Begegnung:Jugendliche helfen Jugendlichen

Der Nachwuchsverband des Roten Kreuzes organisiert eine Freizeit für zwölf- bis 14-Jährige aus der von russischen Separatisten besetzten Ostukraine. Auf dem Programm steht auch ein Besuch bei der Karlsfelder Wasserwacht

Von Clara Nack, Karlsfeld

Das trübe Wetter hat auch sein Gutes. Wenn keine Badegäste in Sicht sind, kann die Wasserwacht am Karlsfelder See ihre Rettungsboote mit voller Geschwindigkeit ausfahren, so wie am Donnerstag. Mit an Bord waren junge Passagiere aus Osteuropa: Der Nachwuchsverband des Roten Kreuzes in Bayern hat auf Initiative von Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) eine Ferienfreizeit für 30 Jugendliche aus der Ukraine organisiert. Nun waren sie bei der Wasserwacht in Karlsfeld zu Gast und lernten, wie man sich auf Einsätze aller Art vorbereitet. Vor der Bootsfahrt machten sich die zwölf bis 14-jährigen Jugendlichen aber erst einmal schlau in Erster Hilfe, Knotenkunde und der Wahl der richtigen Ausrüstung. Am Abend zeigte die Jugend der Wasserwacht noch ein Übungsszenario, um das Gelernte zu vertiefen.

Hinter der Jugendbegegnung mit dem ukrainischen Roten Kreuz in Charkiw (Ostukraine) steht der Leitgedanke "Jugendliche helfen Jugendlichen". Die teils traumatisierten jungen Ukrainer stammen ursprünglich aus der Stadt Luhansk, die derzeit unter der Kontrolle der international nicht anerkannten Volksrepublik Lugansk steht. Im Zuge der Krim-Annexion durch Russland flüchteten die Jugendlichen und ihre Familien und wohnen nun bereits seit mehreren Jahren in Charkiw, der zweitgrößten Stadt der Ukraine.

Jugendaustausch

Die Rotkreuz-Matrosen lernen Knoten.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Neben einem kulturellen Programm, das Sehenswürdigkeiten wie Schloss Neuschwanstein oder eine Tour durch München abdeckt, geht es vor allem darum, den Gemeinschaftssinn durch die Aktivitäten hervorzubringen und die Teambildung zu fördern, erklärt Jörg Duda vom Bayrischen Jugendrotkreuz. "Die Jugendlichen bringen eine unglaublich hohe Eigenmotivation mit, da sie hier Aktivitäten begleiten, die sie zuhause so nicht kennen", sagt er. Gleichzeitig sind die Jugendlichen selbst bei dem Roten Kreuz in der Ukraine aktiv und kennen ähnlich organisierte Projekte. Für ihren Besuch bei der Wasserwacht haben viele ihre weißen T-Shirts mit Logo angezogen. "Ich habe da eine ganz tolle Gruppe für meine erste Ferienfreizeit bekommen", sagt Daniela Frei vom bayerischen Jugendrotkreuz. "Die Kinder sind nicht nur total aufgeschlossen und höflich, sondern versuchen auch aktiv in Kontakt zu treten und mir Russisch beizubringen."

Daniela Frei begleitet die Gruppe während der acht Tage, die sie durch Oberbayern reisen. Dort lernen sie ganz verschiedene Nachwuchsgruppen des Roten Kreuzes kennen und bekommen die ganze Palette ehrenamtlicher Arbeit gezeigt. Das funktioniert so gut, dass die Ukrainer sogar eigene Ideen vorbringen; sie und die deutsche Rotkreuzjugend wollen am Freitagabend ukrainisch kochen. Ganz ausblenden lässt sich das, was wie jungen Ukrainer erlebt haben, natürlich auch nicht. Immer wieder fallen Sätze, die mit den Worten "Früher hatten wir" beginnen. Dass sich die Besucher sehr schnell an ihre neue Umgebung der Ferienfreizeit gewöhnt haben, zeigt, wie sehr sie das Angebot und die Verbindung schätzen. Das Erlebte schwingt eher in der Tiefe mit, meint auch der ukrainische Betreuer Maxim, der mit der Gruppe und einem weiteren Betreuerkollegen angereist ist. Herauszufinden, mit welcher Gruppe dieser Austausch in der Ukraine möglich wäre, stellte auch eine Herausforderung dar, erinnert sich Jörg Duda. "Wir mussten uns die Frage stellen, was wir betreuen und auch leisten können. Letztendlich sind wir nur Pädagogen und keine Psychologen", sagt er.

Jugendaustausch

Zum Schwimmen ist es am Karlsfelder See schon etwas frisch, dafür hat die Wasserwacht nun freie Bahn, um mit den Jugendlichen aus der Ukraine über den See zu schippern.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Carmen Kornalik, Kreisjugendleiterin bei der Dachauer Wasserwacht, findet dass die Verständigung trotz sehr geringer Englischkenntnisse super geglückt sei. "Man verständigt sich mit Händen und Füßen, mit Bildern und auch ein bisschen über bereits Bekanntes - das klappt schon. Die Jugendlichen waren wirklich auch sehr wissbegierig."

Den Tag verbringen die internationalen Rotkreuzler gemeinsam bis in die Abendstunden. Bis dahin spricht Daniela Frei noch ein wenig besser Russisch, und die Jugendlichen nehmen Ideen mit, um sich in der Ukraine weiterhin zu engagieren.

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