Berufsschule Dachau:Übung macht den Meister

18 junge Menschen mit Migrationshintergrund besuchen die Berufsintegrationsklassen der Dachauer Berufsschule. Erstmals finden die Werkstatttage nun in Kooperation mit dem MINT-Campus statt. Davon profitieren alle Beteiligten

Von Andreas Förster

Dachau - Das Jugendforschungszentrum, besser bekannt als MINT-Campus Dachau (MCD), wurde kürzlich Schauplatz eines Autorennens: Quads mit fetten Reifen gegen glitzernde Autos. Die Fahrzeuge der Jungs sollten die der Mädchen in den Schatten stellen - doch es kam anders. Die Mädels hatten ihre hübsch verzierten Fahrzeuge leichter gebaut und waren dadurch schneller. Am Ende aber kam es vor allem auf eines an: Das alle ihre Autos selbst gebaut hatten. Erfolgserlebnisse wie diese haben einen großen Anteil daran, ob die jungen Menschen in Deutschland Zukunftschancen haben oder nicht.

18 Jugendliche nehmen an den Werkstatttagen ihrer Berufsintegrationsklasse (BIK) der Berufsschule Dachau teil, die sich an junge Menschen mit Migrationshintergrund richtet: an unbegleitete Flüchtlinge und solche aus EU- und Drittstaaten wie Serbien, Bosnien oder Albanien. Innerhalb von zwei Jahren lernen sie zunächst Deutsch und Wertebildung, aber auch Mathe und Sozialkunde. Im zweiten Jahr rückt die Berufsorientierung in den Fokus. Praktika, Potenzialanalyse und Werkstatttage sollen den jungen Menschen den Einstieg in das berufliche Bildungssystem oder eine weiterführende Schule ermöglichen, heißt es seitens des Freistaats. Und wo könnte man die in Dachau besser durchführen als am MINT-Campus mit seinen passenden Werkstätten, Werkzeugen und Fachleuten aus dem Bereich Mathe, Informatik, Naturwissenschaft und Technik?

MINT Campus

Mamadi S. wird im kommenden Sommer mit der Schule fertig, dann möchte er eine Ausbildung zum Automechatroniker beginnen.

(Foto: Niels P. Joergensen)

"Wichtig ist uns, dass die Jugendlichen lernen, ihre eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten besser einzuschätzen", sagt Firengiz Degler. Die Deutschlehrerin, die in beiden Klassen die Aufgaben des Jobcoaches übernommen hat, betreut und coacht gemeinsam mit dem Sozialpädagogen Helmut Payer die Jugendlichen. Die beiden ermutigen und motivieren ihre Schützlinge, sind gewissermaßen Mutter- und Vaterersatz gerade für die unbegleiteten jungen Geflüchteten.

Mamadi S. ist einer von ihnen. Der junge Ivorer kam 2017 als 16-Jähriger ohne Eltern nach Deutschland und lebt mittlerweile in einer Wohngemeinschaft mit anderen Geflüchteten in Dachau-Süd. Er spricht schon gut Deutsch und hat bereits Praktika bei einer Autolackiererei und zwei großen Autohäusern erfolgreich absolviert. Sein Wunsch ist es, eine Ausbildung zum Automobilmechatroniker machen zu können. Die BIK beendet er im Sommer, dann hat er das Äquivalent zum normalen Mittelschulabschluss. Über die Praktika und Werkstatttage haben die Schüler eine Vorstellung bekommen, wo ihre Neigungen liegen.

MINT Campus

Insgesamt 18 Jugendliche der Berufsintegrationsklasse (nicht alle im Bild) besuchten den MINT-Campus.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Dass die Werkstatttage nun neuerdings am MCD durchgeführt werden, ist sowohl für Schüler wie für den MINT-Campus eine Win-Win-Situation. Das Campusteam hat gemeinsam mit den Jobcoaches Degler und Payer vom Internationalen Bund als externer Kooperationspartner der Berufsschule ein Konzept für Schüler von 16 bis 21 Jahren erarbeitet und kann nun zeigen, was es draufhat. "Die Jugendlichen lernen bei uns die einzelnen Produktionsschritte und dass es darauf ankommt lösungsorientiert zu denken", betont MCD-Projektleiterin Eva Rehm.

Die jungen Menschen aus Syrien, Guinea, Äthiopien, Afghanistan, dem Irak, der Elfenbeinküste, dem Kosovo und weiteren Ländern haben dabei neben dem erlernten Fachwissen auch viel über sich selbst erfahren. Auch den Mädchen hat die Arbeit mit Holz in der MCD-Holzwerkstatt, das Löten und das Programmieren mit der Lego-Lernsoftware Spaß gemacht. "Ihnen kam es weniger darauf an, ihre Fahrzeuge mit großen Reifen zu versehen, sondern die Technik sorgfältig anzuwenden."

Mamadi durfte einmal mehr zeigen, wie groß seine Affinität zum Automobil ist. Sein Modell ist das aufwendigste und schönste, mit einem komplett geschlossenen futuristischen Chassis a la Tesla-Cybertruck und blinkenden LED-Lämpchen. Das Rennen gewonnen hat er damit zwar nicht, aber seine Lehrer, Degler und Payer, waren trotzdem schwer beeindruckt. Bei ihm scheint der Weg in die berufliche Zukunft bereits eindeutig vorgezeichnet zu sein. Im nächsten März werden die beiden Berufsintegrationsklassen eine weitere Woche im MCD verbringen. Sie freuen sich jetzt schon darauf. Nun hofft der Internationale Bund für die Werkstatttage im Frühjahr auf ein finanzielles Entgegenkommen des Landratsamts.

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