Beitrag zum Straßenausbau:Weg mit der Satzung

Eine neue Bürgerinitiative im Landkreis will erreichen, dass Anwohner nicht mehr für Straßenbauarbeiten zahlen müssen. Es geht um fünfstellige Beträge. Der Zeitpunkt ist gut gewählt: Die Freien Wähler streiten im Landtag für eine gänzliche Abschaffung der Beitragspflicht

Von Petra Schafflik, Dachau

Sobald irgendwo in Bayern eine Straße saniert wird, ist Ärger vorprogrammiert. Denn die Bürger, vor deren Haustür gebuddelt, gepflastert und asphaltiert wird, müssen nicht nur Lärm und Staub ertragen, sondern auch tief in die Tasche greifen. Gegen diese Zahlpflicht, festgeschrieben in der Straßenausbau-Beitragssatzung (Strabs), regt sich jetzt auch im Landkreis Widerstand: Eine "Bürgerinitiative gegen die Straßenausbaubeitragssatzung" (BI) wurde gegründet, Initiatoren sind Florian Ebner aus Hörgenbach (Markt Indersdorf), Engelbert Loderer aus Großberghofen (Erdweg) und Franz Liedl aus Bergkirchen. Zwei von ihnen, Liedl und Ebner, sind an ihrem Wohnort als Gemeinderäte für freie Wählergruppen aktiv, Engelbert Loderer engagiert sich als Bürger schon länger gegen die Satzung. "Vor einem halben Jahr haben wir uns noch nicht gekannt", erzählt Loderer. Ihre Kritik hat die drei Männer zusammengeführt. Ihre Initiative erfährt großen Zuspruch. Die Protestplakate und Flyer sind noch nicht verteilt, "aber ich komme gar nicht mehr weg vom Telefon", sagt Franz Liedl. Auch der mitgliederstarke Verband der Haus- und Grundeigentümer Dachau begrüßt die BI, sagt Vorstand Armin Riedl.

Schon 120 Aktionsgruppen gegen die Straßenausbaubeitragssatzung gibt es in Bayern, nun kommt mit der BI im Landkreis eine weitere engagierte Gruppe hinzu. Die drei Initiatoren monieren, dass mit der umstrittenen Beitragsregelung einzelne Anlieger an kommunalen Straßen zum Teil hohe fünfstellige Beträge bezahlen müssen für die Sanierung von Fahrbahnen und Gehwegen. "Eine Ungerechtigkeit und indirekte Enteignung", sagt BI-Mitinitiator Franz Liedl aus Bergkirchen. Schließlich würden die Straßen in den Ortschaften von der Allgemeinheit genutzt, sollten daher aus Steuergeldern saniert werden. Sein Mitstreiter Engelbert Loderer erlebt es vor der eigenen Haustür, wo am Grottenweg Baufahrzeuge zum später angelegten Neubaugebiet die Fahrbahn jahrelang beansprucht haben und landwirtschaftliche "40-Tonnen-Monster" die Fahrbahn stärker beschädigen, als die Anwohner es mit ihren Autos über Jahrzehnte fertigbringen würden. Doch wenn die Straße ruiniert sei, müssten die Anlieger zahlen.

Bürgerinitiative

Franz Liedl.

(Foto: Niels P. Joergensen)

"Aber nicht jeder Hauseigentümer ist reich", sagt Loderer. Wie stark die Menschen im Landkreis das Thema umtreibt und belastet, erlebt Franz Liedl, bei dem jetzt Bürger anrufen und ihre Sorgen schildern. Für manche gehe es an die Existenz. "Wut bis Verzweiflung" registriert auch Armin Riedel bei einigen der 3200 Mitglieder im Eigentümerverband. Deshalb ist er überzeugt, dass das Gesetz, dass diese Satzung vorschreibt, geändert werden sollte, warnt aber ausdrücklich vor Schnellschüssen und plädiert für ein "praktikables, gerechtes Modell". Vielleicht eine Art zweite Grundsteuer, sagt Riedel. Auch den Initiatoren der BI ist klar, dass es ohne Gegenfinanzierung nicht geht, wenn die Bürger künftig nicht mehr bezahlen wollen. Die Gemeinden, so ihr Vorschlag, könnten einen höheren Anteil an einer Realsteuer wie der Kfz-Steuer bekommen - das entspricht dem Vorschlag der Fraktion Freie Wähler im Landtag. Dass es grundsätzlich ohne direkte Bürgerbeteiligung geht, würden Bundesländer wie Berlin und Baden-Württemberg beweisen, die eine Straßenausbaubeitragssatzung wieder abgeschafft oder nie installiert hätten.

Bürgerinitiative

Florian Ebner.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Stark in den Fokus ist die Satzung im Landkreis erneut geraten, weil einige Gemeinden wie Karlsfeld diese Regelung erst kürzlich neu eingeführt haben. Nicht aus Geldnot oder Überzeugung, sondern weil die Gemeinden dazu aufgrund von Gerichtsentscheidungen nun verpflichtet sind. Auch vom Landratsamt Dachau werde Druck ausgeübt, beklagen die Aktivisten. Manche Kommunalpolitiker zögern noch. In Bergkirchen hat der Gemeinderat beraten, aber noch nichts verabschiedet. Auch Odelzhausen spielt auf Zeit. Nun wird vor der Landtagswahl im kommenden Herbst die ungeliebte Beitragssatzung wieder diskutiert. Genau der richtige Zeitpunkt für öffentlichen Protest, finden die BI-Initiatoren. "Kein Zufall, dass wir jetzt angreifen", sagt Loderer. Nicht für die eigene Profilierung der Akteure, wie Liedl betont, sondern für das gemeinsame Ziel. Im Landtag haben die Freien Wähler das Thema auf die Agenda gehoben, streiten für eine Abschaffung. Die CSU hat reagiert und will nun mit einer "Kann-Regelung" zurück zu echter Freiwilligkeit für die Kommunen, die selbst entscheiden sollen, ob sie die Bürger zahlen lassen. Diese politische Debatte will die BI nutzen. "Wenn wir bis zur Landtagswahl nichts erreichen, ist die Chance verpasst", sagt Liedl.

Bürgerinitiative

Engelbert Loderer.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Um Unterstützer werben und ihr Ziel in die Öffentlichkeit tragen, wollen die Initiatoren der Bürgerinitiative mit einer Protestversammlung zu Beginn des neuen Jahres. In Zusammenarbeit mit der bayernweiten "Allianz gegen Straßenausbaubeiträge" lädt die BI am Samstag, 27. Januar, um 11 Uhr in den Gasthof Doll in Ried (Markt Indersdorf). Als Redner sind der FW-Landtagsabgeordnete Benno Zierer sowie Rosemarie Brosig und Jürgen Jordan (beide von der Allianz gegen Straßenausbaubeiträge) angekündigt.

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