Bedenken wegen der Kosten:Leihfahrräder für Karlsfeld

Eröffnung der ersten Mobilitätsstation in München, 2014

Die MVG-Leihräder an einer Station in München.

(Foto: Florian Peljak)

Das Modell der Münchner Verkehrsgesellschaft gefällt der Gemeinde, aber eine Übernahme würde auch Probleme schaffen

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Die Gemeinde Karlsfeld überlegt, das Leihfahrradsystem der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) einzuführen. Die Vorstellung, eines Tages nicht mehr auf Busse angewiesen zu sein, sondern bei passablem Wetter einfach ein Rad nehmen zu können, um nach Hause, zum etwas abgelegenen S-Bahnhof oder ins Ortszentrum zu kommen, das findet manch ein Gemeinderat sehr verlockend. "Unser System ist mehrfach ausgezeichnet. Es läuft ganzjährig und die Räder werden immer gewartet", warb Angela Saupe von der MVG im Karlsfelder Gemeinderat. Seit zwei Jahren gibt es die Leihräder in München, nun will das Unternehmen sein Angebot auch ins Umland ausdehnen. Doch die Gemeinde muss auch einiges dafür zahlen, wenn sie sich dafür entscheidet.

Außerdem ist das System nicht so flexibel wie in München. "Unsere Busse sind nicht optimal verknüpft", gab Bernd Wanka (CSU) zu bedenken. Mit Hilfe der Leihräder könne man sicher manche Lücke schließen und die Verbindung für einige vereinfachen. Außerdem sei dies eine echte Alternative zum Auto. Bei 47 000 Fahrzeugen pro Tag auf Karlsfelds Straßen und der dezentralen Lage des S-Bahnhofs müsse man auf jeden Fall über das Angebot nachdenken. So könne man sicher den Individualverkehr reduzieren, sagte Wanka. "Das Gemeindegebiet ist auch flach, sodass Radfahren für uns ideal ist", pflichtete ihm Franz Trinkl (SPD) bei.

"Wahnsinnig personalintensiv"

Die anfängliche Begeisterung wurde etwas gedämpft, als Saupe erklärte, man könne nicht wie in München das Leihrad einfach vor der eigenen Haustür abstellen. "Wir merken, dass es bei den Nutzern gut ankommt, wenn sie diese Möglichkeit haben", gab Florian Zimmermann von der MVG zu. "Doch das ist wahnsinnig personalintensiv." Innerhalb des Mittleren Rings, sogar noch ein wenig darüber hinaus, bietet die MVG diesen Service an, aber außerhalb dieses Gebiets vor allem im Umland sei das System "stationsbasiert". Das heißt, die Räder müssen an einer Station abgestellt werden. "Macht man das nicht, wird man sanktioniert", erklärte Saupe. Aber wenn eine Station schon voll sei, könne man das Rad trotzdem dort abstellen. Man müsse nicht irgendwo hinfahren, wo man nicht hin wolle. "In der Region wäre das flexible System ein Fass ohne Boden", sagte Zimmermann. Die Firma, die die Räder in regelmäßigen Abständen einsammelt und schaut, dass sie fahrbereit sind, müsste sonst vier mal so viel Personal und Lastwagen einsetzen. "Dann würden die Verteilfahrten mehr Kohlenstoffdioxid produzieren, als durch die Nutzung von Rädern eingespart würde", argumentierte Zimmermann weiter. Die Hoffnung von Stefan Theil (CSU), dass die Flexibilität in fünf Jahren vielleicht besser sein könnte, zerstreuten MVG-Mitarbeiter sofort.

Für die Gemeinde Karlsfeld hat das stationsbasierte System aber noch einen zweiten Nachteil: Es sind mehr Stationen nötig, um die Leihräder im Ort attraktiv zu machen. Je nach Größe kostet die Gemeinde eine Fahrradstation zwischen 24 000 und 36 000 Euro. Hinzu kommen Betriebskosten und die Ausgaben für das Fundament, gab Bauamtsleiter Günter Endreß zu bedenken. Als Stationen schlägt die Verwaltung Rathaus, S-Bahnhof, Gewerbegebiet, Krenmoosstraße sowie Ecke Allacher-/Jägerstraße und den See vor. Insgesamt gibt es derzeit 118 Stationen und 1200 Räder, bald sollen es 125 Stationen und 3200 Räder sein. Die Kunden zahlen acht Cent pro Minute, Isar-Card-Abonnenten nur fünf Cent. Etwa 88 000 regelmäßige Nutzer gibt es. Auch Firmen können mit der MVG kooperieren und eine Leihstation haben. MAN und MTU hätten bereits Interesse bekundet, berichteten Saupe und Zimmermann.

Große Befürchtungen hegten einige Gemeinderäte, dass bald an jedem Gartenzaun ein gelb-graues Fahrrad des Anbieters O-Bike hängen könnte, wenn man Leihräder installiere. Die Konkurrenz fern zu halten, sei schwierig, gab Zimmermann zu. Aber es gebe Kommunen, die dies geschafft hätten. "Unsere Räder sind Qualitätsprodukte, die gut zu fahren sind. Sie haben acht Gänge. Da fällt nichts ab", versicherte Saupe

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