Bauruine in der Dachauer Altstadt:Verwirrspiel

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Ruine in prominenter Lage: die ehemalige Frauenklinik in der Dachauer Altstadt. (Foto: Toni Heigl)

Erstmals bekundet ein neuer Investor öffentlich Interesse am Umbau der ehemaligen Koschadeklinik in Wohnungen. Trotzdem ist unklar, ob der Erwerb der Immobilie gelingt. Viele Fragen sind noch offen.

Von Christine Heumann und Wolfgang Eitler, Dachau

Die finale Pokerrunde um die Zukunft des Gebäudes der ehemaligen Koschadeklinik in der Dachauer Altstadt ist eröffnet. Als erster unter zahlreichen Interessenten der vergangenen drei Jahre bekundet die Dreger-Wohnbau GmbH aus Aschaffenburg öffentlich ihre Ambitionen. Der Bauträger will sich auf dem Münchner Immobilienmarkt etablieren und sieht in einem Umbau der ehemaligen Klinik in ein Wohngebäude ein werbewirksames Vorzeigeprojekt. Das Unternehmen hat in dem Poker das wohl beste Blatt. Denn es will nur dann zugreifen und das gesamte Areal erwerben, wenn die zwei anderen Mitspieler ihre Trümpfe offen ausgespielt haben. Wer von den beiden die besseren hat, ist freilich fraglich: Die Kaga-Dachau GmbH und Ko. KG mit Jakob Kandler und Frank Weber oder die bisherigen neun Käufer von zehn Wohnungen?

Die Kaga will das Gebäude unbedingt veräußern. Am liebsten einschließlich der seit April 2014 gültigen Baugenehmigung durch den Dachauer Stadtrat. Allerdings muss es ihr gelingen, die bestehenden Kaufverträge aufzulösen. Denn die Dreger-Wohnbau kauft nur dann, wenn sie das Gebäude zu ihren Bedingungen und zu ihren Preisen sanieren kann. Sie plant 32 Wohnungen auf 4000 Quadratmetern Fläche. Dazu eine Tiefgarage mit 61 Stellplätzen. Vom Stadtrat genehmigt sind 53.

Vor fünf Jahren kaufte die Kaga das Gebäude von der jetzigen Helios-Amperkliniken AG, die damals noch zur Rhönklinikum AG gehörte, für ungefähr 3,2 Millionen Euro. Sehr schnell fand sie Interessenten für den Umbau des ehemaligen Krankenhauses in ein Wohngebäude und vereinbarte feste Einzugstermine, von denen sie aus mehreren Gründen keinen halten konnte. Ausschlaggebend war wohl der technisch und finanziell äußerst aufwendige Einbau einer Tiefgarage.

Neun Alt-Käufer sind übrig geblieben. Sie sollen nun von ihren gültigen Verträgen zurücktreten. Denn nach Ansicht der Dreger Wohnbau sind die mit Kaga im Jahr 2011 vereinbarten Quadratmeterpreise von ungefähr 3200 Euro nicht zu halten. Dieser Ansicht waren Bank-und Bauexperten in Dachau bereits zu einem frühen Zeitpunkt - als das Bauvorhaben erstmals öffentlich vorgestellt wurde. Denn die Sanierung des gesamten Areals einschließlich des Umbaus pro Quadratmeter käme mit Sicherheit teurer als der von Kaga kalkulierte Kaufpreis, sagten sie im vertraulichen Gespräch. Deswegen hatten sich einige Interessenten schnell wieder von dem Erwerb einer der Wohnungen in prominenter Hanglage mit Panoramablick auf München und die Alpen in der weithin sichtbaren Dachauer Altstadtkrone verabschiedet.

Wie Dreger-Projektleiter Jens Seifert der SZ mitteilt, sei das entscheidende Gespräch zwischen ihm und den Altkäufern vor ungefähr einer Woche sehr positiv verlaufen. Der Aschaffenburger Bauträger bezeichnet sich selbst als Altbau-Experte. Nach seiner Kalkulation liegen die Quadratmeterpreise bei 4500 bis 5200 Euro. Die Frage ist nun, ob sich Kaga und Altkäufer auf einen Kompromiss einigen können. Wenn ja, will die Dreger Wohnbau nach Jens Seiferts Einschätzung noch im Mai mit dem Umbau beginnen. Wenn nein, steige das Unternehmen definitiv aus, sagt er im Gespräch mit der SZ.

Die Kaga Dachau ist bekanntlich nur noch im Spiel, weil eine Investorin den bei der Merkur Bank in München fällig gewordenen Kredit ablöste. Nun erwarten die Altkäufer von dem Bauträger "endlich einen offenen Verhandlungsstil" und ein Ende des nun schon Jahre dauernden "Verwirrspiels". Bisher läge ihnen nur eine Tabelle mit den Mehrkosten pro Quadratmeter vor, nicht aber ein Vorschlag, wie sie zu finanzieren seien, teilten sie im Gespräch mit der SZ mit.

Außerdem ließen sich einige der Käufer in ein zusätzliches Geschäft mit Frank Weber verwickeln. Sie investierten einen Teil des Geldes für den Kauf der Wohnungen in ein weiteres Investitionsprojekt von Weber im hessischen Kassel. Allerdings versehen mit der verbindlichen und notariell abgesicherten Zusage, dass der jeweilige Betrag frei wird, sobald der Umbau des ehemaligen Klinikgebäudes beginnt. Zur Absicherung erhielten sie einen Auflassungsvermerk. Das bedeutet, dass Weber und Kandler von der Kaga Dachau diese Wohnungen an die Dreger Wohnbau rechtlich nicht veräußern dürfen, solange sie die Investitionen nicht abgegolten haben.

Sollte es zu einer Einigung kommen, ist noch ein weiterer Punkt zu klären: Die Dreger-Wohnbau fordert von der Kaga einen vom Dachauer Bauamt genehmigten Plan für die Tiefgarage. Darüber hinaus überlegt sich Dreger-Projektleiter Jens Seifert einen weiteren Antrag an die Stadt, um die Wohnfläche um zusätzliche 400 Quadratmeter erweitern zu können: "Damit das Projekt etwas lukrativer wird." Die Vertreter der Kaga waren zu keiner Stellungnahme erreichbar.

© SZ vom 04.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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