euro.

Sein Betrug musste irgendwann auffliegen. In drei weiteren Fällen wollte er sich das Geld für neue Wohnmobile aufs Konto überweisen lassen, insgesamt knapp 160 000 Euro. Mehrere Kunden jedoch wurden stutzig, als er ihnen für eine Anzahlung mit Bargeld einen Preisnachlass anbot. Ein anderes Mal, so erzählte es der Firmeninhaber außerhalb der Verhandlung, habe ein Kunde verärgert angerufen, weil er immer noch auf das bereits bezahlte Auto wartete. Die Summe aber war nie eingegangen. Beide Seiten waren fassungslos. Mehrfach kassierte der Verkäufer mutmaßlich auch Provisionen von seinem Chef für abgeschlossene Kaufverträge, wo es den Käufer nie gab. Bestellte Fahrzeuge seien daraufhin ungenutzt auf dem Hof gestanden. Diesen Anklagepunkt ließ das Gericht jedoch fallen, weil die Schadenssumme vergleichsweise gering war. Außerdem wären weitere Ermittlungen erforderlich gewesen, da der Angeklagte diesen Vorwurf abstritt. Das Schöffengericht verurteilte den 45-Jährigen zu zwei Jahren und drei Monaten Gefängnisstrafe. Nur vier Monate vor dem ersten Betrugsdelikt war er andernorts wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe zur Bewährung verurteilt worden. Weiter verfügte das Gericht, dass rund 127 000 Euro vom Vermögen des Angeklagten eingezogen werden sollen. Amtsrichter Tobias Bauer nannte den Angeklagten in seiner Urteilsverkündung "mutig", weil er sich vor Gericht geständig gezeigt und das Verfahren damit erleichtert habe. Seiner Frau habe der Angeklagte inzwischen alles gebeichtet, sagte der 45-Jährige. "Man schämt sich jede Minute. Man versucht nicht aufzugeben und zusammenzuhalten." Eine neue Stelle habe er bereits gefunden. Er will wieder als Wohnwagenverkäufer arbeiten.

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