Beschäftigung für Flüchtlinge:Wer sich integriert, soll auch arbeiten dürfen

Jochen Jacob

Jochen Jacob, Koordinator des Asylhelferkreises Petershausen.

(Foto: Privat/OH)

Ein Beschluss des Innenministerium soll für fairere Verhältnisse bei der Beschäftigung von Flüchtlingen sorgen. Ein Blick in die Landkreise zeigt, dass dies heute schon möglich wäre, wenn die Behörden es wollen - wie in Dachau

Von Magdalena Hinterbrandner, Dachau

Mehr Einzelfallgerechtigkeit und Vorteile für Arbeitgeber - so fasst Bayerns Innen- und Integrationsminister Joachim Herrmann (CSU) den neu gefassten Beschluss seines Ministeriums zusammen: Wenn Asylbewerber sich besonders gut integrieren, beispielsweise überdurchschnittlich gute Schulleistungen erbringen oder sich ehrenamtlich engagieren, sollen sie nun eine größere Chance auf eine Beschäftigungserlaubnis haben. Demnach können sie entweder ihren bereits erlernten Beruf ausüben oder sich auf eine Berufsausbildung bewerben. Wer das geschafft hat, darf sich sogar Hoffnungen auf eine dauerhafte Aufenthaltsperspektive machen. Die Entscheidung darüber, ob ein Asylsuchender so eine Chance bekommt, liegt laut Pressemitteilung des Innenministeriums im jeweiligen Ermessen der einzelnen bayerischen Ausländerbehörden. Das klingt eigentlich ganz gut und auch ganz fair. Die Helferkreise im Landkreis Dachau sind da allerdings unterschiedlicher Meinung.

Peter Barth, Koordinator des Helferkreises in Hebertshausen ist enttäuscht. Für ihn ist dieser Beschluss schwammig und kein Fortschritt. "Für mich ist das eine reine Ankündigung, die relativ unverbindlich ist. Das ist schade." Das größte Problem sieht nicht nur er, sondern auch der Koordinator des Helferkreises in Karlsfeld, Max Eckardt, bei den Asylsuchenden aus den "sicheren Herkunftsländern", zum Beispiel dem Senegal. Genau bei diesen Asylsuchenden soll es wie bisher gehalten werden: Sie erhalten so oder so keine Beschäftigungserlaubnis. Denn mit geringer Bleibeperspektive habe es keinen Sinn, Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren. Ein Teufelsrad, denn "diese Leute sind zum Nichtstun verdammt", so Peter Barth. Für ihn geht der Königsweg der Integration über Arbeit, also wie solle man sich besonders gut integrieren, wenn man überhaupt keine Chance auf eine Ausbildungsstelle bekommt? "Die Menschen zu beruhigen, ist für die Betreuer sehr schwer. Wo sollen sie denn ihre Energie herholen? Wenn sie arbeiten würden, würden sie merken: Ah, mein Deutsch muss besser werden. Dann hätten sie mehr Energie, zum Beispiel auch die Sprache besser zu lernen", so Barth. "Ein Arbeitsverbot halte ich für ganz, ganz schlecht."

Max Eckardt aus Karlsfeld hat noch ein wenig Hoffnung. "Dass sie nicht gleich einen ganzen Schwenk machen, ist klar. Es ist halt zäh in Bayern." Aber auch für ihn ist wichtig, das Arbeitsverbot für Flüchtlinge aus den als sicher eingestuften Herkunftsländern abzuschaffen. Denn auch für ihn ist so keine Integration möglich. Aus seiner Sicht wäre mit einer Beschäftigungserlaubnis beiden Seiten geholfen. "Manchmal scheitert eine freiwillige Abschiebung daran, dass - auf gut Deutsch gesagt - der sich daheim nimmer blicken lassen kann. Ohne Geld hat er keine Chance."

Landrat Stefan Löwl (CSU) erklärt dieses Dilemma: Dass Asylbewerber aus "sicheren Herkunftsländern" keine Beschäftigungserlaubnis bekommen, sei im Bundesgesetz klar geregelt, da könne man nichts ändern. Den Beschluss von Innenminister Herrmann, gut integrierten Asylbewerbern eine größere Chance auf eine Beschäftigungserlaubnis zu geben, findet Löwl sinnvoll. "Wobei das bei uns nicht viel Auswirkung haben wird, da wir schon jeden Einzelfall genau anschauen und sowieso schon, so weit es geht, mit dem eigenen Ermessen positiv entscheiden", so Löwl. Man entscheide in Dachau so wohlwollend wie möglich; gegen das Gesetz, das für Flüchtlinge aus "sicheren Herkunftsländern" gelte, könne man aber nichts machen.

Der Landkreis Dachau ist, was Ausbildungsplätze von Asylbewerbern angeht, ein Spitzenreiter. Mittlerweile sind circa 150 Flüchtlinge in Ausbildung, in Landkreisen nebenan sind es gerade mal zwei. Jochen Jacob ist Koordinator des Helferkreises in Petershausen und Vorsitzender der ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer in Bayern. Auch er ist wie Landrat Löwl der Meinung, für Dachau werde sich durch den Beschluss nicht viel ändern. Man hoffe eher, dass dadurch andere Landkreise nachziehen und auch in ihrem Ermessensrahmen Integrationsleistungen mehr berücksichtigen als bisher. Zum Arbeitsverbot für Asylbewerber aus "sicheren Herkunftsländern" stimmt Jochen Jacob den anderen Helferkreisen zu. Durch so ein Verbot entstünden Problemgruppen, was noch mehr bestärkt werde dadurch, dass Asylbewerber aus diesen Herkunftsländern keine Deutschkurse bekommen. Das mache eine Integration noch schwieriger. Anders ist das bei Flüchtlingen auf Duldung, wenn also ihr Status noch nicht geklärt ist. Dann gibt es die sogenannte Arbeitsduldung. "Das bedeutet, dass die Asylsuchenden mindestens die drei Jahre für die Ausbildung hierbleiben dürfen, und noch zwei Jahre dazu, damit das für den Arbeitgeber auch interessant ist", so Jacob.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: