Bauprojekt in Karlsfeld:Karlsfeld bekommt Fußgängerzone

Ludl Anwesen

Es ist ein heftiges Ringen um die Planung auf dem Ludl-Areal und darum, wie mutig man neue Wege in Sachen Verkehr beschreiten kann.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Planung des Ludl-Areals schreitet voran. Um den Verkehr im Zentrum zu regeln, soll eine große Kreuzung an der Münchner Straße entstehen. Zudem soll die Nibelungenstraße für Autos gesperrt werden

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Karlsfeld soll eine Fußgängerzone bekommen. Für viele war das am Donnerstagabend im Gemeinderat eine Überraschung. Das Thema Verkehr bereitet den Bürgern schon lange große Bauchschmerzen. Mit Spannung erwarteten sie die Ideen, wie man das Mehr an Autos, das durch das neue Baugebiet auf dem Ludl-Areal angezogen werden würde, lenken will, ohne noch mehr Staus zu produzieren. Die Lösung ist nun eine große Kreuzung auf der Münchner Straße mit Abbiegespuren und Ampel sowie eine Fußgängerzone auf der parallel dazu verlaufenden Nibelungenstraße.

Schon jetzt sind auf der Münchner Straße mehr als 34 000 Kraftfahrzeuge pro Tag unterwegs. Wenn der Discounter Lidl, Getränkemarkt Fristo, ein Hotel, mehrere Büros und Läden, sowie Gastronomie, Wohnungen und Kindergarten auf dem Ludl-Gelände errichtet sind, werden nach Berechnungen der Verkehrsplaner etwa 3300 Fahrten auf der Münchner Straße dazukommen. Der Verkehr gerät schon jetzt zu den Hauptverkehrszeiten heftig ins Stocken. Franz Trinkl (SPD) fürchtete, dass man künftig noch länger stehen könnte als bisher. Zumal die Busse nicht mehr in Buchten halten werden, sondern direkt auf der Straße stehen bleiben. Doch die Planerin Yessica Schmidt beruhigte: "Es wird nicht schlimmer als jetzt."

Die größte Befürchtung der Gemeinderäte und Planer war, dass mit dem Lückenschluss die Nibelungenstraße zu einem Schleichweg werden könnte. Ursprünglich wollte man deshalb eine verkehrsberuhigte Zone einrichten, in der sich Fußgänger, Radler und Autos gleichberechtigt die Fläche teilen (Shared Space). Doch in den Diskussionen keimten immer wieder Zweifel auf, ob das Konzept funktionieren würde. Jetzt hat man sich auf eine Fußgängerzone geeinigt, die mit Pollern abgesperrt werden soll. So begegnet man der Gefahr, dass Autofahrer die Schilder einfach ignorieren. Nur Busse, Feuerwehr, Rettungs- und Müllwagen dürfen passieren. "Kein Auto soll sich durchquetschen können", erklärte Städteplaner Dietmar Sander.

Auch von der Münchner Straße soll man nicht ungehindert durch das ganze Ludl-Gelände fahren können, sondern nur bis zu den Tiefgaragenabfahrten und Parkplätzen in der Mitte der verlängerten Gartenstraße. Danach beginnt ein Shared-Space-Bereich.

Die Gemeinde will - anders als bei früheren Bauvorhaben - vor allem Fußgänger und Radler im Fokus haben. Sie wünscht sich sogar ein Mobilitätskonzept, das gute Alternativen zum motorisierten Individualverkehr bietet. Car sharing, eine MVG-Radstation, Verleihmöglichkeiten von Lastenrädern, Pedelecs oder E-Vespas, Ladestationen, sowie gute Radständer mit Schließfächern und Reparaturmöglichkeiten schwebt den Kommunalpolitikern vor. Auch der Bus soll auf dem Gelände verkehren und eine gute Verbindung zum S-Bahnhof bieten. Legen die Investoren ein Mobilitätskonzept vor, das der Gemeinde gefällt, will diese auf maximal zehn Prozent der geforderten Autoparkplätze verzichten. Um nicht übers Ohr gehauen zu werden, wird diese Bedingung vertraglich abgesichert. Dazu gehört auch, dass das Konzept in regelmäßigen Abständen überprüft und gegebenenfalls angepasst werden muss.

Heftige Debatten löste der Stellplatzschlüssel für das Ludl-Areal aus. Nach der gemeindlichen Verordnung müssten die Investoren etwa 1700 Parkplätze nachweisen. Doch man rechnet eher mit einer Doppel- und Dreifachnutzung von Parkplätzen. Morgens kommen die Kindergarteneltern, tagsüber die Einkäufer, abends die Hotelgäste. Nach Berechnungen der Planer wären je nach Gewerbemix zwischen 880 und 1036 Parkplätze auf dem gesamten Gebiet erforderlich. "Diese können alle in einer eingeschossigen Tiefgarage untergebracht werden", verkündete Architekt Klaus Kehrbaum. Allerdings müsse man einige Duplexelemente einbauen. Der Vorteil ist jedoch, dass die Grundwasserströme nicht beeinträchtigt werden. Gräbt man tiefer, müsste man mit Druckleitungen arbeiten, um nicht zwölf Zentimeter Wasser aufzustauen. Das wiederum wäre mit enormem technischen Aufwand verbunden und natürlich immensen Kosten.

Das Bündnis wetterte heftig gegen die starke Reduzierung der Parkplätze. "Duplex-Garagen werden nie angenommen", monierte Peter Neumann. Doch Kehrbaum versicherte, dass die neuen Elemente tropfsicher und selbst für SUVs groß genug seien. Außerdem bezweifelte Neumann, dass die Hotelgäste erst um 20.05 Uhr anreisen. Birgit Piroué beklagte, dass schon jetzt überall zu wenig Parkplätze seien und "die Zahl der Kfz war noch nie so hoch wie in diesem Jahr". Wenn sich am Ende herausstelle, dass es zu wenig Parkplätze seien, könne man nicht nachbessern, warnte sie und plädierte für eine zweistöckige Tiefgarage.

"Junge Leute leben anders als wir", gab Wolfgang Offenbeck (CSU) zu bedenken. Sie müssten kein Auto besitzen, um sich frei zu fühlen. Deshalb sollte man sie durch Angebote in ihrem Verhalten unterstützen. Bernd Wanka (CSU) warf den Kritikern "German Angst" vor. Man müsse deutlichen Druck aufbauen und gleichzeitig die Angebote verbessern, um das Verkehrsverhalten der Bürger zu verändern.

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