Autorenlesung:Tödlicher Skisprung-Zirkus

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Im Schwarzwälder Skimuseum überreicht Ingrid Zellner Skisprunglegende Georg Thoma sein persönliches signiertes Exemplar. (Foto: oh)

Ingrid Zellners "Adlerschanze" ist spannende Krimikost mit indischer Note

Von Selina Hilpert, Dachau

Einen Schwarzwald-Krimi mit berühmten Protagonisten hat die Dachauer Autorin Ingrid Zellner mit ihrem jüngst erschienenen Buch "Adlerschanze" vorgelegt. Daraus liest sie am Samstag, 15. September, von 19.30 Uhr an im Café DAH-Inn erstmals vor Dachauer Publikum - bei schönem Wetter im Garten, bei schlechtem Wetter drinnen. Der Eintritt ist frei.

Die Handlung spielt in Hinterzarten im Hochschwarzwald. Einmal jährlich wird dort im Adler-Ski-Stadion, auch "Adler-Schanze" genannt, der Skisprung-Sommer-Grand-Prix ausgetragen. Der indischstämmige Kommissar Surenda Sinha aus Friedrichshafen befindet sich just zu dieser Zeit in Hinterzarten, um seine Mutter zu besuchen, die sich auf Kur befindet. Sinha, der bisher keinerlei Bezug zum Skisprungsport hatte, wird durch zwei Fans aus London auf das bevorstehende Großereignis aufmerksam. Ob er will oder nicht, der Kommissar wird schnell in die allgemein herrschende Euphorie hineingezogen. Die stets gut gelaunten eineiigen Zwillinge Kim-Celine und Kim-Marie Walker nehmen den Kommissar sofort unter ihre Fittiche und geben ihm eine Einführung in das Sportereignis, seine Bedeutung und die wichtigsten Protagonisten.

Doch die Vorfreude auf den Sommer-Grand-Prix wird am Tag vor dem großen Springen schwer getrübt: Die beiden Schwestern finden Moira Kerber, ein junges Mädchen, tot im Adlerweiher auf, einem idyllisch gelegenen kleinen See. Es handelt sich um die Freundin des Nachwuchsskispringers Daniel Schobinger, dessen Vater der ortsansässige Kommissar Peter Schobinger ist. Ambitioniert packt Sinha trotz Urlaub sofort mit an und versucht, Licht ins Dunkel zu bringen. Als Tourist begibt er sich auf Spurensuche im deutschen Skisprungzirkus, der sich von Seite zu Seite mehr mit der Hinterzartener Tourismusbranche verstrickt. Eine vorbelastete Hoteltesterin, mehrere verärgerte Hotelbesitzer, ein zum Krüppel gefahrenes Skisprungtalent und dessen Familie sowie ein ambitionierter Nachwuchstrainer beschäftigen Surenda Sinha im Falle des toten Mädchens. Zunächst noch angefeindet von seinen Freiburger Kollegen, wird Sinha im Laufe der Ermittlungen dank seiner uneigennützigen und unkomplizierten Art schnell akzeptiert. Während er mehreren Spuren nachgeht und versucht, den Täter zu ermitteln, passiert während des Skispringens ein dramatischer Unfall, der einen weiteren Fall ins Rollen bringt. Georg Thoma, Skilegende und Museumsgründer aus Hinterzarten, nimmt eine wichtige Rolle im Roman ein. Er gibt Kommissar Surenda Sinha den entscheidenden Tipp, der zur Lösung des Falles beiträgt.

Ingrid Zellner ist mit Kommissar Sinha eine sehr sympathische Hauptfigur gelungen, die man ungern am Ende des Buches zurücklässt, ohne den Nachfolgeband in Händen zu halten. Eine spannende Whodunnit-Geschichte vor ungewöhnlicher, sportlicher Kulisse. Die Handlung ist kurzweilig und übersichtlich aufgebaut, die Sprache leicht und flüssig, ohne Schnörkel. Der Plot kommt unerwartet. Auch versierte Krimileser werden überrascht sein, wer der Mörder ist. Der Zeitpunkt der Aufklärung des Mordes ist frühzeitig im Buch platziert und lässt dadurch genug Raum um, noch offene Fragen aufzuklären, darunter eine zweite, verblüffende Straftat. Einzig das Auffinden der Leiche hätte ein bisschen mehr Dramaturgie verdient, zumal es sich beim Opfer um ein junges Mädchen handelt. Auch der Gefühlszustand der Mutter und des Freundes Daniel nach dem schrecklichen Fund wird etwas zu knapp abgehandelt. Ingrid Zellner hat einen wunderbar leichten, unterhaltsamen Regionalkrimi geschaffen, der nicht zwingend eine Affinität zu Skispringen oder dem Schwarzwald voraussetzt, am Ende aber Lust auf beides macht.

Ein Urlaub im Schwarzwald während der Wintermonate brachte die Autorin auf die Idee, den Skiort als Szenerie für ihren Krimi zu nutzen. Ingrid Zellners Reiseleidenschaft zu Indien spiegelt sich in der Herkunft ihres Kommissars Surenda Sinha wieder. Dessen Mutter, seine Maaji, ist eine grandiose Köchin und nimmt den Leser parallel zur Kriminalhandlung mit auf einen Kurztrip durch die indische Küche.

Das Hinterzartener Ski-Metier entpuppt sich als außerordentlich spannende Kulisse für einen einfallsreichen Krimi. Die Autorin hat sehr gut recherchiert und sich eingehend mit Verantwortlichen aus dem Fachgebiet unterhalten und auseinandergesetzt. Sie durfte sie auch Skisprunglegende Georg Thoma, den Onkel von Skispringer Dieter Thoma, persönlich kennenlernen. Seine warmherzige, humorvolle Art weckte in Ingrid Zellner den Wunsch, ihm eine Rolle in dem Krimi zu geben. Die perfekte (Urlaubs)-lektüre für jeden, der sich von einer gar nicht blutrünstigen, aber packende Kriminalgeschichte unterhalten lassen möchte.

Ingrid Zellner: Adlerschanze, Silberburg-Verlag 2018, 256 Seiten, 13,99 Euro.

© SZ vom 13.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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