Süddeutsche Zeitung

Bauausschuss Altomünster:Feldlerche bremst Bauvorhaben

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Bevor Wohnhäuser am Schmelchenberg errichtet werden, muss die Marktgemeinde nachweisen, dass damit nicht der Lebensraum geschützter Feldbrüter beschnitten wird. BN-Kreisvorsitzender Roderich Zauscher befürchtet das nicht, rät aber dennoch von dem Bauprojekt ab

Von Horst Kramer, Altomünster

Sie ist der Vogel des Jahres: die Feldlerche. Aus gutem Grund: "Die Feldlerche ist eine der am stärksten bedrohten Vogelarten", erklärt Roderich Zauscher, der Dachauer Kreisvorsitzende des Bunds Naturschutz. Nun könnte der kleine braune Singvogel ein umstrittenes Baugebiet im Norden Altomünsters stoppen.

Der Marktgemeinderat hatte im April begonnen, Pläne für die Umwandlung einer rund drei Hektar großen Fläche am Rande des Hauptorts voranzutreiben. Dort sollen 31 Baugrundstücke ausgewiesen werden, die wohl hauptsächlich mit Einfamilien- und Doppelhäusern bebaut werden sollen. Bauamtsleiterin Michaela Felber hatte eine Hintertür für andere Wohnnutzungen offen gelassen, im Plan verwendet sie den Begriff "Einzelhäuser".

Daran störte sich keines der prüfenden Ämter. An der Lage und Größe hingegen schon. Die Untere Naturschutzbehörde warnte: "Aufgrund der räumlichen Ausdehnung der geplanten Versiegelung von landwirtschaftlichen Flächen kann nicht ausgeschlossen werden, dass Reviere von geschützten Feldbrütern betroffen sind." Wie die Feldlerche oder auch das Rebhuhn. Die amtlichen Naturschützer empfehlen daher dringend eine Untersuchung des Areals durch ein "dafür qualifiziertes Landschaftsplanungsbüro". Oder alternativ schon im Vorfeld Schutzmaßnahmen vorzusehen.

Der Landwirtschaftsexperte der CSU, Josef Riedlberger, kommentierte: "Hier wirkt sich das Artenschutzbegehren aus dem Frühjahr aus." Tatsächlich zitiert die Untere Naturschutzbehörde jedoch das Bundesnaturschutzgesetz und nicht das Bayerische Artenschutzgesetz, das der Landtag erst im August verabschiedet hat. Zauscher bestätigt auf Nachfrage der SZ Dachau: "Das Artenschutzgesetz hat damit nichts zu tun. Prinzipiell bricht ein Landesgesetz nie ein Bundesgesetz." Allerdings hält er die Wahrscheinlichkeit für gering, dass sich Lerchen auf den bisher intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen wohl gefühlt hätten. Doch sicher kann die Kommune erst sein, wenn sie eine spezielle Artenschutzprüfung veranlasst hat - sie soll im kommenden Frühjahr gemacht werden. Mit Ergebnissen ist frühestens im Sommer 2020 zu rechnen. Bis dahin liegt das Projekt auf Eis.

Falls wider Erwarten geschützte Tierarten entdeckt werden, müssen laut Zauscher erst Ersatz-Habitate geschaffen und sichergestellt werden, dass die Tiere diese akzeptieren. Die Folge: Das Bauvorhaben verzögert sich um mindestens ein weiteres Jahr, wenn nicht sogar noch länger.

Bürgermeister Anton Kerle (CSU) wies darauf hin, dass derartige Prüfungen künftig bei fast allen Bebauungsplanverfahren und Bauleitplanungen zu erwarten seien. Roland Schweiger (CSU) schlug vor, entsprechende Untersuchungen künftig schon im Vorfeld zu beauftragen. Roderich Zauscher rät den Altomünsterern hingegen: "Auf das überflüssige Baugebiet verzichten und der Natur ihren Lauf lassen." Die Bauausschusssitzung war auch das erste öffentliche Aufeinandertreffen von Rathauschef Anton Kerle und seinem Herausforderer Michael Reiter (FWG), seitdem dessen Kandidatur bekannt wurde. Reiter und sein Fraktionskollege Josef Obeser saßen schon im Rathaussaal, als der Bürgermeister den Raum betrat. Dieser reichte seinem Herausforderer sofort die Hand. Der ergriff sie - es sah nach einem kräftigen Händedruck aus - beide grinsten. Nicht zuletzt, weil sie sich unter Beobachtung der Presse wussten. "Ist heute irgendetwas Besonderes?", fragte Kerle mit gespieltem Erstaunen. Reiter lachte. Im weiteren Verlauf der Sitzung konnte sich Kerle eine Spitze gegen seinem Gegenkandidaten dann doch nicht verkneifen. Als Josef Riedlberger (CSU) bei einem der vielen zu fällenden Beschlüsse zögerte, stupste ihn Kerle augenzwinkernd an: "Komm Sepp, du musst dagegen stimmen. Sonst entsteht noch der Eindruck, dass ihr hier nur zum Abnicken herkommt."

Marktgemeinderat Michael Reiter hatte seine Kandidatur der SZ Dachau unter anderem mit folgendem Satz begründet: "Viele Entscheidungen werden vorab von der Verwaltung und vom Bürgermeister gefällt, und wir im Gemeinderat sollen sie nur noch abnicken."

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Quelle:
SZ vom 16.11.2019
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